Glaube auf Cuba
Joan Alvado » Pep Bonet » Raúl Cañibano » Arien Chang Castán » Sven Creutzmann » Karl Haimel » Alfredo Sarabia, jun. »
Exhibition: 26 May – 3 Jul 2019
Sun 26 May 11:00 - 14:00
Kunsträume der Michael Horbach Stiftung
Wormser Str. 23
50677 Köln
+49 (0)221-29993378
kontakt@michael-horbach-stiftung.de
www.michael-horbach-stiftung.de
Wed+Fri 15:30 - 18:30, Sun 11-14
"Glaube auf Cuba"
7 fotografische Positionen
Im Rahmen von "Sommerblut KulturFestival 2019" in Köln
Ausstellung: 26. Mai bis 3. Juli 2019
Vernissage: Sonntag, 26. Mai, 11-14 Uhr
Anlässlich des Sommerblut Kulturfestivals in Köln - 2019 dem Thema "Glauben" gewidmet - zeigt die Michael-Horbach-Stiftung in ihren Kunsträumen Arbeiten von 7 international agierenden Künstlern. Die gebotenen fotografischen Einblicke lassen keinen Zweifel an der üppigen Vielfalt, die Cubas Glaube und Spiritualität zu bieten hat.
Auf Cuba blüht heute ein breites Spektrum an Glaubensrichtungen, so bunt, wie die Palette der indigenen, afrikanischen und europäischen Wurzeln der Bewohner. In den Kunsträumen der Michael Horbach Stiftung gibt die Fotoausstellung „Glaube auf Cuba“ – die fünfte zum Thema Cuba in diesen Räumen – mit 7 Künstler-Positionen überraschende Einblicke, die vielleicht eine für den Betrachter eher unbekannte Seite Cubas zeigen, "ein anderes Cuba, als uns durch Medien vorgeführt wird".
Der "San Lazaro Kult" auf Cuba (Raum 1)
Der große Eingangssaal der Horbach-Stiftung bildet mit schwarz-weiß-Fotografien den Auftakt der Ausstellung. Drei Künstler tragen den San Lazaro Kult in eindringliche Berührungsnähe an uns heran. Tausende von Anhängern pilgern am 17. Dezember aus ganz Cuba jährlich zum Santuario del Rincon, in das kleine 30 Kilometer von Havanna entfernte Dorf Santiago de la Vega und sammeln auf ihrem Weg "Geld, das dem San Lazaro Lepra-Krankenhaus, zu Gute kommt". Viele von ihnen sind Kranke und Bettler, manche "rutschen über Tage und Wochen auf Knien, kriechen, laufen barfuß und tragen große Steine und schwere Ketten zur Pilgerstätte".
Der ganz eigene Blick der drei Fotografen konzentriert sich auf die körperliche Grenzerfahrung der Glaubensprüfung, schonungslos und unverblümt realitätsnah.
Pep Bonet, ein spanischer Fotograf und Filmemacher, 2015 Fotopreisträger der Michael Horbach Stiftung, ist viel und ausgiebig gereist (nach Haiti, Honduras, Sierra Leone, Cuba) und hat sich mit dem San Lazaro Kult intensiv beschäftigt. In der Ausstellung lassen ausgewählte, sehr persönliche Momentaufnahmen die Pilgerreise zu einem visuellen Erlebnis werden. Angesichts seiner Werke fühlen wir nahezu körperlich nach, wie sich individuelle Glaubensbekenntnisse auf der Pilgerreise in schier unmenschliche Anstrengungen und Leiden manifestieren.
Raul Cañibano, ein kubanischer Fotokünstler, 1961 in Havanna geboren, erhielt 1999 "die bedeutende Auszeichnung des Grand Prix in der National Photography Exhibit Cuba" und war 2009 Fotopreisträger der Michael-Horbach-Stiftung. In Berührungsnähe herangezoomt, nehmen uns Raul Cañibanos Fotografien mit einer geballten Ladung an Spiritualität und Emotionen mit. Die Serie über den "San Lazaro Kult" dokumentiert Hoffnung, Demut, aber auch Verzweiflung und all das, in einem Gefühlsspektrum von zart-menschlich bis brutal-selbstzerstörerisch.
