Barbara Probst
Streets, Fashion, Nudes, Still Lifes

Ausstellung: 6. März bis 12. September 2021

Die fotografischen Bildreihen der seit 2000 entstehenden Exposures von Barbara Probst umfassen Straßenszenen, Close-Ups, Stillleben, Akt-, Studio-, Landschafts- und Modeaufnahmen. Alle Werke verbindet ihr spezifischer Entstehungsprozess: Die Bildreihen der 1964 in München geborenen und in New York lebenden Fotografin negieren die "einäugige" Sichtweise der Kamera. Ihre teils aus zwei, teils aus bis zu vierzehn Einzelbildern bestehenden Tableaus und Reihen, erfassen einen Augenblick simultan aus verschiedenen Kamerapositionen, die durch einen über Funkwellen gesteuerten Auslösemechanismus verbunden sind. So ergeben sich multiperspektivische Sichtweisen auf eine Situation, die durch die Gleichzeitigkeit der Bildentstehung verwoben sind. Damit konterkarieren die aktuell rund 160 Arbeiten der Werkreihe grundlegende Wahrnehmungsparameter: Eine Situation kann der Mensch nur von einem Standpunkt aus erfassen, da er niemals an mehreren Orten zugleich sein kann. Verschiedene Blickwinkel kann er hingegen nur in unterschiedlichen Augenblicken einnehmen, da das Nacheinander eines zeitlichen Ablaufs nie aufgehoben werden kann.

Die Kunsthalle Nürnberg präsentiert in ihrer Ausstellung "Barbara Probst. Streets, Fashion, Nudes, Still Lifes" eine eindrucksvolle Auswahl der Exposures aus zwanzig Jahren, beginnend mit der ersten Arbeit der Werkreihe Exposure #1: N. Y. C., 545 8th Avenue, 01.07.00, 10:37 p.m., die 2000 auf einem New Yorker Hochhausdach entstanden ist. Das zwölfteilige Bildtableau zeigt die Fotografin selbst aus unterschiedlichen Perspektiven bei einem nächtlichen Sprung uf dem Dach. Ebenso zeigt die Ausstellung ganz aktuelle Exposures aus dem Jahr 2020, die Barbara Probst während des durch die Corona-Pandemie bedingten Shutdowns in New York aufgenommen hat: Die Straßen und Plätze der Metropole sind verwaist, und das hyperaktive Treiben der beschleunigten Wirtschaftswelt ist zum Erliegen gekommen. Befördert durch diesen ungewohnten Stillstand werden in den Fotografien architektonische und städtebauliche Details sichtbar, die sich im Alltag unserer Wahrnehmung wohl entzogen hätten: ein mit grüner Farbe definierter Radweg, die abstrakte Zeichnung der Fahrbahnmarkierungen, die Anordnung von Pflastersteinen und all die anderen grafischen und skulpturalen Grundformen, die sich im städtischen Raum vielfach finden lassen.

Auch präsentiert die Kunsthalle Nürnberg einige Exposures, die im Fashion-Kontext für zum Beispiel die Vogue Italia, das britische Magazin Wallpaper* oder für Modeunternehmen wie Marni oder Versace entstanden sind. Auch in diesen Aufnahmen zeigt sich der Versuch, die Hierarchie der Dinge zu verschieben. Mode und Kosmetik, eigentlicher Anlass der Aufnahmen, werden zu einem Gestaltungselement neben vielen anderen. Sie sind für Barbara Probst ein Mittel zum Zweck. Der Fokus liegt jedoch wie bei allen anderen Bildreihen der Exposures auf der zentralen Frage nach der Wahrnehmung des Betrachters, der zur Analyse und kritischen Hinterfragung wie Selbstbeobachtung herausgefordert wird.