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Cortorar Gypsies
Irina Ruppert: aus der Serie "Cortorar Gypsies"

Irina Ruppert »

Cortorar Gypsies

Exhibition: 23 Aug – 22 Sep 2020

St. Joseph Kirche

Hammer Strasse
48153 Münster

+49 (0)162


www.irinaruppert.de

Mon-Sun 8-18

Cortorar Gypsies
Irina Ruppert: aus der Serie "Cortorar Gypsies"

Irina Ruppert
"Cortorar Gypsies"


Ausstellung: 23. August bis 22.9.2020

Als Wissenschaftler kommt man bei der Porträt-Fotografie um den französischen Philosophen Roland Barthes nicht herum, der vier Kriterien für das Porträt formuliert hat: Ich bin der, für den ich mich halte. Ich bin der, für den ich gehalten werden möchte. Ich bin der, für den der Fotograf mich hält. Ich bin der, dessen der Fotograf sich bedient, um sein Können zu zeigen. Die meisten Fotografen erfüllen einen der Punkte. Auf Irina Rupperts Arbeit treffen alle vier zu. Sie kapriziert sich nicht auf einen Punkt.

Die Fotografin trennt den Betrachter von dem, was wir zu kennen und zu wissen meinen: Elend, Schmutz, Chaos. Das sieht man sonst immer auf Bildern über Roma. Hier nicht. Man weiß zwar: Wo die von ihr porträtierten Menschen leben, da sind Elend und Schmutz ganz nah, aber es wird einem nicht aufgedrängt. Auf allen Bildern versucht sie, den Menschen einen Stolz zurückzugeben, den sie seit dem Fall des Kommunismus 1989 verloren hatten. Mehr noch: Sie lässt die Menschen ihren eigenen Stolz entwickeln. Es sind würdige Arme. Und diese Würde muss erst einmal hergestellt werden. Das gelingt meiner Ansicht nach dadurch, dass Ruppert die Porträtierten zwar in ihrem Dorf fotografiert, sie aber durch die Leinwand von ihrer Umwelt trennt und heraushebt. Die Nähe und Distanz, die sie so herstellt, erzeugt Ambivalenz, nicht Gewissheit. Das sind Menschen wie wir. Sie leben zwar in einer Weise, in der wir seit Generationen nicht mehr leben, aber ihr Leben kann man nicht retuschieren.

Cortorar Gypsies
Irina Ruppert: aus der Serie "Cortorar Gypsies"

Irina Rupperts Bilder ebnen uns visuell einen Weg zu den Leuten. Diese Ernsthaftigkeit ist wichtig. Da geht es nicht ums lustige Zigeunerleben, sondern um Menschen in bestimmten Beziehungen und Verhältnissen zueinander im sozialen Alltag. Das Große wird durch das Kleine angedeutet, und ich finde es wichtig, dass wir beim Betrachten darüber nachdenken können.

Oft zeigt man die Roma als ein Gewusel von Menschen, eine abgeschlossene Gruppe, verwechselbar, austauschbar. Aber reale Menschen gehen nicht in symbolischen Bedeutungen auf, und Irina Rupperts Bilder unterlaufen die symbolischen Repräsentationen, das macht sie so ausdrucksstark. Sie lässt dem zweiten Kriterium von Barthes – Ich bin der, für den ich gehalten werden möchte – großen Raum. Diese Porträts ragen heraus, sie lassen sich verstehen, gerade weil wir nicht alles, was wir zu sehen bekommen, begreifen können – und weil stets ein Rest bleibt, der nur den Porträtierten gehört.

(Auszug aus einem Interview mit Klaus Michael Bogdal, Autor des Buches "Europa erfindet die Zigeuner")