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Without A Trace
Cyrill Lachauer, Matterhorn, 2010, Pigmentdruck, Siebdruck, 169 x 120 cm

Without A Trace

Benoit Broisat » Cyrill Lachauer » Gabriel Rossell Santillan »

Exhibition: 15 Jan – 19 Feb 2011

Galerie Jette Rudolph

Zimmerstr. 90 - 91
10117 Berlin

Feldbusch Wiesner Rudolph

Jägerstr. 5
10117 Berlin

+49 (0)30-69504142


www.feldbuschwiesnerrudolph.de

Thu+Fri 12-18, Sat 11-16

Without A Trace
Gabriel Rossell Santillan

WITHOUT A TRACE
with
Benoît Broisat, Cyrill Lachauer, Gabriel Rossell Santillán

Ausstellungsdauer: 14. Januar - 19. Februar 2011
Eröffnung: 14. Januar, 18:00 - 22:00 Uhr


„Es gibt nichts, weder in den Elementen noch im System, das irgendwann oder irgendwo einfach anwesend oder abwesend wäre. Es gibt durch und durch nur Differenzen und Spuren von Spuren." (Jacques Derrida)

Die Erfahrung der Wirklichkeit über die ihr entsprungenen Objekte schließt deren Verortung in die jeweiligen kulturellen, politischen, historischen, sozialen oder individuellen Felder mit ein. Mitgebrachte Vorstellungen und Wissen bestimmen jedoch nicht nur den Umgang mit realen Dingen, gleichsam werden mediale Visualisierungen derer damit ausgestattet. Die Wahrheit fotografischer oder auch filmischer Bilder ist im Grunde abhängig von der Perspektive des Einzelnen.

Unter dem Titel Without A Trace bringt die Galerie Jette Rudolph in einer Gruppenausstellung drei künstlerische Positionen zusammen, welche die Spuren wirklicher Herkunft verunsichern und hinterfragen, statt der tradierten Kausalitätsbeziehung zwischen dem Objekt, respektive dessen Bildes, und der damit verbundenen realen Dimension Rechnung zu tragen. Vermittels Fotografie, Video und einzelner Artefakte werden Wirklichkeitsgehalt und Realitätsnähe zu künstlerischen Materialien erhoben. Bilder als mediale Erinnerungen, deren Gehalt als Hinweis auf die Realität erfahrbar ist, prägen und vermitteln Vorstellungen der wirklichen Welt. Kurzum, Bilder produzieren Wissen. Als Spur gelesen, gibt das Bild seine Verbindung zum wahren Objekt preis und enthüllt seine Konstruiertheit als Schatten von etwas, das es eigentlich nicht darzustellen vermag. Die Künstler Benoît Broisat, Cyrill Lachauer und Gabriel Rossell Santillán spüren in ihren Werken den verlorenen Spuren der Wirklichkeit und Bildwirklichkeiten nach.

Der französische Philosoph Gilles Deleuze schlägt hinsichtlich der visuellen Verunklärung von Wahrhaftigkeit ein bilderloses Denken vor; ein Denken also, welches voraussetzungslos und unabhängig von Bildern stattfindet. Denn die Realität Deleuze’ ist Mythos, bloße „leere“ Wiederholung. In Überwindung von medialer, natürlicher, kultureller und wissenschaftlicher Eindeutigkeit gehen die künstlerischen Feldforschungen in deleuze’schem Sinne stets vom real wahrgenommenen Objekt aus, welches in Folge einer Dekonstruktion, Neu- Formulierungen oder gar Umcodierungen unterzogen wird. Tradierte Wahrnehmungsmuster werden instabil und eröffnen die Möglichkeit, die Wirklichkeit der Bilder neu zu verhandeln. Mit dem objet trouvé– dem vorgefundenen alltäglichen Gegenstand– zieht ein Wirklichkeitszitat in künstlerische Arbeiten ein, welches jedoch als solches seiner eindeutigen Konnotation entzogen und selbst nun wieder interpretationsbedürftig wird. Gleichsam werden medial vermittelte Bilder ihrer Verweiskraft entledigt, indem sie in ein Netz neuer Bedeutungen transferiert werden. Rosalind Krauss entwickelt anhand der Fotografie den Begriff des Simulakrum, des Scheinbildes, welches der Wirklichkeit zwar verbunden, ihr jedoch originär nicht entsprungen ist. Einen Realitäts- Effekt produzierend, konstatiert Krauss durch die Erfahrung von Realität durch Simulakren für die Umgebung des Menschen eine zunehmende Auflösung der Wirklichkeit. Das Bild als Spur gelesen, dessen Ursprung verloren gegangen ist, verspricht die Auflösung der Wirklichkeit in Simulakren.

