Georges Rousse »
Tuttlingen und UTOPIA
Exhibition: 14 Jan – 12 Feb 2017
Fri 13 Jan 19:00
Galerie der Stadt Tuttlingen
Rathausstr. 7
78532 Tuttlingen
+49 (0)7461-15551
info@galerie-tuttlingen.de
www.galerie-tuttlingen.de
Tue-Sun 11-18
GEORGES ROUSSE
"Tuttlingen" und "UTOPIA"
Ausstellung: 14. Januar bis zum 12. Februar 2017
Eröffnung: Freitag, 13. Januar, 19 Uhr
Am Samstag, 21. und 28. Januar, 14-17 Uhr:
Sonderöffnung von Georges Rousses Installation im Bahnhof
(ehemalige Gepäckhalle, Eingang rückseitig vom Bahnsteig 1)
Die Galerie der Stadt Tuttlingen zeigt eine Ausstellung des renommierten französischen Installations- und Fotokünstlers Georges Rousse. Den Ausgangspunkt bildet das Fotokunstwerk "TUTTLINGEN 2016", das im Juni des vergangenen Jahres im Bahnhof von Tuttlingen entstanden ist. Darüber hinaus zeigt Rousse eine Raumintervention mit dem Schriftzug UTOPIA in Anspielung auf eine ebenfalls zu sehende aktuelle Werkserie, die in Guise/Frankreich entstanden ist. Weitere Beispiele seiner weltweit entstandenen Arbeiten runden den Einblick in das Schaffen des Künstlers an weltweiten Schauplätzen ab.
Die bildliche Erinnerung an Orte steht am Ursprung des künstlerischen Werks von Georges Rousse und bleibt bei allen Weiterentwicklungen, Neuerfindungen und Rückgriffen, die er seither vollzogen hat, als Kern der Bildentstehung bestehen. Sein künstlerisches Oeuvre nahm seinen Anfang, als er begann, sich selbst in diese Orte einzubringen, Räume zu seinem Künstleratelier zu machen und gestalterisch zu verwandeln. Hierin hat er Ähnlichkeit mit den Künstlern der Land Art von Walter de Maria bis Christo, deren künstlerisches Vorgehen ebenfalls darin besteht, Orte vorübergehend in Skulptur zu verwandeln. Anders als bei diesen ist seine Fotografie bei weitem mehr als ein Dokument der zeitlich begrenzten Installationen. Bei Rousse ist die Fotografie das eigentliche Kunstwerk, alle Eingriffe in das Vorgefundene sind nur Wege, die auf nichts anderes als auf die Fotografie hinzielen. Mit Mitteln der Malerei, Skulptur und Collage arbeitet er auf den einen Moment hin, an dem alles perfekt an Ort und Stelle ist und er den Auslöser seiner Kamera drücken kann.
Das Werk "TUTTLINGEN 2016" ist ein Kristallisationspunkt, in dem sich wesentliche Aspekte der Arbeit von Rousse verdichten und Neues zum Tragen kommt. Technisch gesehen kommen Malerei und Collage zum Einsatz. Vorhandene Elemente im Raum der ehemaligen Gepäckhalle im Tuttlinger Bahnhof werden integriert. Eine Neuheit im Werk von Rousse ist die Verwendung von Zeitungen verschiedenster Herkunft für die Wandcollage. In Entsprechung zum kulturellen Kontext des Projektes legte er großen Wert darauf, dass es sich um Zeitungen in unterschiedlichen Sprachen und aus verschiedenen Ländern handelte.
Ein größerer Werkkomplex der Ausstellung, u. a. fünf Bilder mit dem Titel "UTOPIA" (2015), bezieht sich auf eine Serie von Arbeiten, die in dem vom Fabrikanten Jean-Baptiste André Godin im 19. Jahrhundert errichteten Gebäudekomplex in Guise/Frankreich entstanden sind. Dieser umfasste neben sehr gut ausgestatteten Arbeiterwohnungen auch Kultureinrichtungen, Schule und Kinderkrippe und hatte somit Modellcharakter für humane Lebens- und Arbeitsbedingungen. Dieses durch eine soziale Utopie inspirierte Bauwerk gefiel Rousse, der auch mit seinen Werken nichts weniger als Vorstellungen jenseits des bisher Gesehenen und Erlebten zu entwickeln sucht.
Weitere Arbeiten in der Ausstellung, die für die vielfältigen Aspekte der Arbeitsweise von Georges Rousse stehen, sind in Japan (Matsushima 2013), Südamerika (Mexico 2014), USA (Durham 2006), Frankreich (Chambord 2011, Chasse-sur-Rhône 2010, La Madelaine-sous-Montreuil 2014) und Deutschland (Oberhausen 1996) entstanden.
Für Georges Rousse (geb. in Paris 1947), der seine Kindheit in der Nachkriegszeit in Deutschland und später in Nizza verbrachte, waren verlassene und heruntergekommene Orte der Spielplatz. Im Alter von 9 Jahren bekam er die legendäre Kodak Brownie Kamera als Geschenk. Von da an war die Kamera seine ständige Begleiterin. Nach Beginn eines Medizinstudiums in Nizza entschied er sich, auf professionelle Fotografie und Drucktechnik umzusatteln, und gründete sein eigenes Studio für Architekturfotografie. Beflügelt durch seine Begeisterung für große amerikanische Meister der Fotografie wie Steichen, Stieglitz oder Ansel Adams, widmete er sich diesem Medium sehr bald mit Ausschließlichkeit.
Die Auseinandersetzung mit der Land Art sowie mit Kasimir Malevitschs schwarzem Quadrat auf weißem Grund führten zu einer neuen Auffassung der Fotografie. Er erfand einen Prozess, der das Verhältnis von Malerei und Raum erneuern sollte. Er begann damit, bewegte Figuren in verlassenen Räume zu malen, die für den Abriss bestimmt waren, um dann seine Interventionen zu fotografieren. Sehr schnell gab er das Figürliche zugunsten der Abstraktion auf, indem er leere Räume mit Worten und geometrischen Figuren versah, die sich als faszinierende visuelle Rätsel offenbarten. Die Fotografie war das ideale Medium für die Darstellung dieser einzigartigen räumlichen Erfahrungen und so steht sie seit den 80er Jahren bis heute im Mittelpunkt seiner zahlreichen Ausstellungen.
Erst in neuerer Zeit wendet sich Georges Rousse der Konstruktion von ungewöhnlichen Architekturen zu. Dieses besondere Raumkonzept Georges Rousses und seine Deutungsvorschläge für Architektur, vom bescheidenen Gebäude bis hin zum berühmten Monument, ermöglichten den Aufbau eines Werks von unbestrittenem Ruf und weltweiter Geltung. Als einer der wichtigen Akteure in der Kunstwelt erhielt er prominente Auszeichnungen und nahm an vielen internationalen Biennalen teil. Georges Rousse lebt und arbeitet in Paris.
Das Projekt am Bahnhof Tuttlingen 2016 wurde unterstützt vom RC Hohenkarpfen-Tuttlingen, und die Ausstellung wird gefördert von der Aesculap AG.