[AN-]SICHTEN: Vom Umgang mit der Wirklichkeit
Gregory Crewdson » Thomas Demand » VALIE EXPORT » Joan Fontcuberta » Anton Henning » David Hockney » Barbara Klemm » Rosemary Laing » Louise Lawler » Ville Lenkkeri » Barbara Probst » Michael Schäfer » Helen Sear »
Exhibition: 29 Sep 2017 – 6 Jan 2018
ART FOYER DZ BANK
Platz der Republik
60265 Frankfurt (Main)
Tue-Sat 11-19, Thu 11-20
Kunststiftung DZ BANK
Platz der Republik
60325 Frankfurt (Main)
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Tue-Sat 11-19
[AN-]SICHTEN. Vom Umgang mit der Wirklichkeit
mit Gregory Crewdson, Thomas Demand, Valie Export, Joan Fontcuberta, Anton Henning, David Hockney, Barbara Klemm, Rosemary Laing, Louise Lawler, Ville Lenkkeri und Helen Sear sowie Neuerwerbungen von Barbara Probst und Michael Schäfer
Ausstellung: 29. September 2017 bis 6. Januar 2018
28 Arbeiten von dreizehn internationalen Künstlern, welche die Wahrnehmung gleich in mehrfacher Hinsicht infrage stellen, sind in der Ausstellung ""[AN-]SICHTEN: Vom Umgang mit der Wirklichkeit" zu sehen.
Das Ausstellungsformat "[AN-]SICHTEN" wird jeweils von einem Gastkurator aus einem anderen Kulturbereich gestaltet. In diesem Jahr wurde Thomas Rietschel, ehemaliger Präsident der
Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Frankfurt, eingeladen, eine Ausstellung aus der
DZ BANK Kunstsammlung zu kuratieren. Thomas Rietschel hat Fotografien der Sammlung
ausgewählt, die auf unterschiedliche Weise das Spannungsfeld aufzeigen zwischen einer
vermeintlich objektiven Wirklichkeit und dem, was sie als scheinbare Realität darstellen. Ein Thema,
das durch die gesellschaftspolitische Diskussion um "Fake News" gerade einen aktuellen Bezug
erhält.
Thomas Rietschel empfiehlt, die Ausstellung als kleine Übung im vielfältigen Umgang mit der
Wirklichkeit zu sehen und stellt die Arbeit "Exposure #56, NYC, 428 Broome Street, 06.05.08,
1:42 p.m." von Barbara Probst (*1964 in München) ins Zentrum. Darin zeigt die Künstlerin eine Szene, die zur selben Zeit von zehn im Raum verteilten Kameras aus zehn Perspektiven fiktiver Zeugen fotografiert wurde. Alle nehmen einen anderen Ausschnitt derselben Szene auf. Doch statt
einen umfassenden Eindruck der Realität zu erhalten, entfernt sich damit der Betrachter von der
einen Wirklichkeit.
Pressefotografien sind der Versuch, eine größtmögliche Annäherung an die Realität zu schaffen und
sollen Zeitgeschehen dokumentarisch abbilden. Barbara Klemm (*1939 in Münster) war von 1970 bis 2005 Redaktionsfotografin der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Ihr gelingt es, Bilder entstehen zu lassen, die als Schlüsselmomente der Geschichte gelten und sich ins kollektive Bildgedächtnis einprägen.
Auch Thomas Demand (*1964 in München) hat einen Bezug zur Pressefotografie: Er baut berühmte Tatort- und Pressefotografien detailgetreu aus Papier nach, um sie dann zu fotografieren. Die Arbeit "Büro" bezieht sich auf ein Zeitungfoto vom 15. Januar 1990, als Bürger der liquidierten DDR das Hauptquartier der Staatssicherheit in Berlin stürmen. Überall im Büro liegen durchwühlte Akten und Blätter, die im Nachbau bei Demand jedoch unbeschrieben sind.
Das Bildmaterial aus dem Internet, das Michael Schäfer (*1964 in Sigmaringen) als Ausgangsbasis dient, stammt oft vom Portal „LiveLeak – Redefining the Media“, das Videos von Betroffenen und Zeugen eines Geschehens zeigt. Die zumeist aus Kriegsregionen stammenden Bilder bearbeitet er nach und überschneidet sie mit subjektiven Alltagssituationen. Als derart umdefinierte Vorlagen schleust er sie erneut in die Bilderflut ein.
Ville Lenkkeri (*1972 in Oulu, Finnland) beschäftigt sich mit der Tatsache, dass der Mensch Gefallen daran hat, sich auf unterschiedliche Weise selbst Realität vorzuspielen. In den simulierten Wirklichkeiten, die er beispielsweise in Dioramen in Naturkundemuseen oder Wachsfiguren-kabinetten fotografiert, verstärkt die Anwesenheit einer Person das raffinierte Spiel zwischen Realität und Fiktion.
Die großformatigen Fotoarbeiten des amerikanischen Künstlers Gregory Crewdson (*1962 in Brooklyn, USA) werden oft als unheimlich, mysteriös und fantastisch beschrieben. Der Künstler betont immer wieder, dass seine Bilder von einer Psychologie beeinflusst sind, die auf Sigmund Freuds Aufsatz "Das Unheimliche" (1919) zurückgeht. In seinen aufwendigen Inszenierungen, die wie Filmstandbilder wirken, ist kein Detail zufällig, keine Pose und Geste unbeabsichtigt.
Louise Lawler (* 1947 in Bronxville, New York, USA) zeichnet in ihrer Arbeit "Add To It (E)" die Entwicklungen und Wechselwirkungen zwischen Fotografie und Malerei nach. Durch das Ablichten von Kunstwerken unter Einbeziehung des Ortes thematisiert Lawler die Wahrnehmung von Kunstwerken. Auf der ersten Ebene fotografierte sie die Hängung einer eigenen Arbeit in einer Ausstellung 2003 im Portikus Frankfurt. Auf dieser Fotografie ist Gerhard Richters "Ema – Akt auf einer Treppe" von 1966 auf dem Boden gegen die Wand gelehnt im New Yorker MoMA zu sehen. Richter wiederum wurde zu seinem Bild durch Marcel Duchamps Malerei "Akt, eine Treppe herabsteigend Nr.2" aus dem Jahre 1912 inspiriert. Und Duchamp bezieht sich auf Eadweard Muybridges Serienfotografie "Woman Walking Downstairs" von 1887.
Ähnlich wie Lawler stellt auch David Hockney (*1937 in Bradford, England) Malerei und Fotografie einander gegenüber. Er präsentiert auf seiner Fotografie eine Vase mit Blumen neben einem Gemälde, welches nahezu exakt dasselbe Motiv wiedergibt.
Am Donnerstag, 16. November um 18 Uhr findet im ART FOYER nach einem Impulsvortrag von Thomas Rietschel eine Podiumsdiskussion unter dem Titel "Vom Umgang mit der Wirklichkeit" statt. Das Gespräch mit Gregor Ade (Brand Consulting), Gerhart Baum (Politiker), Barbara Klemm (Künstlerin) und Michael Schäfer (Künstler) moderiert Felix Hoffmann, Kunsthistoriker und Hauptkurator C/O Berlin Foundation.
Kuratorenführungen:
Dienstag, 31. Oktober um 15 Uhr mit Thomas Rietschel
Freitag, 24. November um 17.30 Uhr mit Dr. Christina Leber, Leiterin der DZ BANK Kunstsammlung
Donnerstag, 21. Dezember um 19 Uhr mit Thomas Rietschel