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SPIEL UND REALITÄT
EJ MAJOR: from "love is  …"

E.J. Major »

SPIEL UND REALITÄT

Exhibition: 10 Jan – 6 Mar 2016

Sat 9 Jan 16:00

Forum für Fotografie

Schönhauser Str. 8
50968 Köln
Wed-Fri 14-18 . Sat 12-18 . Sun 12-16

Forum für Fotografie

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50968 Köln

+49 (0)221-3401830


www.forum-fotografie.info

Wed-Fri 14-18 . Sat 12-18

SPIEL UND REALITÄT
EJ MAJOR: from "Marie Claire RIP"

EJ MAJOR
"SPIEL UND REALITÄT"

Ausstellung: 10. Januar bis 6. März 2016
Eröffnung: Samstag, 9. Januar, 16 Uhr

Als Künstlerin untersucht EJ Major die Funktionsweisen des Erzählten, um die Voraussetzungen der fotografischen Praxis zu hinterfragen und dabei neue kreative Räume ihres kuünstlerischen Schaffens zu eröffnen. Ihre performativ angelegten, konzeptuellen Untersuchungen gehen Fragen der Identität und Authentizität nach und loten in einem Spiel der Überlagerungen die strukturellen Gegebenheiten von Film und Fotografie aus. Die in komplexen Arbeitsabläufen durchgeführten De- und Rekonstruktionen vorge-fundener Materialien aus historischen wie zeitgenössischen Quellen münden in die Frage nach der Konstruktion unserer Wahrnehmung der Realität und von uns selbst.

"Die Anliegen, auf denen meine Arbeit basiert, sind konstant geblieben: Fragen nach Identität, Wünschen, Freiheit und Unterschieden. Mich interessiert, wie wir Menschen konstruiert sind - durch Biologie, Gesellschaft und Umstand - aber auch die kulturellen Tätigkeiten, die Leute ausüben. Ebenso wonach wir uns als Individuen umsehen und was wir neu gestalten, beim Versuch, uns selbst zu finden." EJ Major

EJ Majors Ausstellungstitel bezieht sich auf eine Publikation des Psychologen Donald Winnicott, die 1971, ihrem eigenen Geburtsjahr erschien. In diesem Werk untersucht Winnicott die Rolle des Spiels sowohl in der Kindheit als auch im Erwachsenenalter und seine Beziehung zu der Entwicklung des "wahren Selbst". Spiel kann im Erwachsenenleben vieles bedeuten, so auch strukturierte Aktivitäten wie Sport oder eben kreative Tätigkeiten. Für Major ist die künstlerische Tätigkeit Kern ihres Selbstverständnisses und ihres geistigen Wohlbefindens.

SPIEL UND REALITÄT
EJ MAJOR: from "Shoulder to Shoulder"

In manchen der ausgestellten Arbeiten erscheint die Künstlerin selbst, wie in "Marie Claire RIP (2004-2007)", "Shoulderto Shoulder" (2009-2011) oder in der jüngst entstandenen Arbeit "Every Day in November/When nothing will do" (2015).

"Marie Claire RIP" ist eine Reaktion auf Polizeifotos, die die voranschreitende Drogenabhängigkeit einer anonymen Frau dokumentieren. Die Aufnahmen erschienen in einem Hochglanz-Magazin als Kampagne, die Frauen über die Auswirkungen von Drogen auf ihr Äußeres aufklärte. EJ Major antwortete auf das, was sie hier als eine verstörende Zurschaustellung einer Person begriff, mit einer Fotoserie, in der sie das Gesehene detailliert nachstellte und sich selbst als Subjekt in Szene setzte. In Majors Darstellung sehen wir etwas, was wir zunächst als eine Abfolge von Bildern lesen, die den schrittweisen Kontrollverlust einer Frau zeigt, um dann zu entdecken, dass die Frau, die wir sehen, eine Künstlerin ist, die die absolute Kontrolle über ihr Äußeres behält und nur in einer Verkleidung auftritt.

"Shoulder to Shoulder" entstand nach Majors Forschungen im Fotoarchiv der englischen Suffragetten-Bewegung. Die Frauen dieser frühen politischen Bewegung hatten ein ausgeprägtes Bewusstsein vom Potenzial der Fotografie als Mittel medialer Einflussnahme. Bilder ihrer Anfang des 20. Jahrhunderts organisierten Auftritte wurden häufig in der Tagespresse veröffentlicht. Die Bildwirksamkeit ihrer öffentlichen Aktionen reizten die Suffragetten weiter aus, indem sie sich an Geländer öffentlicher Gebäude anketteten, sich vor galoppierende Pferde warfen oder bei Straßendemonstration ihre Spruchbänder präsentierten. Um ihrer Botschaft Gehör zu verleihen, taten sie alles, um die höhere Gesellschaft und den Mittelstand zu schockieren und deren Selbstgefälligkeit bloßzustellen.

In der jüngst entstandenen Arbeit "Every Day in November/When nothing will do", einer zweiteiligen Installation, schöpft die Künstlerin aus dem eigenen Archiv sowie aus den Beständen ihrer Familie. "Every Day in November" bezieht sich auf Filmmaterial vom November 2011, als die Künstlerin 40 Jahre alt wurde. Das Material wurde in Form von Stills exportiert, je ein Rahmen pro Sekunde. "When nothing will do" bezieht sich auf zwei Filme, die auf Bildern ihres Elternhauses in Malvern und ihrem Atelier in London basieren. Viele der Standbilder zeigen Major, wie sie Schnappschüsse mit ihren Eltern und ihrem Bruder inszeniert.

Die Arbeit scheint nach der Familiendynamik zu fragen und zu untersuchen, wie unsere Identität konstruiert wird durch Fotografien, die uns einen Platz zuweisen und anderen Menschen sagen, wer und was wir sind. Aber natürlich erzählen die Fotografien nicht die ganze Geschichte unserer komplexen Veränderungen, der sich wandelnden Persönlichkeit. In gewisser Weise erscheint diese Arbeit persönlicher als ihre vorangehenden Serien, dennoch gibt es nicht mehr Enthüllendes und Bekennendes als in jedem ihrer anderen Werke.

Häufig ist die methodisch-akribische Arbeitsweise das Herzstück von Majors Werken. Jede einzelne Sekunde des Films "Der letzte Tango in Paris" in gedruckte Postkarten für die Arbeit "love is  …" (2004-2006) umzuwandeln, ist ein monatelanger Prozess. Genauso, wie die Bewegung des Films buchstäblich zum Stillstand kommt, werden wir als Betrachter beruhigt und dadurch achtsam. Plötzlich erhalten Details und wiederkehrende Motive, die im Film Hintergrundinformation waren, visuelle Aussagen und größere Bedeutung. Gleichzeitig ging Major mit der Arbeit das Wagnis ein, anonyme Stimmen einzubeziehen. Über 7.000 der Postkarten wurden im Laufe von zwei Jahren in London und den West Midlands in Briefkästen verteilt. 451 von ihnen kamen zurück. Das daraus entstandene Arbeit zeugt von der Freundlichkeit und Offenheit vieler Fremder, aber auch von Ablehnung, die zu Kommentaren reizten wie: "Sieht aus wie ein selbstbezogener Egotrip", "Gib auf" oder "Such dir lieber einen realen Partner". Interessant ist, dass sich selbst diese Verärgerten zu einer Antwort gezwungen fühlten und damit Teil des Projektes wurden.

SPIEL UND REALITÄT
EJ MAJOR: from "Shoulder to Shoulder"
SPIEL UND REALITÄT
EJ MAJOR: from "Every Day in November/When nothing will do"