DF 11/12: Dokumentarfotografie
Förderpreise der Wüstenrot Stiftung
Alina Schmuch & Franca Scholz » Susanne Hefti » Christian Kasners » Jiwon Kim » Jens Klein » Joscha Steffens » Andrzej Steinbach » Malte Wandel » & others
Exhibition: 12 Jan – 8 Mar 2020
Sat 11 Jan 17:00 - 21:00
HAUS am KLEISTPARK
Grunewaldstr. 6-7
10823 Berlin
Tue-Sun 11-18
Haus am Kleistpark
Grunewaldstr. 6-7
10823 Berlin
+49 (0)30-902776964
hausamkleistpark@ba-ts.berlin.de
www.hausamkleistpark.de
Tue-Sun 11-18
DF 11/12: Dokumentarfotografie
Förderpreise der Wüstenrot Stiftung
Mit Arbeiten von Susanne Hefti, Christian Kasners, Jiwon Kim, Jens Klein, Alina Schmuch & Franca Scholz, Joscha Steffens, Andrzej Steinbach, Malte Wandel
Ausstellung: 12. Januar bis 8. März 2020
Eröffnung: Samstag 11. Januar, 17-21 Uhr
Einführung durch die Kuratorinnen Christin Müller und Stefanie Unternährer
Ausstellungsrundgang, Sonntag 12. Januar und Sonntag 8. März, jeweils 15 Uhr
mit Künstler_innen und Kuratorinnen
Das Haus am Kleistpark und die Wüstenrot Stiftung stellen die Werke junger Künstler_innen vor, die im Rahmen der Dokumentarfotografie Förderpreise 11 und 12 entstanden sind. Die Ausstellung vereint vielfältige Arbeiten, für die sich die Fotograf_innen mit der politischen und sozialen Verfasstheit unserer Welt auseinandersetzten. Methodisch, formal und technisch loten sie auf die auslaufenden Grenzen einer fotodokumentarischen Wirklichkeit aus. Inhaltlich stehen Geschichte und Gegenwart von Migrationsbewegungen, politische Bruchlinien des 21. Jahrhunderts sowie die Auseinandersetzung mit dem Individuum im Fokus.
Der Dokumentarfotografie Förderpreis der Wüstenrot Stiftung ist die bedeutendste Auszeichnung dieser Art in Deutschland. Er richtet sich an Fotograf_innen, die sich mit Themen der realen Lebenswelt beschäftigen und mit zeitgenössischen Mitteln die Repräsentationsfunktion der Fotografie immer neu definieren.
In ihrer Multimedia-Installation Kosovo – A Truly Non-Affirmative Research beschäftigt sich Susanne Hefti (*1984, lebt in Zürich) mit den sozialen, wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen des Kosovo-Konflikts. Sie widmet sich mit der Arbeit den Konsequenzen, die die überstürzte Einführung des Kapitalismus und die Liberalisierung der Märkte nach dem Zerfall Jugoslawiens für die
Gesellschaft des Kosovo bedeuten. Ihre Aufnahmen von nur scheinbar gewöhnlichen Tankstellen am Straßenrand sind Symptom und Schauplatz dieser Verwerfungen.
Den Titel Gesellschaft beginnt mit drei entlieh Andrzej Steinbach (*1983, lebt in Berlin und Leipzig)
einem gleichnamigen Essay Ulrich Bröcklings. Darin plädiert der Soziologe dafür, Gesellschaft als Triade, also Beziehung von mindestens drei Beteiligten zu verstehen. In seinen 35 Portraits abstrahiert Steinbach Posen, Kleider, Gestik und Mimik von drei Personen und setzt sie immer wieder neu zusammen. Die Arbeit hinterfragt so Repräsentationsformen, Identitätskonstruktionen, Beziehungen, Hierarchien und Prinzipien sozialer Kodizes.
