Sarah Strassmann »
Entgrenzte Bilder
Exhibition: 13 Jul – 15 Sep 2019
Fri 12 Jul 19:00
Kunstverein Konstanz
Wessenbergstr. 39/41
78462 Konstanz
07531-22351
info@kunstverein-konstanz.de
www.kunstverein-konstanz.de
Tue-Fri 10-18, Sat/Sun 10-17
Sarah Straßmann
"Entgrenzte Bilder"
Ausstellung: 13. Juli bis 15. September 2019
Vernissage: Freitag, 12. Juli, 19 Uhr
In der Ausstellung "Entgrenzte Bilder" beleuchtet die Künstlerin Sarah Straßmann die Selfie-Fotografie aus unterschiedlichen Perspektiven. Seit fünf Jahren beschäftigt sie sich mit dem Selfie, dem wichtigsten aktuellen Selbstdarstellungsmedium und dessen Zusammenspiel mit Internet und Online-Netzwerken sowie den Folgen für die Bildgestaltung. Dabei hat sie ein umfangreiches Fotoarchiv (DF Portrait Archiv) mit Fotografien aus dem Netz zusammengetragen, interaktive Foto-Video-Installationen entwickelt und generative Fotoverfahren getestet, um Algorithmen zu visualisieren. In der Ausstellung präsentiert sie diese Arbeiten in Werkgruppen wie Alphabet of Stereotypes, DF Portrait Archiv, Portrait Ausschnitte, Scatter Faces und lädt die Besucher zudem zu einer interaktiven Ausstellungsbeteiligung ein.
Im Mittelpunkt der Schau stehen die Selfies junger Mädchen, die Straßmann in ihrem Archiv gesammelt hat. Auf dem Boden verstreut sehen wir hunderte von Papier-Abzügen, auf denen die jungen Frauen sich allesamt mit Kuss-Mund (Duck Face) inszeniert haben. Die beliebte, vermeintlich einzigartige Pose, wird durch die kollektive Verwendung und die Art der Technik zum Klischee. Für die Künstlerin ist das Fotografieren mit Handy-Kameras eine (soziale) Handlung, die der Bespielung von Facebook, Instagram, Snapchat oder Twitter dient.
Dem Konvolut "angeeigneter" Selfies stellt Straßmann eigene Fotografien gegenüber, die das Selfie-Bild wie auch seine Funktionalität und Distribution untersuchen. In der Werkgruppe "Scatter Faces", hat sie mittels eines speziellen Computerprogramms die Kuss-Mund Posen zu Bildern verdichtet, die der ursprünglichen visuellen Anmutung eines Mundes gleichkommen. In "Sterotypes" hat sie präzise und anschaulich, vergleichbar einem Stillleben, Handy-Zubehör wie Helm, Stab oder Stativ ins Bild gesetzt und damit deren Bedeutung bei der Selbstinszenierung betont.
Eine Werkgruppe wurde eigens für die hiesige Ausstellung konzipiert. Sie ist zweigeteilt und beschäftigt sich mit dem noch jungen Phänomen der sog. "Selfie-Points". Innerhalb des Stadtgebiets wurden sieben Selfie-Points eingerichtet. Es wurden Punkte ausgewählt, die auf Instagram besonders häufig als Selfie-Hintergründe in Konstanz fungierten. Die Passanten sind eingeladen ihre Selfies an die Künstlerin zu senden und Teil des Ausstellungsprojekts zu werden. Während der Ausstellung im Kunstverein sind die Fotografien auf einer mehrteiligen interaktiven Monitorinstallation zu sehen. Zusätzlich werden die Selfies auf dem zugehörigen Instagram-Account veröffentlicht. Der zweite Teil zeigt Stadtbilder, die die Künstlerin an den Orten der künstlerischen Intervention aufgenommen hat, wobei sie ihr Augenmerk ausschließlich auf den Bildhintergrund legte. Ohne das Selfie im Vordergrund rückt der Hintergrund in den Fokus unserer Wahrnehmung. Die Motive werden, betont durch große Formate, in der Ausstellung zu "Indoor-Selfie-Points", und die Besucher sind wiederum eingeladen, mit ihren Selfies am künstlerischen Projekt zu partizipieren.
Mit ihrer Arbeit illustriert die Künstlerin, dass es beim Selfie nicht um das eigene Bild geht, sondern um den Vorgang des Fotografierens, frei nach René Descartes: Ich fotografiere, also bin ich (da). Vor diesem Hintergrund versteht sich auch das Rahmenprogramm der Ausstellung. Die Künstlerin hat unter dem Arbeitstitel "Hack yourself and your selfie!" einen künstlerischen Workshop mit Schülern und Schülerinnen der 10. Klasse des Alexander-von-Humboldt Gymnasiums in Konstanz durchgeführt. Die Ergebnisse dieser Kooperation werden in der Ausstellung gezeigt.
Neben einer kritischen Betrachtung der Selfie-Fotografie ist ein Ziel dieser Ausstellung auch Passanten, Besucher, Internetsurfer und Schüler in das Projekt einzubeziehen. Kunst und Kultur soll nicht nur erfahrbar gemacht werden, sondern auch zum Mitgestalten anregen.
Sarah Straßmann ist Fotografin und Künstlerin. Sie wurde in Ostwestfalen geboren und lebt seit 2012 in Berlin. Sie studierte Fotografie und Medien in Bielefeld, war Master-Studentin bei Emanuel Raab und promovierte an der Bauhaus Universität Weimar. Straßmanns Arbeiten wurden international gezeigt, darunter Haus der Fotografie - Deichtorhallen Hamburg, Art Foyer DZ Bank - Kunstsammlung Frankfurt, Goethe Institut Washington DC, Fotomuseum Winterthur, Neues Museum Weimar, Museum für Angewandte Kunst Köln, KW - Kunstwerke Berlin, Stadtmuseum Münster, f/Stop Festival Leipzig, European Media Art Festival EMAF Osnabrück. Mit ihrer Arbeit "The Void" war sie Gewinnerin bei dem Wettbewerb "gute aussichten – junge deutsche Fotografie 2008/09".