Brazilian Modernism 1940-1964
Brasiliens Moderne 1940-1964
Thomaz Farkas » Hans Gunter Flieg » Marcel Gautherot » José Medeiros »
Exhibition: 27 Sep 2013 – 27 Apr 2014
Thu 26 Sep 19:00
Museum für Fotografie
Jebensstr. 2
10623 Berlin
Museum für Fotografie
Jebensstr. 2
10623 Berlin
+49 (0)30-266424242
mf@smb.spk-berlin.de
www.smb.museum/mf
Tue-Sun 11-19, Thu 11-20
Brazilian Modernism 1940-1964
Photographs by José Medeiros, Thomaz Farkas, Marcel Gautherot, and Hans Gunter Flieg from the Instituto Moreira Salles
An exhibition presented by the Kunstbibliothek, Collection of Photography, and the Instituto Moreira Salles
Exhibition: 27 September 2013 - 5 January 2014
Opening: 26 September 2013, 7pm
An exhibition presented by the Kunstbibliothek, Collection of Photography, and the Instituto Moreira Salles
In this major exhibition at the Museum für Fotografie, four exemplarily chosen photographers capture Brazil's path to modernism. Three of the photographers were European émigrés: Thomaz Farkas was Hungarian, Marcel Gautherot came from France, and Hans Gunter (Günter) Flieg was born in Germany. Their foreign roots only underscore Brazil's international appeal in the years after the Second World War up to the beginning of the Brazilian military dictatorship in 1964.
José Medeiros is remembered as the country's classic photojournalist of the forties and fifties. His photo-stories for the leading Brazilian illustrated O Cruzeiro captured life in Rio de Janeiro, on the beach, and at Carnival, as well as the social events and rituals of the upper ten-thousand. Contrasted to this are his picture-stories from the inland. They show the onset of technology in the world of the Indians and the magical cult of the Candomblé.
From early on familiar with the style of the European New Vision or Neues Sehen, Thomaz Farkas applied the austere look to his studies of form when he was still just a teenager, in his depictions of the Estádio do Pacaembu, or other iconic buildings of the 1940s in São Paulo. As a leading member of the Foto Cine Clube Bandeirante, his body of work represents the search for ever-new visual languages. In his later years, he managed to transfer his form-conscious photographic style to a more strongly photojournalistic one, evident for instance in his panoramic shots of the construction of the new capital Brasília. These photographs were only recently rediscovered in preparations for this exhibition.
As an outstanding representative of the photo-essay, Marcel Gautherot was the man behind the lens of numerous iconic shots in Brazilian photography. His pictures of folk rituals and festivals, in the jungle and among the fisherman of Belém are carefully composed studies that hold narrative and visual impact in perfect balance. This style made him the ideal chronicler of Brasília's construction. His photographs of Oscar Niemeyer's buildings, which were in themselves designed to have a strong visual impact, have come to shape our perception of this apotheosis of Brazilian modernism.
In his industrial photographs, Hans Gunter Flieg recorded the process of industrialization in Brazil. Often specific commissions, his pictures are classic pictorial interpretations of the reshaping the country through the rise of technology. Photographs of factory interiors, of engineering structures such as power plants rest alongside photographs of trade-fair stands and industrial products. His photography was the photography of the common man, meant in the best possible sense, a style that was internationally established and understood.
The archives of the four photographers are kept in the Instituto Moreira Salles (IMS), one of the leading private foundations for the promotion of culture in Brazil. With its cultural centres in São Paulo, Rio de Janeiro, and Belo Horizonte, it opens up broad horizons on Brazilian music, the visual arts, film, literature, and photography. More than any other institution, it is responsible for preserving the national photographic legacy of Brazil in its entire breadth and variety and has become renowned both in Brazil and abroad for the numerous exhibitions and publications it promotes. The exhibition at Berlin's Museum für Fotografie is the first IMS project in Germany.
Brasiliens Moderne 1940 – 1964
Fotografien von José Medeiros, Thomaz Farkas, Marcel Gautherot und Hans Gunter Flieg aus dem Instituto Moreira Salles
Ausstellung: 27. September 2013 – 5. Januar 2014
Eröffnung: 26. September 2013, 19 Uhr
Brasilientag im Museum für Fotografie
28.9.2013, ab 14 Uhr
Vorträge und Führungen (in englischer Sprache)
Vier exemplarisch ausgewählte Fotografen schildern in einer großen Ausstellung im Museum für Fotografie Brasiliens Weg in die Moderne. Drei dieser Fotografen wanderten aus Europa ein: Thomaz Farkas aus Ungarn, Marcel Gautherot aus Frankreich und Hans Gunter (Günter) Flieg aus Deutschland – auch dies ein Zeichen für die Anziehungskraft Brasiliens in den Jahren vom Zweiten Weltkrieg bis zum Beginn der brasilianischen Militärdiktatur. Der durch eine boomende Wirtschaft ausgelöste Modernisierungsschub jener Jahre erfasste weite Teile der brasilianischen Kultur, in den bildenden Künsten (Neoconcretismo), in der Musik (Tropicalismo, Bossa Nova) und im Film (Cinema Novo). Die Fotografie begleitete die Avantgarden und wirkte gleichermaßen stilbildend; besonders sichtbar wird dies in den Aufnahmen der neuen Hauptstadt Brasília von Thomaz Farkas und Marcel Gautherot.
