Christina Glanz »
Türporträts
Exhibition: 9 Mar – 14 May 2016
Galerie A
Breite Str. 2a
13187 Berlin
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Tue-Fri 14-19 . Sat 11-15
Christina Glanz
"Türporträts"
Ausstellung: 9. März bis 14. Mai 2016
Finissage: Samstag, 14. Mai, 18 Uhr
Das Motiv der Industrietüren begleitet Christina Glanz seit ihrem Langzeitprojekt zu Beginn der 90-er Jahre in der Niederlausitz, in dem sie den Abbau der dortigen Kohle-/Stahlindustrie, besonders in Lauchhammer, fotografisch dokumentiert hat. Dabei hat sie einmal Porträts der bislang dort Beschäftigten angefertigt, war aber auch gleichzeitig von der Ästhetik der verschwindenden Industriebauten fasziniert. Die schwarz-weiß fotografierten Türen der Ausstellung stammen aus diesen inzwischen nicht mehr bestehenden Betrieben. Im vergangenen Jahr ist Christina Glanz das Motiv wiederbegegnet, als sie in Schweden mit industriellen Kontexten beschäftigt war und in den småländischen Orten Gnosjö und Skeppshult ähnliche Türen vorfand. Was hat es mit ihrem Aussehen auf sich?
Die praktische Funktion von Türen ist sicher so etwas wie eine 'Regelung von Zugängen'. Als sichtbare Objekte vermitteln sie entsprechend Angebote zu ihrer Nutzung, hierzu zählen Aufforderungen wie 'Komm doch herein' oder 'Bleib draußen'.
Die Botschaft der in der Ausstellung gezeigten Türen ist jedoch komplexer. Durch die unterschiedliche Art des Durchblicks, den sie gewähren, aber auch durch eine warnende, einladende oder abschreckende Farbe (rot vs. gelb/blau vs. schwarz) und durch Spuren ihres Gebrauchs wird beim Betrachter eine jeweils spezifische Wahrnehmung erzeugt. Die Kombination dieser Eigenschaften macht jede dieser Türen einzigartig. Für denjenigen, der im jeweiligen Betrieb mit ihr umzugehen hat oder hatte, liefert(e) sie ein vertrautes 'Gesicht', das einen Teil seiner Arbeitsumgebung ausmacht(e).
"Neben den beeindruckenden Porträts zeigt die Fotografin auch Architekturaufnahmen, Bilder von den leeren, funktionslos gewordenen und dem Verfall anheimgegebenen Fabrikgebäuden, die zu symbolischen Orten gerinnen, die nicht nur von der Situation im Osten erzählen sondern von dem, was die Ökonomen den globalen Strukturwandel nennen. Mich erinnern diese Fotografien in ihrer Lichtführung, ihrer verschachtelten, fast surrealen Räumlichkeit, ihrer Menschenleere, Melancholie und zugleich bedrohlichen Sinnlosigkeit an Piranesis berühmte Kerkerradierungen, die Carceri, die in der Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden. Nicht zufällig waren das die Jahre des Beginns der industriellen Revolution, von deren Ende nun diese Fotografien sprechen. Piranesi hatte seine architektonischen Bühnen für das kommende Welttheater frei phantasiert. Wir stehen mitten in der Realität." (Matthias Flügge in der Laudatio zur Ausstellung "Die letzte Schicht" im Sächsischen Industriemuseum Knappenrode 2010/11)
1946 wird Christina Glanz im Eichsfeld geboren und wächst zunächst in bäuerlicher Umgebung auf. Mit 11 Jahren zieht sie an den Stadtrand von Berlin. Später studiert sie zunächst Architektur in Dresden, dann an der Kunsthochschule in Berlin Weißensee. Sie beginnt im staatlichen Büro für Städtebau zu arbeiten, beschäftigt u.a. mit der Planung des Stadteils Marzahn, gibt jedoch diese Arbeit 1979 auf. Sie absolviert eine künstlerische Aspirantur in Architektur/Fotografie an der Kunsthochschule Weißensee und wird 1982 in den VBK der DDR aufgenommen. Seitdem arbeitet sie freischaffend.
Sie fotografiert 'gegen den Strich', etwa die Befindlichkeiten von Demonstranten bei staatlich angeordneten Veranstaltungen oder von Jugendlichen in einer regulierten Freizeitgestaltung. Nach der Wende dokumentiert sie in einem langjährigen Projekt Aspekte der Beseitigung der Stahl- und Kohleindustrie in der Niederlausitz, besonders in Lauchhammer. In dieser Zeit entdeckt sie für sich die Farbfotografie. Ihre Fotos laden ein zu einem 'zweiten Blick' auf Porträts und auf von Menschen geschaffene Objekte, mit dem sich eine verstehende Wahrnehmung einstellen kann. Zuletzt wurde sie eingeladen, das Leben in der schwedischen Provinz Småland fotografisch zu interpretieren. Ein Ergebnis war die Ausstellung 'Auf der bewaldeten Klippe' (2015), bei der es ihr um die irrationalen, fiktionsgebundenen Kontexte ging, in die die dortige exportorientierte Industrie eingebettet ist.
Weitere Informationen: www.christinaglanz.de