Sascha Weidner »
IT'S ALL CONNECTED SOMEHOW
Nachlasssichtung I
Exhibition: 29 Jul – 19 Nov 2017
Sprengel Museum Hannover
Kurt-Schwitters-Platz
30169 Hannover
+49 (0)511-16843875
sprengel-museum@hannover-stadt.de
www.sprengel-museum.de
Tue 10-20, Wed-Sun 10-18
Sascha Weidner
"IT'S ALL CONNECTED SOMEHOW"
Nachlasssichtung I
Ausstellung: 29. Juli bis 19. November 2017
Eröffnung: 28. Juli, 18:30 Uhr
Die Bildwelt von Sascha Weidner ist in starkem Maße geprägt von den Wahrnehmungen, Sehnsüchten und Traumbildern einer Generation, deren Credo sich vielleicht am trefflichsten mit dem Slogan NO FUTURE – MUCH PRESENT überschreiben ließe. Im Hintergrund hämmern die Drums, schrappen die Gitarren. Doch Weidner schaute mit der Zärtlichkeit eines irritierten Romantikers auf diese Welt, die sich ihm bot, in Georgsmarienhütte, wo er 1976 geboren wurde und aufwuchs; in Braunschweig, wo er sein Studium 2004 als Meisterschüler von Prof. Dörte Eißfeldt abschloss; in Los Angeles, Berlin, Frankfurt, Sydney, Kyoto, Peking oder an einem der vielen "namenlosen" Orte dazwischen, an denen er war, um zu fotografieren.
Ob vermeintliche Tristesse der Provinz oder weltläufige Ferne: Weidner rang dem Sichtbaren stets unglaubliche Bilder ab: als wäre es egal, wo man denn sei, wenn denn vor allem sich selbst nah. Geradezu archetypisch scheinen in Weidners Fotografien Schönheit und Vergängliches miteinander zu kollidieren. Unfälle, Krankheit und Tod sind nahezu mystische Naturgewalten und von eben jener phantastisch-magischen Schönheit, die auch den brutalsten Schicksalsschlägen eigen ist. Farbe entsteht aus aufblitzendem, glitzerndem, vergehendem Licht, Körper stürzen oder fallen oder hängen oder schwingen sich auf oder sind auf irritierende Weise ineinander verschränkt.
Die Erfahrung der strukturellen Unbeherrschbarkeit des Seins ist vielleicht das Grundthema, das sich durch das Werk von Sascha Weidners zieht: Die menschliche Existenz ist geworfen in Schönheit. Sie ist konfrontiert mit Bildern, die sie produziert, derer sie Teil ist, die sie zerstört, aus denen sie, "einfach so", wieder verschwindet. Eine stille Melancholie paart sich hier mit einem lebensbejahenden Überschwang. Rainer Maria Rilke mag Bruder im Geiste sein: mit "Bleiben ist nirgends", entnommen seinen Duineser Elegien, ist denn auch eine frühe Arbeit Sascha Weidners überschrieben.
Weidners Fotografien sind wie Songs, deren Poesie Erinnerungen und Sehnsüchte aufsaugen. Und wie er sie präsentierte: Mal versammelte er sie im Format eines Langspielplattenbeihelfts, mal bot er, wie 2009 in einer Ausstellung im Fotomuseum Braunschweig, seine Bilder dem Publikum im Tausch gegen Bildassoziationen. Er wollte wissen, "Was übrig bleibt", (so der Titel der Ausstellung) – welche Worte, welche Bilder.
Florian Ebener wies darauf hin, dass sich Sascha Weidner die von Wolfgang Tillmans eroberte Freiheit, den Kanon des Fotografier- und Ausstellbaren zu erweitern, Vorgefundenes und Inszeniertes miteinander zu verschränken, wie kaum ein anderer seiner Generation zu Eigen gemacht hatte.
Für die Ausstellung "the presence of absence" in der Galerie CONRAD Ende 2014 fotografierte Sascha Weidner unter anderem am Fuß des Berges Fuji im Sterbewald Aokigahara jene Fäden, die den Todessehnsüchtigen, so sie es sich anders überlegen, den Weg zurück ins Leben weisen. Er selbst starb am 9. April 2015 während der Arbeit an einem neuen Projekt in Ostfriesland.
Das Sprengel Museum Hannover schätzt sich glücklich, 2016 eine umfangreiche Schenkung aus dem Nachlass des Künstlers erhalten zu haben. Aus dieser Schenkung heraus und in Korrespondenz mit von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung erworbenen Werken wird die erste umfangreiche Ausstellung Sascha Weidners in einem Kunstmuseum entwickelt.