Jens Liebchen »
SYSTEM
mit Matthias Harder, Kurator der Helmut Newton Stiftung Berlin
Artist Talk:
Thu 29 Jun 19:00
Galerie Springer Berlin
Fasanenstr. 13
10623 Berlin
+49 (0)30-3157220
office@galeriespringer.de
www.galeriespringer.de
Tue-Fri 12-18, Sa 12-15 +
Jens Liebchen studierte Ethnologie an der Freien Universität Berlin bevor er sich ganz der Fotografie widmete. In seinen Arbeiten setzt er sich mit politischen und gesellschaftlichen Themen auseinander. Von 2010 bis 2013 lebte er in Tokio, was ihm einen reflektierten Einblick in die japanische Gesellschaft und Kultur ermöglichte.
Dort, im Zentrum der Metropole Tokios, entstand die Serie "System". Liebchen fotografierte im äußeren Teil des Imperial Palace Gardens Kiefern während eines Schneesturms. "Baumformationen" beschrieben Michael Klein und Peter Lindhorst im Photonews-Blogbuch die Serie "die ähnlich kontemplativ wirken wie die Schwarz-Weiß-Kunst der Tuschemalerei, die in Japan bis zur Vollendung praktiziert wird". Was auf den ersten Blick wie ein Arrangement der Natur in unberührter Umgebung erscheint ist tatsächlich ein Setting inmitten der Megacity Tokio. Durch das dichte Schneetreiben hindurch lassen sich im Hintergrund Autos und Teile der Stadtsilhouette erahnen, dabei stellen die Lichtverhältnisse die Formen und Strukturen der Bäume deutlich heraus und lassen die Farbfotografien fast wie Schwarz-Weiß Darstellungen erscheinen. Die Bäume wirken dabei wie Protagonisten auf einer Bühne, teils stellen sie einzelne Charaktere dar, teils wirken sie in Gruppen. Hannes Wanderer schrieb im November 2014: "Für die Bäume hat die Natur nur das Material geliefert. Platzierung, Wuchs, Größe und Form sind von Menschen definiert und bis ins kleinste Detail geplant." Für Jens Liebchen haben die Bäume exemplarische Funktion. Sie werden systematisch geformt und entsprechen so gesellschaftlichen Normen. In diesem Sinne werfen sie einen Spiegel auf die Gesellschaft als Ganzes.
Seinem Buch stellt er den folgenden Text voran: "The tradition of tree shaping has come to assume an emblematic role in Japanese culture. Trees and shrubs in Japanese gardens are often drastically modified. Sculptors both control the location of trees and manipulate the growth of trunks, branches, and leaves. Little, if anything, is left to nature. The trees get cut, bent, buckled, diverted, redirected, and twisted into what is considered a perfect shape. In other words, they hold a mirror to a system meant to create individuals that invariably suit the needs of society".