Laurenz Berges »
Das Becherhaus in Mudersbach
The Becher House in Mudersbach
Exhibition: 12 Nov 2023 – 21 Jan 2024
Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur, Köln
Im Mediapark 7
50670 Köln
+49 (0)221-88895300
photographie@sk-kultur.de
www.photographie-sk-kultur.de
Thu-Tue 14-19
Laurenz Berges
"The Becher House in Mudersbach"
Exhibition: 12 November 2023 – 21 January 2024
Opening: Sonntag, 12 November, 3pm
On view in parallel:
Simone Nieweg
"Plants, Sheds, Arable Land: Working in Nature"
August Kotzsch
"Nature, Landscape, Genre"
In the series "The Becher House in Mudersbach," Laurenz Berges (b. 1966) explores the history of a half-timbered house in the Siegerland region that has been home to over three generations and which has become something of a monument. Originally the house of the grandparents of Bernd Becher (1931–2007), it was afterward inhabited by his two aunts. Becher loved the house from childhood on and later cherished it with his own family as an occasional domicile. A number of biographies are intertwined within these walls, as reflected in the furnishings and in the numerous items left behind. At many moments, it seems as if time were standing still.
In the photographs by Laurenz Berges, a master student of Bernd Becher at the Düsseldorf Art Academy, the aspect of time comes into play in a heightened form. The subdued lighting that characterizes his compositions contributes to a haunting atmospheric density.
An exhibition catalogue has been published: Laurenz Berges: "Das Becherhaus in Mudersbach," with an essay by Hanns-Josef Ortheil, Munich: Schirmer/Mosel, 2022 (in German only).
Laurenz Berges
"Das Becherhaus in Mudersbach"
Ausstellung: 12. November 2023 bis 21. Januar 2024
Eröffnung: Sonntag, 12. November, 15 Uhr
Zeitgleich sind die Ausstellungen "Simone Nieweg – Pflanzungen, Schuppen, Ackerland. Von der Arbeit in der Natur." und "August Kotzsch: Natur, Landschaft, Genre" zu sehen.
In der Serie "Das Becherhaus in Mudersbach" setzt sich Laurenz Berges (*1966) mit der Geschichte eines über drei Generationen genutzten Fachwerkhauses im Siegerland auseinander, das zu einer Art Denkmal für eine Familiengeschichte und allgemein für eine regional verankerte Lebenskultur geworden ist. Die aktuelle Ausstellung zeigt über 25 Farbphotographien, die Berges zwischen 2018 und 2022 aufgenommen hat, begleitet von ausgewählten Fundstücken aus dem Haus, die auf die verschiedenen Bewohnerinnen und Bewohner zurückgehen und in Vitrinen präsentiert werden. Auf diese Weise wird die besondere Atmosphäre des nach wie vor bestehenden Becherhauses erfahrbar ebenso wie die feinfühlige Handschrift von Laurenz Berges.
Ursprünglich war es das Haus der Großeltern des bekannten Photographen Bernd Becher (1931–2007), das in den Bildern von Laurenz Berges dargestellt wird. Der Vater von Bernd Becher, Josef Becher, und seine Schwestern, also die Tanten von Bernd Becher, namens Maria und Bertha Becher lebten zunächst mit ihren Eltern im Mudersbacher Haus. Josef Becher, ein gelernter Dekorationsmalermeister, bezog später mit seiner Frau Ottilie Becher, geb. Rödder, ein Haus in Siegen und gründete dort eine Familie. Seine Schwestern blieben jedoch mit der Mutter – der Vater war verstorben – im Mudersbacher Haus wohnen. Nachdem Bertha Becher Anfang der 1970er-Jahre verstorben und ihre Schwester in ein Seniorenheim gezogen war, wurde das Haus von Ruth Wobeser, der Mutter von Hilla Becher, der Schwiegermutter von Bernd Becher bewohnt. Auch sie brachte Einrichtungsgegenstände aus ihrem früheren Zuhause in Potsdam mit. Bis heute ist das Becherhaus ein familiärer Bezugspunkt, mehrere Biographien finden sich darin miteinander verwoben.
