Roland Iselin »
Revisited
Twentysix Gasoline Stations & Troubled Land, 2017 – 19
Exhibition: 28 Mar – 17 Apr 2019
Wed 27 Mar 19:00
KultX Kulturzentrum Kreuzlingen
Hafenstr. 8
8280 Kreuzlingen
Fr 15-20, Sa/So 13-17
Roland Iselin
"Revisited"
Eröffnung: Mittwoch, 27. März 2019, 19 Uhr
Ausstellung: 28. März bis 17. April 2019
Ein Projekt der Kunstkommission der Stadt Kreuzlingen.
Portrait- und Landschaftsaufnahmen durchziehen das Werk des gebürtigen Kreuzlinger Fotokünstlers Roland Iselin. Seit den frühen 1990er Jahren fotografiert er Menschen in unterschiedlichen Situationen und durchstreift Kulturlandschaften nach besonderen Begebenheiten vornehmlich in seinem Heimatland wie in den Vereinigten Staaten. Ansporn für seine Fotografien im dokumentarischen Stil sind außer den bildästhetischen Ansprüchen immer auch Neugier und Entdeckerlust. In seinen jüngsten Motivreihen kommt eine weitere Komponente dazu. Er begibt sich auf die Spuren von zwei geschätzten Künstlerkollegen: Ed Ruscha, der Mitte 1960 in der Serie "Twentysix Gasoline Stations" Tankstellen auf der berühmten Route 66 ins Visier nahm und Paul Graham, der sich Ende 1980 mit "Troubled Land" dem Bürgerkrieg in Nordirland widmete. Sich mit dem Werk anderer Künstler zu beschäftigen, ist eine gängige Ausdrucksform für zeitgenössisches künstlerisches Schaffen und wird dem weiten Feld der Appropriation Art zugerechnet. Vergleichbar der Kunst der Aneignung zitiert Iselin die Projekte der beiden Künstler, erweitert sie mit eigenen Entdeckungen und legt seine persönliche Sicht darüber.
Während Ruscha auf seiner Fahrt zwischen Oklahoma City und Los Angelos 26 Tankstellen, wie damals üblich, in Schwarzweiß fotografierte, gibt uns Iselin ein aktuelles Bild von diesen Orten in Farbe. Die historische Route ist nur in Teilstücken erhalten geblieben, die Streckenführung wurde verändert und durch größere Straßen wie Interstates ersetzt. Auch die von Ruscha abgelichteten Zapfsäulen gibt es bis auf Ausnahmen nicht mehr. Die Umgebung hat sich verändert. Nicht nur neue Tankstellen entstanden, es säumen inzwischen auch viele Imbissbuden, Restaurants, Vergnügungsetablissements, Motels und Waschanlagen die Straßen. Und so sehen wir in Iselins großformatigen Aufnahmen alles was das Unterwegssein mit dem Auto heutzutage ausmacht. Es ist eine Annäherung an Amerika von den Rändern her, dort wo es viel zu entdecken gibt. Die Aufnahmen sind in einem Künstlerbuch zusammengefasst, vergleichbar der Publikation Ruschas.
Graham ist Fotograf, im Gegensatz zu Ruscha, der eigentlich Maler ist. Er gehört zu den ersten, die vor rund 35 Jahren mit der Farbe experimentieren und die Dokumentarfotografie beleben und zur Kunstform aufwerten. Grahams Farbaufnahmen sind präzise und neutrale Beobachtungen des nordirischen Konfliktes. Eingebettet in idyllisch wirkende Landschaften, sieht man erst auf den zweiten Blick, dass sich auf den Wänden, Straßen und Dächern wie in der Natur auch politische Statements wie Schriftzüge, Embleme und Fahnen befinden – Zeichen des mörderischen Konflikts.
30 Jahre später besucht Iselin die gleichen Dörfer und Städte, um die gegenwärtige Situation Nordirlands nach den jahrzehntelangen Kämpfen zu untersuchen. Bei seinen Aufenthalten entdeckt er, wie ehemalige Parolen übermalt, umgedeutet oder neue angesprüht worden sind und nahelegen, dass der Konflikt trotz Karfreitagsabkommen noch nicht überwunden ist oder durch den Brexit in Gefahr gerät, wiederaufzuleben. In weiten Bildausschnitten mit stillen und friedvoll wirkenden Landschaften und Orten mit proper wirkenden Häuserreihen zieht Iselin den Betrachter ins Bild. Wieder ist es erst der genaue Blick, der Insignien wie eine rote Hand an einem Pfosten, einen Schriftzug „IRA“, ein überpinseltes Graffiti oder Bordsteine mit den Farben der republikanischen Flagge oder der probritischen Unionisten erkennen lässt. Es gibt viele Arten von Zeichen, mit denen Protestanten und Katholiken ihre Zugehörigkeit markieren, meist sind sie in den Arbeiterbezirken zu finden. Iselin nimmt sich zurück, schaut vom Rand her, lässt das Offensichtliche außen vor; auch Menschen sind selten zu sehen, dennoch spürt man ihre Präsenz. Auch für diese Serie ist ein Künstlerbuch geplant, dass sich wie bei Twentysix Gasoline Stations am Layout der Vorgängerpublikation orientieren wird.
Roland Iselin wurde 1958 in Kreuzlingen geboren, studierte an der Zürcher Hochschule der Künste und der New Yorker School of Visual Arts. Er lebt in Zürich.