Der österreichische Fotograf Karl Haimel ist seit 1996 immer wieder nach Havanna zurückkehrt. Für ihn ist Cuba eine zweite Heimat geworden. In Karl Haimels fotografischen Szenarien des Pilgerweges zum Santuario werden wir zu stillen Beobachtern des selbst auferlegten Leidens. Eine junge Frau, die sich mit dem Partner auf den Weg macht, hat um ihre Hosenbeine Verbandsmaterial gewickelt, um so lang wie möglich auf den Knien rutschen zu können. Jedes Bild bringt uns ganz nah an die Menschen heran. In jeder einzelnen Fotografie versetzt uns Haimel mit erzählerischem Detailreichtum in die Situation eines Zeugen bedingungsloser Hingabe und Opferbereitschaft.
Zeremonien "cubanischer Christen" und cubanische "jüdische Glaubensgemeinschaft" (Raum 2)
Alfredo Sarabia (Junior),1986 in Ciudad de La Habana geboren und 2017 Fotopreisträger der Michael-Horbach-Stiftung, beobachtet die Zeremonien cubanischer Christen aus nächster Nähe. In beeindruckender Lichtregie, einem Hell-Dunkel, das uns ungefragt zu Voyeuristen macht, lässt er alles nicht fokussierte im Dunkeln, als blickten wir durch ein Schlüsselloch. Seine Serie über cubanische Christen enthüllt ein bislang kaum bekanntes Gesicht der Religionen auf Cuba. In einem zu tiefst gläubigem Land, das vorwiegend katholisch geprägt ist und in dem die afro-cubanische Religion praktiziert wird, erhält das protestantische Christentum wenig Aufmerksamkeit.
Sven Creutzmann, der einzige deutsche Fotograf mit einer dauerhaften Akkreditierung auf Cuba, fotografiert die verschiedenen Religionen auf Cuba praktisch seit seiner ersten Cuba Reise 1988. In einer Auswahl von 8 Fotografien werden Eindrücke zusammengetragen, die auf mehrere Reportagen beruhen, darunter eine für die New York Times. In Havanna gibt es heute drei jüdische Gemeinden mit insgesamt ca. 1000 Mitgliedern. Die größte Synagoge ist der Templo Beth. Spannend fand der Fotograf, "dass Castro den Juden selbst während der grossen Krise der frühen 90er Jahre (nach dem Zusammenbruch der Sowietunion) ihr kosheres Fleisch garantierte".
Muslime auf Cuba (Raum 3)
Der Spanier Joan Alvado arbeitet seit 2008 "im Bereich Dokumentarfotografie, vor allem in Istanbul und Barcelona. Seine Arbeiten werden durch Agenturen wie AFP, Getty Images, Laif, Luz Photo, Redux und Rea vertrieben". Alvados Werke ergänzen die Bandbreite um einen weiteren, noch recht unbekannten Aspekt: Muslime auf Cuba. "Cuba ist eines der letzten Länder in der Welt, in die der Islam eingetreten ist. Doch die Anzahl der Menschen, die den Islam annehmen, hat in den letzten Jahren auf Cuba stetig zugenommen (ca. 3000)". Joan Alvados Serie betont den Gläubigen als Individuum, der einen Weg gegen die Strömung des üblichen Gesellschaftstrends wagt, auf der Suche nach seiner Rolle im Leben.
"Abakuá-Rituale" und die "Santeria-Religion" (Raum 4)
Vor 3 Jahren begann das "Bongó Itá Projekt" zwecks fotografischer Dokumentation der Riten der Abakuá Anhänger auf Cuba, die einzige afro-cubanische Religionsvariante ihrer Art in ganz Amerika. Arien Chang Castans Farbfotografien nähern sich dem Kult, seinen geheimnisvoll-mystischen Ritualen und deren in unseren Augen fremdartigen Opfergaben und kuriosen Utensilien aus anthropologischer Sicht. Seine farbtriefende Serie lebt vor allem von der barock anmutenden Dramatik und Ausdruckskraft und von der symbolischen Aufladung der wie auf einer Bühne in Szene gesetzten Zeremonien.
In Cuba ist die synkretische, afroamerikanische Santeria-Religion weit verbreitet. Sie geht von einer Einheit der katholischen Heiligen (Santos) mit ihren Göttern (Orishas) aus. Mit ihren afrikanisch geprägten Riten vereint diese Religion viele Strömungen. Auch der in der cubanischen Gesellschaft tief verwurzelte Glaube und die Vodoo-Rituale spielen eine wichtige Rolle. Die fotografische Dokumentation Sven Creutzmanns scheint die Rhythmen der Batáa-Trommeln und die Gesänge ertönen zu lassen, mit denen die Orishas angerufen werden und zu denen die Gläubigen tanzen, bis sie in eine Art Trance-Zustand verfallen.
Zur Ausstellung erscheint ein hochwertiger Katalog.