Johanna Reich »
The Idea of Landscape
Exhibition: 27 Jan – 12 Mar 2022
Wed 26 Jan 16:00 - 21:00
Galerie Anita Beckers
Braubachstr. 9
60311 Frankfurt (Main)
+49 (0)69-92101972
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www.galerie-beckers.de
Tue-Fri 11-18, Sat 12-17
Johanna Reich
"The Idea of Landscape"
Ausstellung: 27. Januar bis 12. März 2022
Der Drang, die Natur zu beherrschen, prägt die Geschichte des Menschen seit Jahrhunderten. In Zeiten hochentwickelter Technologie und künstlicher Intelligenz, die von jeder Emotionalität, Intuition oder Spontanität losgelöst zu sein scheint, drängt sich immer mehr die Frage auf, inwieweit der Mensch doch näher an der Tier- und Pflanzenwelt steht, als an der von ihm geschaffenen Technologie. Die daraus resultierenden Probleme beschäftigen uns vor allem vor dem Hintergrund des Klimawandels. Johanna Reichs künstlerische Auseinandersetzung mit diesen Fragen bildet das Spannungsfeld für die aktuelle Ausstellung.
Im Werk der Künstlerin taucht wiederkehrend die Frage nach einer der Natur immanenten Medialität auf, die unabhängig vom technologischen Fortschritt funktioniert. Die Arbeit À la lumière zeigt Schatten menschlicher Figuren, die mit einem Projektor auf Gesteinsfragmente projiziert werden. Diese Fragmente stellen sich bei genauerem Hinsehen als Fossilien heraus, die aus versteinerten Ammoniten bestehen. Die menschlichen Schattenfiguren sind das Produkt einer technologischen Medialität. Und auch die Fossilien sind, anders als man glauben mag, keine Ammoniten mehr, sondern nur ihr in Stein übertragener Abdruck. Dieser natürliche Prozess der Bildgenese ähnelt jenem der Fotografie.
"If we allow the technology of the fossil to be an art, then fossils can be characterized justifiably as the world's oldest art form. Indeed, fossils have been around for aeons and long predate the human race and its ability to appreciate art." (Hiroshi Sugimoto)
Vor diesem Hintergrund kann auch die Werkserie Shape of the Shore verstanden werden, eine Reihe von Arbeiten, die den Anstieg des Meeresspiegels thematisieren. Von einer von Wissenschaftlern generierten Landkarte, die Hochrechnungen von Klimaforschern auf die sich verändernde Küstenlinie veranschaulicht, hat die Künstlerin Polaroids aufgenommen und diese während des Entwicklungsprozesses eingescannt. Die Serie macht die allmählichen Umformungen der Landoberfläche sichtbar und überträgt die wissenschaftlichen Fakten in eine poetische Form. Johanna Reich fügt keine neuen Formen hinzu, sondern offenbart die Kräfte des Klimawandels, der kontinuierlich am Werk ist, unsere Lebensrealität zu modulieren und zu beeinflussen. Reich begreift den Klimawandel als skulpturalen Akt und interessiert sich vor allem für solche gestalterischen Prozesse, die scheinbar ohne direkten Einfluss des Menschen im natürlichen Ökosystem ablaufen, aber doch ganz wesentlich mit den weitreichenden technischen Eingriffen des Menschen in die Natur zusammenhängen.
Obwohl sich Johanna Reich in ihren Arbeiten des technologischen Fortschritts bedient und Fragen der postdigitalen Produktion aufwirft, hinterfragt und analysiert sie in der Ausstellung die Wechselwirkung von menschlichem Handeln und dessen langfristiger Auswirkungen auf unsere Umwelt. Während im Zeitalter des Anthropozäns der Mensch die Natur für sich zu beherrschen versucht, weist uns Johanna Reich darauf hin, dass unsere Welt womöglich eines Tages wieder ohne unsere Spezies fortbestehen könnte.
Johanna Reich wurde 1977 in Minden geboren. Sie studierte an der Kunstakademie Münster, der Hochschule für bildende Künste Hamburg und der Kunsthochschule für Medien Köln und arbeitet seither performancebasiert mit Video und Fotografie. Sie erhielt nationale und internationale Preise und Stipendien wie den Nam June Paik Award, den Excellence Prize des Japan Media Arts Festival, Tokyo, den Medienkunstpreis NRW und den Konrad-von-Soest-Preis. Sie nahm an mehreren Künstlerresidenzen in Rumänien, den USA, Luxemburg und Spanien teil.