Nicht zuletzt ist es Max Becher, seine Frau Andrea Robbins und ihre Söhne, die das Haus heute weiterhin sichern. Max Becher, der es von seinem Vater Bernd erbte, schätzt es vor allem wegen der vielen Erinnerungen und Geschichten, die sich damit verbinden. Für ihn ist es zu einem spannenden "Projekt" geworden, das Haus mit minimalen, über die Zeit notwendigen Eingriffen in seiner gewachsenen Form zu erhalten. In dieser Art soll es betretbar, bewohnbar und auch für seine Familie und die Allgemeinheit bewahrt bleiben. Es sind die Spuren der Vergangenheit, die sie zu erhalten suchen, sodass sie wie in einer Art Zeitmaschine hautnah erlebbar bleiben. Es sind die Gegenstände und Relikte, die vom Sein, von Vorgängen, Vorstellungen, Notwendigkeiten berichten, aber auch vom Umgang mit dem, was zurückliegt.
Laurenz Berges, der sich in seinem Werk vielfach bereits mit verlassenen Wohnorten und Arbeitsstätten auseinandergesetzt hat, gibt uns ein unmittelbares Gefühl für die verschiedenen Räume und Objekte, die von der Vergangenheit berichten und zudem eine geradezu anachronistische Gegenwärtigkeit besitzen. Dabei geht es ihm weniger um eine kohärente, logische Raumbeschreibung, sondern vielmehr um einzelne Aspekte und vor allem auch darum, dass jedes Bild als Bild, unabhängig der spezifischen Geschichte des Becherhauses auf den Betrachtenden wirkt. Einfühlsam legt er Zeugnis ab, von Dingen, die nützlicher oder eher dekorativer Natur sind, und die vielleicht später einmal ihre Zukunft darin finden, nur noch als Erinnerungen präsent zu sein.
So blickt man beispielsweise auf ein Wandregal mit einem gerahmten Kinderbild von Bernd Becher und einer Photographie vom Haus, in dessen Vordergrund die Familienmitglieder um 1910 zu erkennen sind. Unter diesem Regal, eine abgegriffene Tapete und ein Doppelkippschalter aus den 1970/80er-Jahren zum An- und Ausschalten des Lichts. Hervorgehoben sei auch das ausschnitthafte Bild, das einen Blick in das Zimmer der Schwestern gewährt: Ein hell lackiertes Bett und ein Zipfel von Bettwäsche lugen hervor. Im Fokus aber steht ein Bild, das im sentimentalen Stil der Gründerzeit an der hell gestrichenen Schlafzimmerwand hängt. Mit der Hauptperson von Jesus verweist es auf die einst im Hause gelebte Religiosität. So könnte man die Beschreibungen der in gedämpften Farben abgelichteten Motive fortführen, bis man die Elemente der Hauseinrichtung fast mit allen Sinnen nachvollziehen kann.
Laurenz Berges, Meisterschüler von Bernd Becher an der Kunstakademie Düsseldorf, verweist mit seinen Arbeiten auf grundlegende Fragen im Umgang mit unserem Kulturerbe: Was wird bewahrt? Was verschwindet? Welche kulturellen Werte werden von der Allgemeinheit so wertgeschätzt, dass sie bewahrt werden? Der Photographie als Medium und konservierender Faktor künstlerischer Auseinandersetzung sowie faktischem Zeitgeschehen kommt im Rahmen dieser Fragestellung ein wesentlicher Stellenwert zu.
Zur Ausstellung ist die Publikation "Laurenz Berges: Das Becherhaus in Mudersbach", mit einem Text von Hanns-Josef Ortheil, Schirmer/Mosel, 2022, VK 38 € erhältlich.