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Ritual und Realität
Yishay Garbasz: Storage of nuclear contaminated materials, Rte 6, Fukushima (former Exclusion Zone opened in April 2013), 2014

Yishay Garbasz »

Ritual und Realität

Exhibition: 24 Jul – 22 Sep 2015

Thu 23 Jul 18:00 - 20:00

galerie:pixelgrain

Rosenstr. 16/17
10178 Berlin

+49 (0)30-3087870


www.pixelgrain.com

Mon-Fri 10-19, Sun 14-19

Ritual und Realität
Yishay Garbasz: Fukushkima Prefectural Ono Hospital in the Nuclear Exclusion Zone, 2014

YISHAY GARBASZ
"Ritual und Realität"


Ausstellung: 24. Juli bis 22. September 2015
Vernissage: Donnerstag, 23. Juli 2015 , 18-20 Uhr

Pixel Grain präsentiert die erste große Soloausstellung der Photographin Yishay Garbasz in Berlin.

In ihren Arbeiten, vor allem zu Themen wie Erinnerung, Geschichte, Trennung und Heilung, gelingt es Garbasz mit der Kamera immer wieder, den Schmerz der Verletzung und den Wunsch nach Aussöhnung einzufangen. In früheren Arbeitszyklen begab sich Garbasz zum Beispiel auf die Spuren des Todesmarsches, den ihre Mutter während des Holocaust überlebte, oder setzte sich mit ihrer eigenen Geschlechteridentität auseinander – Zyklen, die exemplarisch für diese Dichotomie von Schmerz und Schönheit sind. Physische Orte, die unlösbar mit den Geschehnissen, die sich dort ereigneten, in Zusammenhang stehen, sind für Garbasz von besonderem Interesse. Dabei konzentriert sie sich auf vergessene oder aufgegebene Orte, an denen die physischen Zeichen des Schmerzes kaum noch sichtbar sind.

In "Ritual und Realität" begleiten wir Garbasz auf ihre Reise durch die Präfektur Fukushima in Japan. Das Kernkraftwerk Fukushima Daiichi wurde am 11. März 2011 infolge des Tohoku-Erdbebens von einem Tsunami getroffen, der den schwersten Reaktorunfall seit der Katastrophe von Tschernobyl 1986 auslöste. Garbasz’ Reise nach Fukushima ist Teil eines lebenslangen Projekts, in dem sie die Schauplätze schwerwiegender, traumatischer Ereignisse erkundet und dokumentiert.

Mit Schutzanzug und Geigerzähler ausgestattet, reiste Garbasz drei Wochen lang – vorwiegend zu Fuß – durch die Präfektur Fukushima. Mit der Kamera dokumentierte sie die verlassenen Ortschaften, die der Mensch unbewohnbar gemacht hatte und die jetzt von der Natur zurückerobert werden. Gehend, die Katastrophenlandschaft dokumentierend, machte Garbasz das Verlorene sichtbar. Ein Gebiet, in dem früher etwa zwei Millionen Menschen lebten, war durch eine weitgehend vermeidbare Katastrophe in eine Ansammlung von Geisterstädten verwandelt worden. Jahrelange privatwirtschaftliche und staatliche Klüngelei hatten ineffektive und zahnlose Aufsichtsbehörden hervorgebracht, die unfähig oder nicht gewillt waren, gegen die offensichtlichen Gefahren vorzugehen. So überrascht es auch nicht, dass die Aufräumungsarbeiten von Desinformation, Inkompetenz und Korruption behindert wurden.

Ritual und Realität
Yishay Garbasz: Permanent radiation counter at Kumamachi elementary school.., 2014

Garbasz’ schaurig-schöne Videos, Photos und Tonaufnahmen aus dem Sperrgebiet vermitteln ein Gefühl von Einsamkeit und Schmerz. Statt Kinder auf dem Schulweg und Erwachsene, die zur Arbeit fahren, hört man nur das Rauschen des Windes, das gelegentliche Miauen einer streunenden Katze und das unaufhörliche Piepen des Geigerzählers, der vor den noch Jahrzehnte drohenden Gefahren warnt.

Teil der Ausstellung sind auch Photos der Behelfsunterkünfte, in denen die Evakuierten jetzt leben, sowie eine Photoreihe aus Tokio, der größten Metropolregion der Welt, nur knapp 250 Kilometer südwestlich von Fukushima gelegen.

Garbasz thematisiert die humanitäre Tragödie, die sich zeitgleich mit der Umweltkatastrophe abspielt. Es geht ihr aber auch um eine Mentalität, durch die der GAU nach dieser völlig vorhersehbaren Naturkatastrophe überhaupt erst möglich wurde. Nach Garbasz’ Auffassung gründen die Ursachen dafür in vielen verschiedenen Aspekten der japanischen Kultur. Die Heilung muss aus der Gesellschaft kommen, die das Unglück überhaupt erst zuließ. Das bei Garbasz so genannte Ritual der Sicherheit taugt nicht mehr als Ausflucht; jetzt gilt es, sich den sehr realen Gefahren und Hindernissen zu stellen. Leugnen und einfache Lösungen, wie sie bisher praktiziert wurden, werden der Situation nicht mehr gerecht. Um das zu verstehen, braucht man sich bloß die Landschaft und die sich türmenden Plastiksäcke mit radioaktivem Müll anzuschauen.

Ritual und Realität
Yishay Garbasz: Overgrown garden and greenhouse, TEPCO single worker accommodation in the background, Ono, Fukushima Nuclear Exclusion Zone, 2014