Lob der Wildnis | Serial Landscapes
Henning Rogge » Arno Schidlowski » Anne Schwalbe »
Exhibition: 7 Feb – 29 Mar 2015
Fri 6 Feb 18:00 - 21:00
"Lob der Wildnis | Serial Landscapes"
Henning Rogge | Arno Schidlowski | Anne Schwalbe
Ausstellung: 7. Februar bis 29. März 2015
Eröffnung: 6. Februar, 18 bis 21 Uhr
Kehrer Berlin Galerie präsentiert mit dem Titel "Lob der Wildnis | Serial Landscapes" fotografische Serien von Henning Rogge (*1977), Arno Schidlowski (*1975) und Anne Schwalbe (*1974). Henning Rogge absolvierte sein Diplom, Arno Schidlowski seinen Master an der HAW, Hochschule für Angewandte Wissenschaften, Hamburg bei Ute Mahler. Anne Schwalbe studierte an der Berliner Ostkreuzschule bei Ute und Werner Mahler sowie bei Arno Fischer.
Anlässlich der Ausstellung findet in der Galerie am Samstag, den 7. März ab 19 Uhr, ein Werkstattgespräch mit Ingo Taubhorn, Kurator Haus der Photographie Hamburg, statt, gefolgt von einem Book Signing mit Ute und Werner Mahler.
Mit Reverenz an das literarische Schaffen des Amerikaners Henry David Thoreau konzentriert sich die Ausstellung auf einen Blick auf Natur, der – anders als der Romantische – weder das Erhabene noch das Pittoreske sucht. In seinen Schriften und posthum herausgegebenen Notizen sah Thoreau die Natur stets als natürliche ›Natur von absoluter Freiheit und Wildheit im Gegensatz zur Freiheit und Kultur im bürgerlichen Sinne‹. Konsequenterweise folgt Thoreaus Menschenbild einer Auffassung, die ihn "als untrennbaren Teil der Natur und nicht als Teil der Gesellschaft" betrachtete. Mit dieser Setzung argumentierte Thoreau für eine Naturerfahrung, mit der der Mensch zu sich selbst kommen könne: In dem auch ›der Wert einer Erfahrung sich nicht in dem Geld ermisst, das aus einer Erfahrung zu gewinnen sei, sondern in dem Maße, in dem die Erfahrung zu unserer Entwicklung beitrage‹.
Eine ins Bild gebrachte Natur, wie es die fotografischen Serien von Anne Schwalbe, Arno Schidlowski und Henning Rogge präsentieren, überführt zwangsläufig eine Naturbetrachtung in den Rahmen der Ästhetik. Im ihren Fotografien wird die Natur zur Landschaft, da Landschaft nur durch ihre Wahrnehmung entsteht und damit stets auf das menschliche Sehen und Bewusstsein sowie die Reflexion einer Umgebung bezogen ist. Landschaft bezeichnet die Situation des Menschen und sein Erlebnis davon.
Die Situation, die Anne Schwalbe wiederholt aufgesucht hat, sind Wiesen. Grüne, braune, karge, bunte und dichte Wiesen, die ein Erholungssuchender auf seinen Streifzügen durch die Natur zumeist vom Wegesrand als angenehme und das Auge beruhigende Farbfelder aufnimmt. In ihren Zyklen »Wiese« und "Wiese XXI–XLVIII", die Anne Schwalbe 2009 begonnen hat, gibt die Fotografin den schweifend distanzierten Blick auf Wiesen zugunsten der Nähe und Aufmerksamkeit für unzählige Details auf. Der genaue Ort und die Ausdehnung der "Wiesen" verlieren ihre Bedeutung. Statt dessen tritt in den Fotografien der »Wiesen« immer die ihnen eigene, jeweils spezifische Textur in den Vordergrund, als würde man sich auf eine Reise in die Dichte ihrer Natur begeben, um auf Eigenschaften zu treffen, die vormals unbekannt und unbewusst existieren.
Arno Schidlowskis insgesamt 49 Schwarzweiß-Aufnahmen umfassende Serie "Der Sonne Mond" entstand zwischen 2011 und 2013 aus der Idee, sich der Erde als einem Mond der Sonne anzunähern. Die so angenommene "Landung" des Fotografen auf der Erde stellt die Frage nach einer vorrausetzungs- und erwartungslosen, mit Neugier und Bedacht geführten subjektiven Erkundung des Terrains. Aus der zwischen morphologischem und phänomenlogischem Interesse geführten Sicht auf das Sosein der Natur entwickelt sich ein Kaleidoskop von ›Natur als Landschaft‹, die vom wechselvollen faszinierenden Licht der fotografischen Anschauung geprägt ist. Am Ende steht kein minutiös geführtes Logbuch über die Art und den Verlauf der Entdeckungen – es sind lediglich drei Kapitel "Am Morgen", "Am Mittag", "Am Abend", mit denen der Fotograf seine Serie gruppiert.
Seit 2008 folgt Henning Rogge den Spuren von Bombenkratern innerhalb Deutschlands. Seine Suche führt ihn in wenig bekannte Gebiete und Wälder, in das Gelände und durch das Unterholz der Geschichte. In den mittlerweile fast 100 Fotografien der fortlaufenden Serie befindet sich der "Bombenkrater" stets im Mittelgrund als fast perfektes, kreisrundes Loch zumeist gefüllt mit Wasser in unterschiedlichster Farbe und Konsistenz. Umgeben ist der einstmals plötzliche Einschlag einer gewaltbereiten Zivilisation von einer Vegetation, die unberührt und trotzdem als Teil des Gesamtprospekts existiert. Paradox genug lädt der Ausläufer einer Detonation nun zum Verweilen ein, angesichts einer "Natur als Landschaft", die sich den Zeitläuften weder unterwirft, noch kapituliert, sondern womöglich einfach nur sich selbst und nichts anderes ist.