Sighard Gille »
Camera obscura
Exhibition: 5 Jun – 18 Aug 2019
Tue 4 Jun 18:00
Stadtgeschichtliches Museum Leipzig
Böttchergässchen 3
04109 Leipzig
0341-965130
stadtmuseum@leipzig.de
www.stadtgeschichtliches-museum-leipzig.de
Tue-Sun 10-18
Sighard Gille
"Camera Obscura"
Ausstellung: 5. Juni bis 18. August 2019
Eröffnung: Dienstag, 4. Juni, 18 Uhr
Es scheint, als sei die Zeit stehen geblieben. Lassen Sie sich in ein Leipzig entführen, das Bekanntes verfremdet und Sie mit einer neuen Sicht durch die Stadt wandeln lässt.
In der Ausstellung "Sighard Gille. Camera obscura" präsentiert der bekannte Leipziger Maler (*1941) eine umfassende Schau seines fotografischen Werks mit der Lochkamera. Die Liebe Gilles zum Medium der Fotografie reicht weit zurück. Vor seinem Studium 1965 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig absolvierte er eine Ausbildung zum Fotografen. Schon als Kind faszinierte ihn ein physikalisches Spielbuch mit Fotografien und einer Anleitung der Camera obscura so sehr, dass er diese Technik unbedingt selbst ausprobieren wollte.
Die Camera obscura (lat. camera "Gewölbe"; obscura "dunkel") gilt als einer der ersten Apparate zum Projizieren von Bildern. In einem dunklen Raum fällt durch ein kleines Loch etwas Licht. Das außen platzierte Objekt wird mittels der von ihm reflektierten Lichtstrahlen durch das Loch auf die gegenüberliegende Innenseite des Raumes projiziert. Dort wird es kopfüber und spiegelverkehrt sichtbar.
Gille beschäftigt sich seit 1989 intensiv mit der Frühform der Camera obscura: der Lochkamera. Statt eines Objektivs besitzt diese nur eine winzige Öffnung als Lochblende. Durch diese wird ein Rollfilm dahinter belichtet. Lochdurchmesser, Intensität des Lichtes und Belichtungsdauer beeinflussen diesen Prozess maßgeblich. Vor allem die Verfremdung bekannter Objekte, welche durch die signifikante Weichzeichnung der Lochkamera entsteht, fasziniert Gille. Typisch ist auch das Prinzip, dass die Lochkamera Bewegungen nicht darstellt. Die Unschärfe ist charakteristisch für diese Technik.
Zuerst mehr ein Protest gegen den High-Tech-Wahn der Zeit, gelang es Gille, mit der Lochkamera ernstzunehmende Kompositionen zu schaffen. Beginnend mit den Fotografien, die während seiner ersten New York-Reise 1996 entstanden, zeigt die Ausstellung rund 60 Werke aus den Städten Rom, Jerusalem, London und Hamburg, wobei er die Konstruktion der Kamera immer wieder modifizierte. Die rund 60 Lochkamerafotos mit Leipziger Motiven werden erstmals präsentiert. Gilles Fokus liegt darauf, Vertrautes zu verfremden und zu einem veränderten Blick auf Altbekanntes anzuregen.
Einige Fotografien in der Ausstellung wurden zudem von Gille übermalt. Zwischen Malerei und der Arbeit mit der Lochkamera sieht der Künstler starke Parallelen und Wechselwirkungen. Die Lochkamera reduziert, nimmt weg, vereinfacht. Die Unschärfe dominiert und die Reduktion auf Hell-Dunkel, auf das Wesentliche, ist ausschlaggebend. Das Bindeglied zwischen Malerei und Lochkamera sieht der Künstler darin, dass das Wesentliche durch Reduktion herausgearbeitet wird.
Mit rund 120 Fotografien setzt Gille die Wirkungsweise der Lochkamera kreativ um, überrascht durch die Verfremdung von bekannten Motiven und eröffnet dadurch dem Betrachter neue Ausdrucksformen und Blickwinkel für eine intensivere Auseinandersetzung mit der Stadt.
Zur Ausstellung erscheint ein Begleitbuch: Sighard Gille: Camera Obscura. Leipzig, Stadtgeschichtliches Museum Leipzig, Hrsg: Anselm Hartinger. Leipzig 2019, ISBN 78-9100034-82-2