Mit seiner Serie Nová Evropa setzt sich Christian Kasners (*1983, lebt im Ruhrgebiet und Leipzig) mit den historischen Hinterlassenschaften und politischen Erwartungshaltungen der
Bürger in Tschechien und deren Auswirkungen auf die Idee eines vereinten Europa auseinander. In der Stadtlandschaft und ihrer Möblierung, auf politischen Plakaten und Werbetafeln, in Konsumartikeln
und der Nutzung des öffentlichen Raums manifestieren sich gegensätzliche ideologische und politische Ideen. Einen Widerhall finden Kasners Fotografien in einer Textarbeit, die pointiert verschiedene Vorstellungen der europäischen Idee seit dem 19. Jahrhundert vorstellt.
Mit Jiwon Kim (*1982, lebt in Berlin) begeben wir uns auf die Suche nach dem Paradies. Ein
flüchtiger Bekannter der Künstlerin benennt Costa Rica als absolut schönsten Ort der Welt. Daraufhin reist Kim für ihre Arbeit Paradise Complex in das mittelamerikanische Land. Sie findet in den Landschaften real gewordene Idealvorstellungen ebenso wie abgründige Ausformungen der Paradiessehnsucht. Diese übersetzt sie in eine poetische und humorvolle Installation aus Fotografien, einer Videoarbeit in einem Surfbrett und bedruckten Kaffeebechern.
Die Werkgruppe Sunset von Jens Klein (*1970, lebt in Leipzig) zeigt in einem labyrinthischen visuellen Essay vermeintliche Orte der Flucht. Die Fotografien stammen ursprünglich aus dem Archiv der
Behörde des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (BStU-Archiv). Sie wurden von Mitarbeiter_innen der Staatssicherheit, von der Polizei und Grenzsoldaten zwischen 1961 und 1989 aufgenommen. Es sind protokollartige, visuelle Notate der Überwacher, in denen die Täter- und Opferperspektive, Dokumentation und Imagination aufeinandertreffen. Der Titel der Arbeit verweist auf die Fluchtrichtung und erinnert so an die mit dem Westen verbundenen, abstrakten Vorstellungen von Wohlstand und Freiheit.
Für ihr Filmprojekt We can besuchten Alina Schmuch (*1987, lebt in Berlin) und ihre Projektpartnerin Franca Scholz (*1988, lebt in Düsseldorf) mehrere Aufnahmeeinrichtungen für Flüchtlinge in Deutschland. Der Dokumentarfilm zeigt die Leere vor der Ankunft von Geflüchteten, temporäre
Unterkünfte, Umnutzungen von historischen Gebäuden, aber auch die Gespräche unterschiedlicher Gruppen, die sich zu dem Thema positionieren. So liefert die Arbeit ein nüchternes und schlichtes Zeitdokument zu einer der größten Herausforderungen für die Bundesrepublik in der jüngsten Zeit.
Mit seinem Projekt Nexus widmet sich Joscha Steffens (*1981, lebt in Amsterdam) dem Phänomen von Jugendlichen, die über ihr gemeinsames Spiel zu einer (quasi-)religiösen Erfahrung einer Glaubensgemeinschaft gefunden haben. Er fotografiert die Protagonisten des Gamingkults am Übergang von ihrem virtuellen Dasein als scheinbar allmächtiger Avatar zu der Rückkehr in die Realität – genau an dem Moment, wo sie im maßlosen kollektiven High des Spiels herausgeworfen werden und mit den Fähigkeiten ihres tatsächlichen Körpers und Bedingungen der Alltagswelt konfrontiert sind.
Mit der Geschichte afrikanischer Vertragsarbeiter in der DDR und deren Schicksal nach der Wende 1989 beschäftigt sich Malte Wandel (*1982, lebt in München) seit über zehn Jahren. Für Sarah,
Miguel und Jamal begleitete er zwei Jahre lang drei Nachkommen mosambikanischer Vertragsarbeiter. Auf eine sehr persönliche Art dokumentiert die Arbeit Spuren ihrer Existenz. Sie gewährt einen Blick auf ein unerschöpfliches und sich ständig erweiterndes Konvolut an Portraits, Familienbildern, Briefen, Dokumenten und diversen Objekten.