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Feet in the Water
Henri Manuel, Jean Painlevé im «Institut im Keller», undatiert
© Les Documents Cinématographiques / Archives Jean Painlevé, Paris

Jean Painlevé »

Feet in the Water

Les Pieds Dans L'eau

Kuratorenführung:

Sat 29 Oct 14:00

Fotomuseum Winterthur

Grüzenstr. 44+45
8400 Winterthur

+41 (0)52-2341060


www.fotomuseum.ch

temp. closed

Jean Painlevé
"Les pieds dans l‘eau"


Ausstellung: 29. Oktober 2022 bis 12. Februar 2023
Eröffnung: Freitag, 28. Oktober, 18 Uhr

Rundgang und Gespräch mit Kuratorin Pia Viewing
Samstag, 29.10.2022, 14:00–15:00
Pia Viewing, Kuratorin der Ausstellung Jean Painlevé – Les pieds dans l’eau, führt während eines Rundgangs und Gesprächs in die Ausstellung und die Arbeit Painlevés ein. Viewing ist Kunsthistorikerin und seit 2014 Kuratorin am Jeu de Paume Paris, wo die Ausstellung im Sommer 2022 erstmals zu sehen war. Auf Englisch.

Der französische Regisseur Jean Painlevé (1902–1989) widmete sich zeit seines Lebens mit grosser Leidenschaft und Hingabe dem wissenschaftlichen Film und der Dokumentation der Fauna, insbesondere der Tierarten der Unterwasserwelt. In gut 50 Jahren drehte Painlevé über 200 Kurzfilme, die sich durch seine ebenso akribische wie experimentelle Herangehensweise sowie seine technischen Finessen auszeichnen. Die Werke, die in der Ausstellung gezeigt werden – eine Auswahl zahlreicher Schwarz-Weiss- und Farbfilme, Fotografien und Dokumente –, spiegeln seine Faszination für die Wissenschaft wider aber auch sein Bedürfnis, das Staunen über die Tierwelt, die unsere Welt bewohnt, zu teilen.

Jean Painlevé nutzte den Film als Medium, um lebende Organismen zur erkunden und unter Anwendung bestimmter Techniken die Merkmale ihrer Anatomie festzuhalten. Er beobachtete seine Motive genau und hielt ihre Bewegungen und Entwicklungen fest. Dabei interessierte er sich vor allem für die Meeresfauna und insbesondere für Krebse, Krabben, Seesterne oder Seeigel, deren Lebensraum die Küstenlandschaft ist, vor allem das Vorland – der durch die Gezeiten abwechselnd von Wasser bedeckte und freiliegende Grenzbereich zwischen Land und Meer.

Painlevés Filme wechseln zwischen Darstellungen der Tiere in voller Grösse und mikroskopisch analytischen Aufnahmen hin und her. Durch diese neuartigen Ansichten und den Einsatz von sowohl Zeitlupe als auch Zeitraffer geben sie den Zuschauer_innen einen ungewohnten Blick in die wunderliche Welt von Unterwasserkreaturen und ihren fremdartigen Körpern.

"Es ist offensichtlich, dass Bewegung, als eine Eigenschaft des Films, den Formen Anmut oder eine erstaunliche Kraft verleiht. Die Linien und Rhythmen, egal ob sie einfach sind oder kompliziert, werden wie eine Form des Ewigen aufgezeichnet. Es ist eine der Aufgaben des Kinos, dem Menschen das Unvermeidliche und Kosmische dieser Heraufbeschwörung der Natur zu vermitteln." Jean Painlevé in Formes et mouvements dans le cinéma scientifique (undatiert, Les Documents Cinématographiques)

Painlevé realisierte zahlreiche seiner Filme in Zusammenarbeit mit seiner Lebensgefährtin und Kollaborateurin Geneviève Hamon (1905–1987). Die beiden lernten sich 1922 während eines Aufenthalts Painlevés in der Station Biologique de Roscoff in der Bretagne kennen. Das Haus der Familie Hamon in Port-Blanc, ebenfalls in der Bretagne, wurde für Painlevé zu einem wichtigen Ort. Dort richtete er sein erstes Studio ein und drehte mit Hamons Unterstützung und André Raymond oder Eli Lotar hinter der Kamera seine ersten zehn Filme über Meereskrustentiere. Ab den 1960er-Jahren wird Hamon als Ko-Regisseurin genannt. Die Ausstellung zeigt auch Hamons kreatives Schaffen jenseits des Films: Zeichnungen, Drucke und Schmuckentwürfe der Marke jHp (Jean Hippocampe Painlevé), die sie 1936 gemeinsam mit Painlevé nach dem Start seines berühmten Films Das Seepferdchen (1931–1934) ins Leben rief.

Nach 1930 werden einige von Painlevés Filmen von informativen, teils didaktischen Kommentaren begleitetet. Auch seine Stummfilme kamen als pädagogische Instrumente zum Einsatz. Sie richten sich an ein breites Publikum und vermitteln – damals wie heute – ein besseres Verständnis der Natur und versuchen, uns die Fragilität verschiedener Ökosysteme vor Augen zu führen.

Der surrealistische Geist des Filmemachers und sein nonkonformistischer Ansatz waren zweifellos die treibende Kraft hinter seiner lebenslangen Auseinandersetzung mit dem Film. Die Leichtigkeit, mit der er sich zwischen den Bereichen der Wissenschaft und der Kunst bewegte, sind auf sein ausgeprägtes Interesse für beide Sphären zurückzuführen. Zudem pflegte er enge Freundschaften mit surrealistischen Künstlern wie Jacques-André Boiffard und Yvan Goll, aber auch Alexander Calder oder Fernand Léger. Ab den 1920er-Jahren wurden Painlevés Werke in avantgardistischen Kinos und Filmclubs gezeigt.

Die Ausstellung stellt das Werk von Painlevé in einen historischen und wissenschaftlichen Kontext. Zum ersten Mal werden seine wissenschaftlichen und pädagogischen Filme sowie seine für die breitere Öffentlichkeit gedrehten Filme, die auch in Kinos gezeigt wurden, präsentiert. Diese lassen die Betrachter_innen in eine mystische Welt eintauchen, die sich fernab ihrer eigenen Realität abspielt, und inspirieren auch heute noch das Publikum und Kunstschaffende gleichermassen.

Eine Ausstellung des Jeu de Paume, Paris, Adaption durch das Fotomuseum Winterthur. Kuratorin: Pia Viewing in Partnerschaft mit Brigitte Berg, Direktorin des Les Documents Cinématographiques / Archives Painlevé, Paris.

Jean Painlevé wird 1902 in Paris geboren. Im Jahr 1930 gründet Painlevé das Institut de Cinématographie Scientifique mit dem Ziel, wissenschaftliche Kinofilme zu fördern und deren Vertrieb zu unterstützen. Er baut zudem die Produktionsfirma La Cinégraphie Documentaire (später: Les Documents Cinématographiques, auch heute noch aktiv) auf. In den 1930er- und 1940er-Jahren steht er unterschiedlichen Instituten, Ämtern und Vereinen vor. Von 1968 bis 1982 arbeitet er als Professor an der Universität Vincennes. Painlevé stirbt im Jahr 1989.