Karlheinz Weinberger
"Sports"

Ausstellung: 9. März bis 19. Mai 2019
Eröffnung: Freitag, 8. März, 18.30 Uhr

Mit den Bildern von Halbstarken ist Karlheinz Weinberger (1921–2006) als Fotograf weltweit bekannt geworden. Die Ausstellung zeigt nun erstmals Weinbergers Fotografien zum Thema Sport und macht einen bisher wenig bekannten Werkaspekt sichtbar. Eine Entdeckung! Neben den Reportagen über Schwingfeste, Ringerwettkämpfe oder Motorradrennen lassen die Fotoserien zum Wrestling und Body Building wiederum Weinbergers besonderes Interesse für Subkulturen erkennbar werden. Die Ausstellung wird erweitert mit einer schönen Auswahl aus Weinbergers Fotodokumentation über die Halbstarken.

"Meine Hobby-Spezialitäten: das individuelle Porträt und das Aussergewöhnliche" - so steht es auf Karlheinz Weinbergers Visitenkarte geschrieben und es zeigt seinen besonderen Zugang zur Fotografie an. Das Aussergewöhnliche hat das gesamte Werk dieses Nonkonformisten der Schweizer Fotografie massgeblich geprägt. Seinen Lebensunterhalt hat er sich als Lagerist bei Siemens-Albis verdient, die Fotografie ist aber weit mehr geworden als eine "Hobby-Spezialität".

Hinterlassen hat Weinberger ein riesiges Fotoarchiv mit weit mehr als über 50‘000 Bildern, die deutlich machen, dass für ihn die Grenzen zwischen Passion und Obsession fliessend waren.

Als Dokumentarist verschiedener subkulturellen Bewegungen hat er einen wichtigen Beitrag innerhalb der Schweizer Fotografie geleistet. Mit seinen Bildern von Jugendlichen, Halbstarken und Rockern wurde er seit der Ausstellung im Museum für Gestaltung im Jahr 2000 schlagartig über die Schweiz hinaus bekannt. Dieser Aspekt darf auch in der Ausstellung am Museum im Bellpark nicht fehlen. Im Untergeschoss ist eine eindrückliche Auswahl aus der Dokumentation der Halbstarken zu sehen. Der Fokus der Bellpark-Ausstellung liegt jedoch auf Weinbergers Sportfotografie, womit ein bisher wenig bekannter Werkaspekt erstmals umfassend sichtbar gemacht wird. Mit einem Anteil von etwa einem Zehntel sind die Sportbilder ein bedeutender Aspekt innerhalb des Gesamtwerkes. Dieses bisher unbekannte Material ist als eine wahre Entdeckung zu werten. In der von Reto Caduff herausgegebenen Publikation "Sports" wurden Teile davon jüngst erstmals veröffentlicht.

Im Unterschied zu seinen anderen Fotografien sind die Sportbilder zumeist als Auftragsarbeiten für verschiedene Sportzeitungen entstanden; hauptsächlich für die Vereinszeitschrift "SATUS Sport", dem Organ des Schweizerischen Arbeiter-Turn- und Sportverbandes, in dem er selbst Mitglied war. Weinbergers Interesse an der Welt des Sports reicht bis in die 1950er Jahre zurück und setzt ein mit Bildern von Gewichthebern, die er im Vereinslokal des Zürcher Athletik-Sportverbands "Adler" aufnahm. Diese Lokale für Kraftsportarten können als Vorläufer der heute beliebten Fitnesscenter betrachtet werden. Der "Adler" speziell war ein Arbeiterclub, in dem sich Sportler mit Migrationshintergrund aufhielten.

Die Auswahl zeigt schwerpunktmässig Bilder aus den 1960er Jahren; darunter auch die eindrückliche Reportage über die Motorradweltmeisterschaft am Sachsenring von 1962. Sein Hang zu "aussergewöhnlichen" Themen zeigt sich auch in den Reportagen über „Catching“-Veranstaltungen, wie sie im Hallenstadion Zürich stattfanden, oder über Bodybuilding-Wettbewerbe in der Schweiz und im Ausland. Weinberger fotografierte aber auch an Schwingfesten und bei Ringer-Wettkämpfen. Sein besonderes Interesse an den Schweizer Nationalsportarten vermag einerseits zu überraschen; es war ihm anderseits aber ein grosses Anliegen, wie seine persönlichen Kontakte mit Persönlichkeiten aus Schwingerkreisen unterstreichen. Neben dem Fokus auf die Athleten sind diese Bilder zugleich auch gesellschaftliche Momentaufnahmen jener Zeit und verdeutlichen, was Weinberger unter Fotoreportage verstand.

Seine Faszination für eine männliche Körperästhetik und das Ambiente der Vereinslokale und Wettbewerbe ist in den Bildern deutlich spürbar. Im Unterschied zu einem heroisch idealisierten Körperbild will er sich jedoch nicht auf ein einen bestimmten Typus festlegen. Die beinahe romantische Dokumentation des Mannes als Individuum lässt die Fotografien von Karlheinz Weinberger nicht nur künstlerisch völlig eigenständig erscheinen. Sie sind ihrer Zeit auch weit voraus.

Gespräche und Rundgänge im Rahmen der Ausstellung

Sonntag, 24. März 2019, 11.30 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Reto Caduff, Verlag Sturm & Drang, und Hilar Stadler, Leiter Museum im Bellpark

Sonntag, 7. April, 14.30 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Martin Jaeggi, Autor, Kurator und Dozent für Gegenwartskunst und Fotografie, Zürich, und Hilar Stadler

Sonntag, 12. Mai 2019, 11.30 Uhr
Rundgang durch die Ausstellung mit Esther Woerdehoff, Galerie Esther Woerdehoff, und Hilar Stadler