Petra Gerwers
"Time Travelers"

Ausstellung: 24. Februar bis 3. März 2022
Vernissage: Mittwoch, 23. Februar, 19 Uhr
Mit Klaus Honnef, Michael Horbach, Wolfgang Zurborn und weiteren...

Nur mit Anmeldung und 2G unter: pgerwers@time-traveler-project.com

Mein inneres Kind und ich – ein Dokument von individuellen Zeitreisenden

Bei diesem Projekt geht es um die Auseinandersetzung mit Lebensentwürfen, dem eigenen Leben - sowie die Art und Weise, wie die Protagonisten dies reflektieren und was sie mitteilen. Die jeweiligen Dreiteiler dieses Projektes bestehen aus je einem Kinderfoto, einem handschriftlich verfassten Brief an das Kind sowie einem aktuellen Foto. Diese erzählen individuelle Lebensgeschichten. So entsteht eine kleine Bühne für jede Protagonistin/ jeden Protagonisten.

Der Brief

Der "Zeitreisende" stellt sich vor, was er dem Kind (das er mal war) mitteilen oder wünschen würde, wenn er die Chance hätte, ihm heute - in seiner Vergangenheit - zu begegnen. Was würde er ihm mitgeben, mitteilen wollen?

Er verfasst diesen Brief an sein früheres Kind und entscheidet individuell, was er hierbei von sich preisgebenmöchte oder wohin er seinen Schwerpunkt legt. Warum sollte der Brief möglichst handschriftlich verfasst sein? Jede Handschrift ist individuell und ermöglicht einen weiteren Eindruck über eine Person / deren Energie.

Das aktuelle Foto

Die Fragestellung an die Zeitreisenden lautet: "Welcher Ort/ welches Geschehen war richtungsgebend/einschneidend oder ist sehr bedeutsam in Deiner Vergangenheit/ für Deine Gegenwart?"

Diese Orte/ Personen oder entsprechenden Gegenstände spiegeln sich in einer Scheibe, hinter welcher der Zeitreisende von der Fotografin porträtiert wird. Das jeweilige Fenster ermöglicht demZeitreisenden, in die Ferne – und hierbei auch ein Stück weit nach innen gerichtet, zu blicken. Ein Ausblick oder auch Einblick in die jeweilige Gefühlswelt werden hier möglicherweise gewährt. Die Gegebenheiten, welche sich in der Scheibe spiegeln, können nur durch genaueres Betrachten und die ausführlichere Auseinandersetzung, erfasst werden. Dies ermöglicht dem Betrachter, eine weitere Facette des Zeitreisenden zu entdecken.

Das Kinderfoto

...gibt einen Einblick, eine kleine Idee davon, wie der Zeitreisende in seiner Kindheit aussah/wirkte – und an wen sich dieser Brief richtet.

Schon mit 9 Jahren hatte Petra Gerwers (*1969) ihre erste Kamera und seitdem hat sie gespürt, dass ihr das Medium Fotografie etwas ganz Außerordentliches bieten kann: einen unmittelbaren Dialog mit der sie umgebenden Welt ohne das Gesehene einer begrifflichen Logik unterordnen zu müssen. Vertrauend auf einer intuitiven Wahrnehmung entwickelt sie in verschiedenen fotografischen Projekten eine sehr persönliche, subjektive Bildsprache.

So ist ihre Serie Applause to Life aus dem Jahr 2019 eine Hymne an das Leben. Wechselnde Perspektiven und Formate fügen sich in einer dynamischen Bildsequenz auf farbigen Hintergründen zu einem psychedelisch wirkenden Roadtrip zusammen. Mythos und Realität, Erdung und Überhöhung ringen in einem visuellen Sog permanent miteinander. Dabei entsteht eine rauschhafte Wahrnehmung der Welt, die aber bei einem zweiten Blick auch eine reflexive Betrachtung möglich macht. Die oft skurril wirkenden Kombinationen von kuriosen Einblicken in zeitgenössisches Leben evozieren eine neugierige Hinterfragung. Die glückliche Verschmelzung von Pathos und Ironie feiert das Leben ohne dabei einer unkritischen Idealisierung zu verfallen.

Die Fotografie spielte für Petra Gerwers auch bei ihrer früheren Arbeit als Fachlehrerin für geistig- und körperbehinderte Kinder eine wichtige Rolle. Dieses Medium kann für sie am besten ihre Passion befriedigen, Verbindungen zu Menschen herzustellen und diese wiederum mit anderen Menschen zusammenzubringen. Kommunikation bildet das zentrale Motiv ihres Handelns und das ist auch die Grundlage für ihr Fotoprojekt Zeitreisende, bei dem sie Menschen eine Plattform gibt, eine Stimme und Sichtbarkeit.

Wesentlich bei ihrer Portraitfotografie ist dabei, dass sie kein eindeutiges Bild ihrer Protagonist*innen schaffen will. In fotografischen Aufnahmen mit vielschichtigen Spiegelungen werden die Menschen von einer statischen Repräsentanz ihrer Persönlichkeit befreit und erlauben einen Blick hinter die Fassade.

Die Kombination der entstandenen Porträts mit Kinderbildern der Abgebildeten und Briefen, die diese an sich selbst als Kind schreiben, verdeutlicht das Kerninteresse der Fotografin, mit einem neugierigen Blick auf die Welt diese nicht anhalten zu wollen, sondern in allem Beziehungsgeflechte zu sehen, die in einem lebendigen Prozess einer ständigen Wandlung unterworfen sind. Text: Wolfgang Zurborn