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Förderstipendium 2021/2022
Förderstipendium 2021/2022, Ausstellungsansicht Kunststiftung DZ BANK, Frankfurt am Main 2022
Foto: Norbert Miguletz

Förderstipendium 2021/2022

Jens Klein » Anja Manfredi »

Artist Talk: 27 Oct 2022 – 28 Jan 2023

Wed 26 Oct 19:00

Kunststiftung DZ BANK

Platz der Republik
60325 Frankfurt (Main)

+49 (0)69-7680588 00


kunststiftungdzbank.de

Tue-Sat 11-19

"Förderstipendium 2021/2022"

KünstlerInnengespräch: Freitag, 13. Januar 2023, 18 Uhr
Jens Klein und Anja Manfredi im Gespräch mit Dr. Katrin Thomschke

Jens Klein und Anja Manfredi stellen im Gespräch mit der Kuratorin Katrin Thomschke Werke vor, die sie während ihres einjährigen Stipendiums erarbeitet haben, und gewähren einen Blick hinter die Kulissen der Projektentwicklung.

Jens Klein (* 1970, Apolda) wuchs in einem thüringischen Dorf in der DDR auf und beschäftigt sich in seinen Arbeiten immer wieder mit der ostdeutschen Vergangenheit – in dieser Ausstellung mit seiner ganz persönlichen. Auf der Suche nach Fotografien von seiner Einschulung stieß der Künstler auf das riesige Konvolut aus rund 15 000 Negativen seines Nachbarn Ingo Wrzalik (1954–2013), einem leidenschaftlichen Amateurfotografen. Der fotografierte nicht nur Jens Klein als Erstklässler, sondern hielt in den Jahren 1968 bis Mitte der 1980er Jahre mit seiner Kamera einen Querschnitt dörflichen Lebens fest. Für seine Arbeit "Schlüfter. Annäherung an eine Heimat" hat Jens Klein eine Auswahl von etwa 300 Bildern getroffen, die er nach den Themen Familie, Jugend, Dorf und Arbeit sortiert. Ein Großteil besteht aus Porträts und Gruppenaufnahmen, viele Bilder zeigen die umliegende Landschaft und das Dorf, mal architektonische Details, mal pittoreske Ansichten. Dadurch erwecken die Fotos den Anschein eines Alltags, in dem Drangsalierungen und sozialistische Propaganda des DDR-Regimes keinen allzu großen Stellenwert einnehmen – und zwar sowohl in der Lebenswelt als auch in der fotografischen Bildwelt. Jens Klein macht diese das offizielle Bild unterlaufenden Zwischenräume privater Existenz im ländlichen Raum der Nachkriegszeit auf erzählerischer Ebene erfahrbar. Durch die Präsentationsform als mehrkanalige Dia-Projektion an verschiedenen Wänden und das Klackern der Projektoren unterwandert er zugleich die lineare Betrachtung und unterstreicht die Mehrdeutigkeit kollektiver und individueller Erinnerung von Geschichte.

Die Referenz der Werkschau von Anja Manfredi (* 1978, Linz) ist die mythologische Figur des Titanen Atlas. Von ihr aus entfalten sich zwischen den Motiven der Präsentation "Atlas und Bilderatlas" sinnhafte Bezüge, die von den ersten astrologischen Kartografierungen des Himmels in Form von Globen über die Felsenlandschaft des Atlasgebirges bis hin zur Adaption der tragischen Figur des Titanen innerhalb der Geschichte architektonischer Stilmittel reichen. Durch einen mit Fotogrammen eines Steins aus dem Atlasgebirge versehenen schwarzen Vorhang betritt man das kleine Kabinett. Zwei lebensgroße Karyatiden flankieren einen Durchgang im Ausstellungsraum. Betrachtet man die Zusammenstellung länger, drängt sich die Gestik des Lasten-Tragens auf: Skulpturen vorwiegend weiblicher Körper, die das Gebälk von Balkonen, Erkern oder Portalen stützen, kleine Bronzetafeln Lasten tragender Männer und figürliche (Bau-)Elemente, die immer wieder den Titanen Atlas zeigen, wie er auf seinem Rücken das Himmelsgewölbe stemmt. Die labyrinthischen Motivkonstellationen sind zugleich eine begehbare Hommage der Künstlerin an den "Bilderatlas Mnemosyne" von Aby Warburg. Anja Manfredi stellt ihr eigenes Archiv her, in dem die Präsenz der antiken Erzählung bis in die Gegenwart hinein räumlich erfahrbar wird. Einer nicht auf Vollständigkeit angelegten, sondern kombinierenden Bestandsaufnahme gleich bietet sie uns einen interdisziplinären Kosmos an, dessen Aneignung und Auswertung jede Betrachterin und jeder Betrachter selbst vornehmen muss.

Zur Ausstellung erscheint eine Publikation.