Die Ausstellung Without A Trace präsentiert unterschiedliche künstlerische Strategien, um das reale Moment als implizites Merkmal zu hinterfragen und im Umgang mit Medien, virtuellen Bildern und Objekten Projektionsflächen zu entwerfen, welche in Bezug auf Wirklichkeit und Authentizität auf den fruchtbaren Verlust des realen Objekts hinweisen.

In bewusstem Umgang mit Bildern arbeitet der französische Künstler Benoît Broisat von vorne herein mit bildlichen Reproduktionen– medialen Visualisierungen von mehr oder minder real empfundener Qualität. In seinen Collagen und Videoarbeiten bricht Broisat mit als distinkt wahrgenommenen Medien. Durch die Verschmelzungen und Durchdringung unterschiedlicher visueller Formen und Motive verschachteln sich gleichsam unterschiedliche Wirklichkeitsstufen ineinander und ergeben ein erstaunliches Mosaik an Künstlichkeiten.

Cyrill Lachauer reflektiert mit seinen fotografischen Arbeiten die kulturellen und assoziativen Fundamente seiner Motive und leitet diese um: kulturfremde Zeichen etwa erschöpfen sich nicht länger in ihrer ursprünglichen Bedeutung, sondern erlangen durch kulturellen Transfer gleichzeitig neue Dimensionen. So kultiviert sich das polynesische Zeichen für Glück in der Kultur des Tattoos unter westlichen Vorzeichen neu und erscheint als Schwalbe. Die Vielzahl der so provozierten Vorstellungen, welche er in jedem einzelnen Werk zu versammeln vermag und welche gleichberechtigt nebeneinander bestehen bleiben, decken weniger eine einzelne, alleingültige Wahrheit auf als vielmehr die Spurenproduktion als solche zu thematisieren. Seine medialen Bilder werden zu Indizienversammlungen, deren Interesse an der obsoleten Realitätsfindung zugunsten eines virtuellen Möglichkeitsfeldes aufgegeben zu sein scheint.

Durch Kombination von neuen Medien wie Fotografie und Video mit Materialien, welche der Thematik Rechnung tragen, analysiert Gabriel Rossell Santillán in seinen Installationen die Übermittlung kultureller Phänomene. In ethnografischen Forschungen sowohl in Nayarit (Mexiko) als auch in Stuttgart und im Ethnologischen Museum in Berlin- Dahlem setzt sich der gebürtige Mexikaner mit den originären und rituellen Verankerungen seiner Quellen auseinander. Die Veränderung des kulturellen Verständnisses durch Entkontextualisierung eröffnet dem Künstler den Freiraum, durch künstlerischen Eingriff die entstandenen Leerstellen zu kompensieren und rituelle Erfahrbarkeit neu zu (re-) konstruieren. Transkulturell verortet verwirft Santillán für seine Objekte die jeweils einzelnen Diskursmuster zugunsten der Co- Existenz verschiedener Perspektiven.

Without A Trace
Benoit Broisat
Without A Trace
Cyrill Lachauer