Bahnbogen 22 bis 79, Gleisdreieck Berlin 1964 und 2014
Sequenzen von Janos Frecot und André Kirchner
Janos Frecot » André Kirchner »
Exhibition: 24 Mar – 24 May 2017
Thu 23 Mar 19:00
HAUS am KLEISTPARK
Grunewaldstr. 6-7
10823 Berlin
Tue-Sun 11-18
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"Bahnbogen 22 bis 79, Gleisdreieck Berlin 1964 und 2014"
Fotografische Sequenzen von Janos Frecot und André Kirchner
Ausstellung: 24. März bis 24. Mai 2017
Eröffnung: Donnerstag, 23. März 2017, 19 Uhr
Einführung Florian Ebner, Fotohistoriker
Künstlergespräch mit Führung: Sonntag, 23. April, 16 Uhr
Janos Frecot, vielen bekannt als ehemaliger Leiter der Fotosammlung der Berlinischen Galerie, und der Stadtfotograf André Kirchner zeigen in diesem gemeinsamen Projekt fotografische Sequenzen der Bahnbögen auf dem Gleisdreieck Berlin aus den Jahren 1964 und 2014.
Das "Gleisdreieck", ein weites Bahngelände im Herzen Berlins, ehemals Vorfeld und Betriebswerk von Potsdamer und Anhalter Bahnhof, war seit den frühen fünfziger Jahren von der Reichsbahn kaum mehr genutzt worden. Spätestens nach dem Mauerbau wurde das nur über wenige Fahr- und Fußwege zugängliche Gelände zum heimlichen Freizeit- und Abenteuerspielplatz von Leuten, denen eine gewisse Verwilderung und Verwahrlosung die Fantasie beflügelte. Freaks, Penner, Fotografen, Künstler, Stadtindianer und Romantiker aller Art, die abseits der Parks und Kleingartenidyllen nach Ruhe im irgendwie Grünen suchten, traf man hier zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Janos Frecot, der seit 1947 und bis in die sechziger Jahre immer wieder am Bülowbogen wohnte, lernte das Gelände früh kennen und schätzen; insbesondere das Ineinander von verwilderter Natur und verfallenden technischen Bauten hatte es ihm angetan. Er nahm die endlos lange gelbe Ziegelmauer der Bahnbogenreihe 22-79 als komplettes Panorama auf Großformat-Negativen auf. Daß der amerikanische Fotograf Ed Ruscha mit seinem "Sunset Strip" nahezu gleichzeitig etwas sehr ähnliches schuf, hat er erst viele Jahre später erfahren.
Fünfzig Jahre später machte André Kirchner, der Anfang der achtziger Jahre nach Berlin kam und ebenfalls nicht weit entfernt vom Gleisdreieck lebte, die durch die neuen Fernbahngleise zum Hauptbahnhof stark dezimierte Bahnbogenreihe zum Thema einer an präziser Dokumentation orientierten Fotosequenz. Im Gegensatz zu Janos Frecot, der 58 Bahnbögen in 90 Einzelaufnahmen Stoß an Stoß fotografiert hatte, entschied sich André Kirchner dafür, die 2014 noch erhaltenen 30 Bögen im Sinne seiner Straßen- und Gebäudeabwicklungen Bogen für Bogen jeweils mittig zu fotografieren – ebenfalls im Großformat. Und damit den geschundenen Resten, die bereits eingezäunt waren, vor ihrem Verschwinden noch einmal eine gewisse Monumentalität zu verleihen.
Beide Sequenzen zeigen im Abstand eines halben Jahrhunderts die Veränderungen eines technischen Bauwerks, des ehemaligen Bahnviadukts zum Potsdamer Ringbahnhof, das fünfzig Jahre lang von der Natur und wechselnden Nutzern durch Wildwuchs und Verfall umgestaltet wurde, bis Anfang 2015 auch der Rest des alten Viadukts abgerissen wurde. Nicht zuletzt zeigt die Ausstellung an diesem innerstädtischen Areal, wie sich gesellschaftspolitische Veränderungen im Stadtbild manifestieren.