Matthias Holländer »
Retrospektive
Malerei und Fotografie aus 40 Jahren
Exhibition: 11 Oct – 7 Dec 2014
Fri 10 Oct 19:00
Kunstverein Konstanz
Wessenbergstr. 39/41
78462 Konstanz
07531-22351
info@kunstverein-konstanz.de
www.kunstverein-konstanz.de
Tue-Fri 10-18, Sat/Sun 10-17
Matthias Holländer
"Retrospektive" - Malerei und Fotografie aus 40 Jahren
Ausstellung: 11. Oktober bis 07. Dezember 2014
Eröffnung: Freitag, 10. Oktober 2014, 19 Uhr
Einführung: Christoph Bauer, Leiter des Kunstmuseums Singen
Künstlergespräch: Donnerstag, 13. November 2014, 18.30 Uhr
"…strictly retro - Bilder aus einem Malerleben - pictures from the past" - so führt Matthias Holländer in seiner Homepage auf den Pfad der Geschichte, seiner Geschichte. Der Kunstverein Konstanz nimmt in seiner Ausstellung anlässlich des 60. Geburtstages des Künstlers ebenfalls die Retro-Perspektive ein: 40 Jahre künstlerisches Schaffen, von 1974 bis 2014, drängen sich im großen wie kleinen Oberlichtsaal des Kunstvereins und erobern sich auch die Räumlichkeiten des BildungsTURMS. Allerdings ist es vor allem die beträchtliche Spanne der Jahre, die Vielfältigkeit des Werkes, Malerei und Fotografie, Ölbilder, Gouachen, das druckgrafische Werk, die diesen Eindruck der Dichte erzeugen – in der Inszenierung der künstlerischen Arbeit selbst geht Matthias Holländer bedacht vor und wählt aus seinem umfangreichen, mit vielen Preisen, nicht zuletzt dem Konstanzer Kunstpreis 1994, gewürdigten Oeuvre aus.
"Unruh" hat der 20-jährige Künstler ein kleinformatiges Ölbild betitelt, das die Reihe der "pictures from the past" zeittypisch eröffnet. Für die achtziger Jahre steht "Die Kontinentalverschiebung", ein großformatiges Öl-/Acryl-Bild: eine junge Frau richtet aus einer dunklen Raumecke heraus ihren freundlich-aufmerksamen Blick durch ein Fenster, das mit seinen blinden Scheiben die städtische Backsteinwelt draußen nur erahnen lässt. Detailliert ausgearbeitet und in die Bildmitte platziert ist die Laibung des Fensters, deren blassblauer Putz sich in unregelmäßigen, blättergleichen Formen von der Wand löst – und in diesem Zeichen von Verfall zugleich die Möglichkeit einer Neuordnung andeutet. Zwei Jahre nach Entstehen dieser Arbeit leitete die Wende eine historische Verschiebung ein, in der östliche und westliche Gesellschaftskontinente neu gefügt wurden. Auch weiteren Werken der Ausstellung eignet eine besondere (zeit)historische Perspektive: In "Matrix" (2005) werden Soldaten des zweiten Weltkriegs in Reih-´ und Glied abgebildet, der nachgeborene Künstler fragt sich, wo er gewesen wäre, hätte das Schicksal ein anderes Geburtsjahr vorgesehen – und malt sich in die Menschenpyramide. "Hegau" (2010) eröffnet einen weiten Blick in die urweltlich-vulkanische Landschaft, die am äußersten Horizont in das Band der Schneealpen übergeht, darüber nur ein altmeisterlicher Wolkenhimmel. Ganz im Vordergrund aber, als unausweichliche Blickhürde, ziehen Heuballen, rundliche Formen, maschinell in Plastiknetze gepresst, eine klare Linie gegen all das Überzeitlich-Naturschöne dahinter. Aber auch die industriell zugerichteten Heuballen weisen Zeichen naturgebundener Vergänglichkeit auf: durch das Plastikgeflecht dringen Pflanzenarme, ranken sich erste Blüten, Schneereste deuten die lange Zeit der Lagerung und Überwinterung an.
Die Ölbilder Matthias Holländers entstehen in langwierigen, monatelangen Prozessen, einem Wechsel von Farbauftrag, Lasur für Lasur, und Abschleifvorgängen, die der Künstler selbst als ein immer wiederkehrendes, aggressives Sich-Auseinandersetzen beschreibt, ein beharrliches, oft nächtliches Ringen um das Erscheinen lichter Farbigkeit, das am Ende dann auch in die eigentümliche Glätte der Bildoberflächen mündet.
Während den Räumlichkeiten des Kunstvereins die retrospektive Darstellung des malerischen Werks vorbehalten ist, werden die fotografischen Arbeiten Holländers im BildungsTURM präsentiert. Schon früh, in den ersten Jahren seiner Ausbildung als Maler an der Wiener Kunstakademie, hat Holländer dieses Medium entdeckt – in der ihm eigenen experimentellen Ernsthaftigkeit hat er sich im Nachvollziehen historischer Techniken, dem Erproben unterschiedlichster Materialien bis hin zur Anwendung neuester Digitaltechnik seine Position als Fotograf erarbeitet. Fotografien können bei Holländer ein Basispunkt für die Entwicklung malerischer Arbeit sein. Längst aber kommt den fotografischen Arbeiten Holländers Eigenständigkeit zu, unabhängig vom Werk des realistischen Malers. Allerdings sieht sich Holländer in beiden Medien als Lichtbildner, der in das Bildgeschehen tief und nachdrücklich eingreifen will. Strictly retro? Wie gegenwärtig, ja zukünftig die Retrospektive des Kunstvereins ausfällt, zeigt eine Nachfrage zum neuesten Werk, einem Triptychon mit dem Titel „Kritische Masse“: Daran, so der Künstler, arbeite er noch… (Text: Dolores Claros-Salinas, Juli 2014)