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Stilleben und Collagen
Georg Schreiber: Frühlingsopfer, 1988 © Georg Schreiber

Georg Schreiber »

Stilleben und Collagen

Exhibition: 25 Oct – 29 Nov 2020

Scheune Leiber

Mühlenstr. 12
49401 Damme


www.damme.de/Kultur-Freizeit/Kultur/Scheune-Leiber

Wed 16-18:30, Sat+Sun 14-18

Stilleben und Collagen
Georg Schreiber: Feld der Ehre, 2016 © Georg Schreiber

Georg Schreiber
Stilleben und Collagen

Ausstellung: 25. Oktober bis 29. November 2020
Eröffnung: Sonntag, 25. Oktober, 11:30 Uhr

Als photographische Amphibie (gr.: doppellebig) ist Georg Schreiber schon seit 1980 beständig in den Gewässern der künstlerischen Photographie unterwegs. Zur weiteren Nahrungsaufnahme schwimmt er immer wieder an das Festland der Auftragsphotographie zurück: zwecks Arterhaltung. Seine beiden Lebens- und Arbeitsräume befruchten sich gegenseitig im Ausdruck, und so gründeln Schreibers Photographien nicht in der plakativen Abbildung des Gefälligen, sondern sie tauchen nach dem wesentlichen und wesenhaften Ausdruck des vermeintlich Unscheinbaren.

Im trüben Amphibien-Tümpel bleibt er nicht an den glanzvollen Oberflächen des vordergründig Sichtbaren hängen, sondern er sucht nach dem Dahinter-Befindlichen: nach der Ambiguität hinter dem visuellen Blendwerk, nach der Vergänglichkeit alles Eitlem, bestenfalls nach der inneren Beseeltheit hinter den Lebensfassaden.

In seiner umfänglichen Stilleben-Serie "Der stille Klang der Dinge" (1980-1990) komponierte er ephemere Assemblagen mit objets trouvés aus der Natur und den Alltagswelten, um ihnen mithilfe der Plattenkamera eine dauerhafte Bild-Präsenz zu verschaffen. Diese Photographien maroder Dingwelten entstanden in der Tradition der Vanitas-Stilleben wie ein grosses memento mori. Neben umfassenden Werkgruppen über Landschaft, Portrait und die innere Bewegung des tanzenden Menschen beschäftigten Georg Schreiber kontinuierlich die situativen Momente im Leben, die ohne Inszenierung auskommen, da sie an sich schon "perfekte" Szenen darstellen (Serie: "Auslassungen"). Denn er praktiziert seine Photographie vorrangig durch Moment-Beobachtungen, nicht durch Moment-Inszenierungen. So erhalten seine Arbeiten die hohe Authentizität und Integrität des nicht mit Manierismus Gesehenen.

Stilleben und Collagen
Georg Schreiber: Pharaonengrab, 1983 © Georg Schreiber

Die eigenen Entwicklungs- und Erkenntnisphasen sind für Schreiber immer der gefühlte Impetus für das jeweilige photothematische Handeln. So begann er 2015 damit, seinen überbordenden Archiv-Fundus der angewandten und freien Photographien in Form digitaler Fotocollagen zu recyceln. Auf grossen Bildformaten generiert er aus mehreren Dutzend Einzelmotiven seines Archivs neue visuelle Erzählungen, die zwischen gesellschaftlich-politischen Themen, skurrilen Visionen bis hin zu surrealistischen Bildfindungen changieren. Der akribische und wochenlange Gestaltungsprozess jeder einzelnen Collage garantiert ihm die gedankliche Tiefen-Fokussierung, die er sich auch woanders in den heutigen Zeiten der digitalen Flüchtigkeit und Schnelligkeit sehr wünscht. Zudem ermöglicht ihm die Collage-Technik - ähnlich wie in der Malerei - auch die inneren Bilder zum Ausdruck zu bringen. Nicht nur, was man vor sich sieht, sondern auch, was man in sich sieht, gehört zu Schreibers Werk-Verständnis. So wie es C.D. Friedrich einst für die Malerei formulierte, und damit die künstlerische Urheberschaft des Individuums anstelle der beziehungslos darstellenden Dienstleistung ansprach.

Die beiden Werkgruppen "Der stille Klang der Dinge" und "Wirklichkeit der Vorstellung" - die Collagen - umrahmen also Schreibers über 40 Jahre währendes Photographie-Schaffen. In den Collagen selber halten nun die Motive "zwischen dem Rahmen" Einzug, die in diesen Jahrzehnten im Tümpel und an Land entstanden sind. Die visuelle Essenz des Doppellebens einer photographischen Amphibie, da die Kiemen-Atmung im Kunst-Tümpel meistens nicht ohne terrestrische Lungenatmung auskommt. Aber der erweiterte photographische Horizont auf dem Festland ist ja durchaus auch sehr inspirierend und ermöglicht ein positives, fantasieerfülltes Doppelleben.

Stilleben und Collagen
Georg Schreiber: Unter Tage strahlen, 2018 © Georg Schreiber