Reinhard Geiger
"GRÜN + ROT : Gärung und Erosion"

Ausstellung: 12. Dezember bis 30. Januar 2016 Eröffnung: Freitag, 11. Dezember, 19:30-21:30 Uhr

Aus Naturstoffen entstand einst Holz und - im Sumpf und danach im Laufe von Äonen - Kohle. Diese nutzte der Mensch während der industriellen Revolution, um aus Erzen in gewaltigen Mengen Eisen und Stahl zu gewinnen. Die Dampfmaschine ersetzte sukzessive die menschliche Arbeitskraft; Brücken- und Eisenbahnbau sowie die Automobilproduktion dehnten den jahrtausendealten, stark beschränkten Radius des menschlichen Individuums sowohl Entfernungen als auch Zeit betreffend extrem aus. Die Elektrifizierung – anfangs und bis heute ebenfalls vorrangig fossil befeuert - revolutionierte am Ende der industriellen Revolution Geschwindigkeit und Reichweite der Nachrichtenübertragung (vom Morseapparat über Telefon, Überseekabel, Radio und Fernsehen zu Computer und Internet) und stand so am Anfang einer Bewegung in Richtung einer bei weltweit abnehmender Naturdichte nun zunehmend virtueller werdenden menschlichen Realität. Und wie geht es weiter? Am Anfang stand jedenfalls der Sumpf.

Reinhard Geiger setzt die Gärung im Bild des Sumpfes (bzw. eines darin langsam versinkenden, umgestürzten Baumes - ein Bild von poetischer, inzwischen fast unbekannter Naturnähe) an den Anfang seiner Gegenüberstellung von Momentaufnahmen einer seit einigen Jahrzehnten verfallenden, stillgelegten Stahlhütte seiner saarländischen Heimat. Auch diese vergeht, "vergärt" und erodiert nun, aller beeindruckenden Grandiosität in Konstruktion und Dimensionen zum Trotz. Die Förderbänder stehen still, der Rost setzt an und wird am Ende das - einerseits gewaltige und komplexe, aus heutiger Sicht aber oft auch überraschend primitive - Konstrukt wieder zu (Eisen)Staub verwandeln - Erosion, der Lauf der Dinge…

Beeindruckend sind bei dieser Werkschau nicht nur die farbige und detailreiche Qualität der Fotografien, sondern auch der den beiden (mit GRÜN + ROT bezeichneten) Themenfeldern innewohnende Antagonismus: der Sumpf erscheint als Darstellung reiner Natur, befindet sich aber in Wirklichkeit nur wenige Meter neben einer asphaltierten Strasse (bei Bansin, im Hintergrund ist bei genauem Hinschauen in der Ferne auch noch ein Strassenschild zu erkennen), und die Eisenhütte – obwohl im Höchstmaß gigantisch und technisch-artifiziell wirkend – wird ebenfalls schon hier und da wieder von zarten, aber beharrlichen Pflänzlein der sich am Ende immer alles zurückholenden Natur duchdrungen.