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Deutschland Übergestern
Dario-Jacopo Laganà: "Deutschland Übergestern"

Dario J Laganà »

Deutschland Übergestern

Radikale Veränderungen am Arbeitsplatz nach der Wende

Artist Talk:

Thu 12 Dec 19:00

Fotogalerie Friedrichshain

Helsingforser Platz 1
10243 Berlin

+49 (0)30-2961684


www.fotogalerie.berlin

Tue-Sat 14-18, Thu 10-20

Der Fall der Berliner Mauer hat viele verschiedene Geschichten hervorgebracht, von denen einige so spezifisch und komplex sind, dass sie eine profunde Kenntnis der deutschen Geschichte erfordern, um verstanden zu werden. Bei der Konzeption von Projekten, die sich mit historischen Themen beschäftigen, ist es notwendig die richtige Balance zwischen geschichtlicher Präzision und emotionaler Zugänglichkeit zu finden, um das Interesse des Betrachters zu wecken.

Das fotografische Projekt "Deutschland Übergestern" (gefördert durch die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur) untersucht die Geschichten jener Menschen, die nach dem Fall der Mauer mit ihrer bisherigen Berufsbiografie nicht in das neue System passten, ihren Arbeitsplatz und ihre Karriere drastisch verändern und ihr früheres Leben hinter sich lassen mussten.

Der italienische Fotograf Dario-Jacopo Laganà hat nach ausführlicher Recherche zu Arbeits- und Industriekultur der DDR und Nachwendezeit einige dieser Menschen besucht. In der Ausstellung rekonstruiert er in fotografischen Portraits und Interviews eine Reihe von diesen persönlichen Lebenswegen, die dem Leser und dem Betrachter diesen Teil der deutschen Geschichte und deren Protagonisten näher bringen. Jeder, der gearbeitet hat oder noch im Arbeitsleben steht, kann sich leicht mit dieser Art von Geschichten identifizieren. Die universelle Konnotation von Arbeit kann von jedem Menschen verstanden werden, ohne das spezifische Wissen über die sozialpolitischen Umstände, die die Ereignisse nach dem Fall der Mauer charakterisiert haben.

Neben den radikalen Veränderungen, die als negative Veränderungen für das Berufsleben angesehen werden können, gibt es auch Fälle, in denen der Bruch mit der Vergangenheit und die Wiedervereinigung eine positive Wendung und neue Chancen gebracht haben. Unter anderem finden Sie Geschichten von Menschen, die vor der Wende Regenschirme repariert haben und jetzt eine Transportfirma führen, ein ehemaliges Mitglied der NVA, das heute eine Tankstelle betreibt, eine Professorin und Dekanin einer westdeutschen Universität, der in der DDR das Studium verwehrt wurde, die Kontinuitätsgeschichte von Carl Zeiss, dem es gelungen ist, die Brüche der Wiedervereinigung zu überwinden oder eine Frau aus Vietnam, die als Vertragsarbeiterin in die DDR kam und heute einen Blumeneinzelhandel betreibt.

Es ist nicht Absicht des Projekts, sich auf Ostalgie, der Verklärung der Vergangenheit zu berufen. Wir sind der Überzeugung, dass eine Wiedervereinigung und vollständige Versöhnung einer Gesellschaft nur durch die Aufklärung der Vergangenheit erfolgen kann, d.h. die Licht- und Schattenseiten ohne Tabus zu betrachten.

Darauf spielt auch der Titel "Deutschland Übergestern" an, ein bewusstes Wortspiel mit den Begriffen Übermorgen und Vorgestern, um eine Verbindung zwischen den Ereignissen zu schaffen, die nach gestern, also dem Fall der Mauer und der Deutschen Wiedervereinigung passiert sind. "Deutschland Übergestern" spielt auch mit einem häufigen Sprachfehler von Kindern und Nichtmuttersprachlern. Damit verweist er auch auf den Autor des Projektes und seine Perspektive als Italiener auf die Deutsche Geschichte und Gegenwart.

Dario-Jacopo Laganà ist ein italienischer Fotograf, der seit 2010 in Berlin lebt. Sein Interesse gilt fotografischen Projekten, die das Verhältnis von deutscher Geschichte und Gesellschaft untersuchen. Er war Co-Autor und Projektkoordinator von "We Will Forget Soon" (www.wewillforgetsoon.com), einem dokumentarisch-fotografischen Forschungsprojekt auf den Spuren der sowjetischen Armee in der ehemaligen DDR. In 3 Jahren ist er hierfür rund 8000 km gereist, hat mehr als 300 Standorte dokumentiert und ein Archiv mit über 10.000 Fotos angelegt. Daraus entstanden sind einem Buch sowie einer Wanderausstellung (8 Städte), die 2015 Teil des offiziellen Programms der Berlin Art Week war.

Neben seinem Interesse für Geschichte erforschte Laganà die Beziehung zwischen menschlichen Emotionen ("Emotional Entropy") und ihrer visuellen Repräsentation in der Fotografie in mehreren experimentellen Portraitprojekten. In dem biografischen Projekt "Deutschland Übergestern "führt er diese beiden Aspekte seiner fotografischen Arbeit zusammen.

Weitere Informationen: www.norte.it/due