Als herausragender Vertreter des fotografischen Bildessays hat Marcel Gautherot zahlreiche Ikonen der brasilianischen Fotografie geschaffen. Seine Bilder volkstümlicher Riten und Feste, aus dem Dschungel und der Fischer von Belém sind sorgfältig auskomponierte Studien, die Erzählung und Bildwirkung immer gleichermaßen im Blick behalten. Gautherot verdichtet in vielen seiner Fotografien die Motive zu einer zeichenhaften Wirkung. Mit dieser Haltung war er der perfekte Chronist des Aufbaus von Brasília. Gautherots Aufnahme der hocheleganten Stützen des Alvorada-Palastes, des Amtssitzes des Präsidenten, reduziert das Gebäude auf seine wesentlichen grafisch wirkenden Bauelemente. Einzig die sich in den dunklen Glasscheiben spiegelnden Palmen deuten den tropischen Ort noch an. Gautherots Fotografien der ohnehin auf große Bildwirkung angelegten Bauten Oscar Niemeyers prägen unsere Vorstellung von dieser Apotheose der brasilianischen Moderne.
José Medeiros kann als der klassische Bildreporter der vierziger und fünfziger Jahre gelten. Seine Reportagen für die führende brasilianische Illustrierte O Cruzeiro lassen das Leben in Rio de Janeiro, am Strand und beim Karneval ebenso wie die Gesellschaftsrituale der oberen Zehntausend lebendig werden. Dabei hatte er mit seinen Bildern durchaus auch die Schattenseiten des brasilianischen Gesellschaftssystems im Blick. Seine Berichterstattung registriert – meist aus der auf Distanz haltenden Bauchnabelperspektive – die Modekapriolen junger mondäner Gäste auf der Galopprennbahn gleichermaßen wie die ausschweifenden Volksfeste in den Nachtclubs und Ballsälen der Stadt. Auf der anderen Seite stehen seine von Empathie geprägten Bildstrecken aus dem Inneren des Landes, die den Zeitschriftenlesern in den großen Städten vom Einbruch der Technik in die Welt der Indianer oder auch vom magischen Candomblé-Kult erzählen. Der Bericht über diesen bis dahin im Verborgenen ausgeübten Kult führte 1951 zu einer signifikanten Auflagensteigerung von O Cruzeiro; das sechs Jahre später im Verlag der Zeitschrift erschienene Buch gehört inzwischen zu den Klassikern des brasilianischen Fotobuches.
Bereits früh mit den Bildsprachen des europäischen Neuen Sehens vertraut, setzte Thomaz Farkas deren kühne Perspektiven und radikale Bildausschnitte schon als Teenager in seine Formstudien um, die etwa dem Estádio do Pacaembu oder anderen ikonischen Bauten der vierziger Jahre in São Paulo galten. Als führendes Mitglied des Foto Cine Clube Bandeirante steht Farkas für eine Suche nach immer neuen Bildsprachen, die eine kulturelle Aufwertung des Mediums Fotografie herbeiführen sollten. In seinen späteren Jahren gelingt ihm die Übertragung seines formbewussten Umgangs mit der Fotografie in eine stärker bildjournalistische Arbeit, die in den für diese Ausstellung neuentdeckten Panorama-Aufnahmen vom Aufbau der neuen Hauptstadt Brasília mündet. Ähnlich wie Medeiros schaut er dabei auch hinter die Kulissen, zeigt neben der viel umjubelten Ankunft des Präsidenten Kubitschek am Tag der Einweihung Brasílias ebenso die schäbigen Unterkünfte der Bauarbeiter auf der Hauptstadtbaustelle.
Mit seinen Industriefotografien hat Hans Gunter Flieg die Industrialisierung Brasiliens begleitet. Oft im Auftrag entstanden, sind seine Bilder klassische Interpretationen der technizistischen Überformung des Landes. Aufnahmen aus Werkshallen, von Ingenieursbauten wie Kraftwerken stehen neben Fotografien von Messeständen und Industrieprodukten. Damit liefert er eine Gebrauchsfotografie im besten Sinne, die international etabliert und verständlich ist. Die Inszenierungsstrategien Fliegs boten den aufstrebenden brasilianischen Firmen effektvolle Werbeträger. Durch intensive Personenregie und geschickte Wahl von Perspektive und Bildausschnitt belebt er unscheinbare Produktionsstätten, demonstriert komplexe Produktionsabläufe und führt die aufregende Architektur neuer Kaufhäuser vor.
Die Archive der vier Fotografen werden im Instituto Moreira Salles (IMS) aufbewahrt, einer der führenden privaten Stiftungen zur Förderung der Kultur in Brasilien. Mit ihren Kulturzentren in São Paulo, Rio de Janeiro und Belo Horizonte öffnet sie weite Perspektiven auf die brasilianische Musik, die bildenden Künste, den Film, die Literatur und die Fotografie. Wie keine andere Institution bewahrt sie die brasilianische Fotografie in ihrer ganzen Breite und Vielfalt und hat sie mit zahlreichen Ausstellungen und Publikationen im In- und Ausland bekannt gemacht. Die Ausstellung im Berliner Museum für Fotografie ist das erste Projekt des IMS in Deutschland. Im Museum für Fotografie wird mit dieser Ausstellung eine kleine Reihe zur Geschichte der Fotografie in den ersten Dekaden nach dem Zweiten Weltkrieg fortgesetzt, die 2012 mit einer Präsentation der japanischen Fotografie der Nachkriegsjahre begonnen wurde.