Nikos Pilos »
Exodus
Exhibition: 28 May – 5 Jun 2016
Umweltfotofestival »horizonte zingst« 2016 und STERN präsentieren
Nikos Pilos
"Exodus« – Menschen auf der Flucht"
Ausstellung: 28. Mai bis 5. Juni 2016
Eine Regel für Fotoreporter besagt: Wenn Deine Fotos nicht gut sind, dann warst Du nicht nah genug dran. Der Fotograf Nikos Pilos war immer in unmittelbarer Nähe seiner Motive. Es drängt ihn zu seinen Geschichten, sie ziehen ihn an: Er will dabei sein, darüber berichten, ganz journalistisch. Dann aber auf eine Art, wie es niemand sonst tut, Pilos sucht das Besondere.
Bis in den Sommer 2015 hinein hat Nikos Pilos vor allem in Athen gearbeitet, wo er seit sechs Jahren die Wirtschaftskrise fotografierte. Er erlebte die Krise intensiv, er war ihr täglicher Chronist. Als die Syriza-Regierung im Juli in Brüssel nachgab und ihr Aufstand gegen die Sparpolitik gescheitert war, wollte Pilos dem Thema, das ihn so lange ver-folgt hatte, entkommen. Ganz allein machte er sich auf den Weg zu den Flüchtlingen, die gerade um diese Zeit immer zahlreicher auf den griechischen Inseln ankamen, er folgte ihnen auf‘s Festland, weiter zur mazedonischen Grenze und auf den Balkan bis Ungarn. Er widmete sich dem Thema ganz, nahm keine anderen Anfragen mehr an, den ganzen Herbst über. Und er entschied sich gegen einen klassischen Reportageansatz.
Er fand sich umgeben von Fotografen, die abends alle mit ähnlichen Bildern zurückkehrten, und kam auf die Idee der Doppelmotive. Schwarzweiß, härter, direkter. Zwischen den beiden Bildern sollte eine eigene Dynamik entstehen. Da ist der schiitische Junge, der auf dem Rücken noch die Wunden hat vom Ashura-Fest, daneben der Stacheldraht an der griechisch-mazedonischen Grenze: im übertragenen Sinn ebenfalls ein großer Schmerz. Da ist der zugenähte Mund eines Mannes aus dem Iran, dem in Idomeni die Weiterreise verweigert wird, und daneben ein Bild weiterer verzweifelter junger Iraner, die tagelang an den Bahngleisen sitzen und bloß schweigen. Eine würdevolle Art des Protests in einer würdelosen Lage. Da ist der tote Junge im Leichenschauhaus, daneben eine am Strand von Kos angespülte Leiche. Da ist die eben angekommene Mutter mit ihrem Jungen auf dem Arm, und daneben ein eintreffendes Boot. Pilos verschwindet in der Menge, seine Ausstrahlung ist nicht die eines westlichen Fotografen auf Recherche, er versteckt sich nie hinter seiner Kamera. Er geht auf die Menschen zu und fotografiert sie eher beiläufig. Er ist auf eine gute Weise kompromisslos, er geht auf in seinem Projekt, lässt sich davon nicht mehr abbringen. Viele Bilder von Flüchtlingen sind gedruckt worden während dieser Krise, aber wenige Fotos transportieren die Strapazen der Menschen auf der Balkanroute so wie jene von Nikos Pilos. Sie sind hart, rau, und damit nah an der Realität.
Ein Projekt des Goethe-Instituts Athen.