Michele Sibiloni »
Fuck it
Exhibition:
Huren, Vagabunden, Dorftrottel, Rastas, Zuhälter, betrunkene Ausländer, betrunkene Einheimische, betrunkene alle, unterbezahlte Wächter, überarbeitete Türsteher, Alte, Waisen, Strassenkinder, Gangster, Stricher, Heuschreckenverkäufer, Polizisten aller Art, NGO-Mitarbeiter und Hinterhof-Exorzisten.
Ein Peace-Corps-Blogger beschrieb Kabalagala – Kampalas deliziös heruntergekommenes Bar-Viertel – als "Tijuana auf Acid". Für mehr als drei Jahrzehnte hatte sich Uganda der internationalen Gemeinschaft erfolgreich als verantwortungsvoller, fortschrittlicher Standort für Hilfe und Entwicklung präsentiert. 1986 kam das Land aus einem achtjährigen Bürgerkrieg heraus, nach einer siebenjährigen Diktatur, nach einer 70-jährigen ausbeuterischen Kolonialherrschaft. Es war das Epizentrum der Aids-Epidemie, obwohl man dies angesichts der Promiskuität der Stadtbewohner nicht annehmen sollte.
Die beissende und üppige Vielfalt der im vorliegenden Buch gezeigten Bilder wird ein ganzes Spektrum an Reaktionen hervorrufen: Mitleid, Empörung, Unsicherheit, Kitzel – natürliche Antworten auf diese schönen Gräuel. Die Geschichten, die diese schmierigen Vignetten erzählen, sind zu gleichen Teilen Cartoons wie ein Archiv des Ephemeren, eine afrikanische Symphonie wie eine Dritte-Welt-Katastrophe, ein unflätiges Grabschen wie ein schuldiges Kichern. Es ist der noir: die gefallenen Engel der Ausschweifung und der Hoffnungslosigkeit. Es ist die Zukunft: dreiste junge Dinger mit Geld wie Heu – Poolpartys und wasserstoffblonde Haare. Es ist die Vergangenheit: Askaris mit Pfeilen, Frauen mit Lasten, die Militärjunta in offenen Jeeps. Es ist der Widerspruch: eine Stadt puritanischer Alkoholiker, Prostituierte verschenken Liebe, pervertierte Entwicklungshelfer entwickeln diesen Arsch der Welt. Es ist die Schande: Ein Sicherheitsmann verdient einen Dollar pro Tag, eine korrupte Herrscherschicht verabschiedet Moralgesetze, ein weisser Mann hat sich in die Hose gepisst.