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in the flesh / leibsaftig
Micha Brendel
Vier letzte Bilder IV, 1988-90
Silber-Gelatine-Handabzug, Öl, Asphalt, Tusche, auf Hartfaserplatte
100 x 100 cm
© Micha Brendel

Micha Brendel »

in the flesh / leibsaftig

Exhibition: 1 Feb – 30 Apr 2023

Tue 31 Jan 19:00

Francisco Carolinum Linz

Museumstr. 14
4010 Linz

+43 (0)732-7720 522 00


www.ooekultur.at

Tue-Sun 10-18

in the flesh / leibsaftig
Micha Brendel
Aus der Serie: Anencaphlie, Nr. 7, 1992
Haut, Beizen über Gelantinesilber-Fotografie
54 x 75 cm
© Micha Brendel

Micha Brendel works in the artistic fields of photography, painting, performance, installation, object and text.

A large part of his photo-based artworks can be seen as the result of a multi-layered work "in the material". Brendel's apparatus of attack includes photographic structural investigations as well as object alienations by means of experimental manipulations. What the artist achieves aesthetically on the basis of mechanical and chemical attacks against the photographic material or through subsequent painting and calligraphic compression of prints is never comfortable, the inclusion of bodily fluids and medical-historical preparations challenging. Brendel works on everything that becomes his material as a concentrate of origin, cultural history, the past. A duality of body and spirit is constantly present, a corporeality that the artist has acted out surreally-performatively for years using flesh, blood, and animal organs-from the darkness of trauma and Protestant blossoms of fear.

But Brendel always continues a familiar topos in art: the memento mori, as an invitation to self-exploration and as an artistic retreat.

in the flesh / leibsaftig
Installation view Brendel - Buchwald - Hartzsch, © SANDRO E. E. ZANZINGER PHOTOGRAPHIE, 2023

Das Francisco Carolinum zeigt in einer retrospektiven Ausstellung zu Micha Brendel (geb. 1959) über 70 Einzelarbeiten aus 8 Werkgruppen von 1982 bis 2022.

Zu seinem Angriffsapparat zählen fotografische Strukturuntersuchungen ebenso wie Gegenstandsverfremdungen mittels experimenteller Manipulationen. Immer aber setzt Brendel einen in der Kunst bekannten Topos fort: das Memento mori, als Aufforderung zur Selbsterforschung und als künstlerisches Exerzitium.

"Ahnentafeln", "Flugschutt" und "Stele" stellen sich als sehr weit gefasste Abstraktionen des menschlichen Antlitzes dar. Die Fotografien, deren unendliche Schwärze keinerlei Halt bietet, entstanden in einem völlig dunklen Raum ohne Einsatz einer Kamera. In den Anordnungen der Tableaus findet sich Zerstückeltes nach eigenem Formwillen wieder zusammen.

"Vier letzte Bilder" markieren den Abschluss von Micha Brendels selbstinszenierter Fotografie und deren Überarbeitungen. Dieses letzte Aufbäumen vor dem Ende schlägt sich auch formal in den Bildern nieder – etwa in Form von Aufbrechungen des Bildgrundes und Brandflecken.

Micha Brendels Präparatobjekte enthüllen bewusst die Überschneidungen und Verflechtungen von medizinischen, theologischen und kulturhistorischen Deutungsmodellen. Der "Energiekoffer für kleine seelische Reparaturen" beispielsweise zeigt sich als Reliquienschatulle, Fetischsammlung und mittelalterliche Drecksapotheke in einem. In der Serie "Anencephali – ins Leben gebeten" fanden Aufnahmen von Schädeln totgeborener Föten Verwendung, die sich durch schwere Fehlbildungen des Schädeldaches und des Hirns nicht lebensfähig entwickeln konnten. Dies forderte Brendel zu künstlerischen Nachbildungs- und Wiederbelebungsversuchen heraus. Die Serie "Verstummt vor Weiß" bietet sich nach den intensiven Serien der Übermalungen als ein Interludium dar, ein Zur-Ruhe-Kommen und ein kontemplatives, sparsames Akzentuieren verschwimmender Eigen-Gesichter.

In den neuesten Arbeiten, den "Verschriftungen", erinnert und belebt Brendel die (Hand)SCHRIFT, die zunehmend an Gebrauch verliert. Aber entgegen dem Kanon, mit Schrift versprachlichte Gedanken zu codieren, liegen seine Akzente auf erfundenen Buchstaben, meditativen Schreibrhythmen, Kürzeln, Flecken und Färbungen.