Hildegard Ochse »
Filicudi
Seestücke und Felsen
Exhibition: 3 Oct – 31 Oct 2020
Fri 2 Oct 19:00
galerie beate brinkmann
Fasanenstr. 69
10719 Berlin
+49 30-28445301
beatebrinkmannberlin@web.de
www.beatebrinkmannberlin.com
Tue-Fri 12-18, Sat 12-16
Hildegard Ochse
"Filicudi - Seestücke und Felsen"
Ausstellung: 3. bis 31. Oktober 2020
Eröffnung: Freitag, 2. Oktober, 19 Uhr
Die Ausstellung findet im Rahmen des EMOP Berlin 2020 – European Month of Photography statt.
Mit einem kleinen Zubringerboot ging die Autorenfotografin Hildegard Ochse (1935-1997) 1985 auf der italienischen Insel Filicudi an Land. Das nur neun Quadratkilometer große Eiland besteht aus drei inaktiven Vulkankegeln, der höchste ragt 774 Meter über den Meeresspiegel. Mehr als 200 Bewohner hatte Filicudi höchstens in der Hauptferienzeit im Sommer. Auf der Insel konnte Hildegard Ochse wandern, schwimmen, zwischen den Felsen spazieren gehen oder auf das weite offene Meer sehen. Ein kleines Fischerdorf am Wasser bestand nur aus einer langen Häuserreihe entlang der Küste und einer kleinen Mole am Ende, an der einige Fischerboote oder Zubringerschiffe für die Fähre festmachten. Zwischen den Häusern und dem Wasser und Kieselstrand gab es einen kleinen Weg für Eselskarren der gleichzeitig als Schutz vor Sturm und Wellen diente. Hildegard Ochse mochte diese absolute Abgeschiedenheit und Ruhe mitten im Tyrrhenischen Meer.
Neben den Fischerhütten gab es ein kleines Geschäft für Wein, Tabak und das Lebensnotwendigste wie Zucker und Salz, eine Barockkirche aus dem 17. Jahrhundert in Valdichiesa sowie ein paar Häuser, die über den Vulkanhügel zwischen den Feldern verstreut lagen. Die alten, terrassenartig angelegten kleinen Felder der Bauern waren mit kleinen Steinmauern umgeben. Überall wuchsen
meterhohe Kakteen entlang der alten Eselspfade, neben Ziegen, Eseln, Hauskatzen und ein paar streunenden Hunden gab es kaum andere Tiere auf der Insel.
Hildegard Ochse nahm sich Zeit für lange Wanderungen durch die Hügellandschaft und die Felsen am Meer, dabei war sie mit ihrer Mittelformatkamera unterwegs und machte zahlreiche Fels- und Landschaftsaufnahmen von der im Frühnebel liegenden Insel. Sehr still sind ihre Landschaftsaufnahmen, teils wie mit dünner schwarzer Farbe, Schicht für Schicht aufgetragen oder mit feinem Grafitstift gezeichnete Landschaften. Zeitlos, stehen geblieben und melancholisch, hart in den Felskanten und weich in den Grauabstufungen. Sie erinnern an den englischen Maler William Turner oder Caspar David Friedrich Letzterer, mit dessen Arbeiten sich Hildegard Ochse intensiv beschäftigte.
Felsen und Felsküsten zählen wie in der Landschaftsmalerei auch in der Fotografie zu den beliebten Motiven. Seit Leonardo da Vinci (1452–1519) gibt es Fels- und Gesteinsstudien als geometrische Erfahrungsquelle in der Kunst. "Ein andere Motivkreis sieht in Felsen Metaphern der drohenden Übermacht der unbelebten Natur. […] Felsen sind in Caspar David Friedrichs Bildern figurbetont, mehr Silhouetten als Körper, das unterstreiche nicht ihre Unwegsamkeit und die Gefahr".
Ochses Landschaftsbilder sind hoheitsvoll, einfach und würdig, dabei entstehen sakral ähnliche Bildformen. Sie machen den Betrachter nachdenklich, sind romantisch, leicht düster, mehrschichtig und realistisch, aber nicht in jedem Fall dokumentarisch. Um den Stimmungsgehalt zu verstehen "Muss man sich vergegenwärtigen, dass der Topos des Augenblicks aufs Meer und auf ferne Schiffe [bereits] in der Romantik als Ausdruck der Einsamkeit und Sehnsucht« weit verbreitet war. Dies traf auch auf Hildegard zu, sie war meist verschlossen und hinterließ in ihrem Werk einen nachdenklichen Eindruck.
(Benjamin Ochse, Kurator, 2020)