Kostüm und Maskerade
Jason Gardner » Suzanne Jongmans »
Exhibition: 11 Nov 2023 – 18 Feb 2024
Stadthaus Ulm
Münsterplatz 50
89073 Ulm
+49 (0)731-1617700
stadthaus@ulm.de
www.stadthaus.ulm.de
Mon-Sat 10-18, Thu 10-20, Sun 11-18
"Kostüm und Maskerade"
Suzanne Jongmans und Jason Gardner
Ausstellung: 11. November 2023 bis 18. Februar 2024
Kuratorinnenführung: Sonntag, 26. November, 14.30 Uhr mit Daniela Yvonne Baumann.
Wo endet die Maskerade, wo beginnt das Selbst? Kostüm und Maskerade zeigt mit Suzanne Jongmans und Jason Gardner zwei fotografische Positionen, die sich auf ganz unterschiedliche Weise mit dem menschlichen Bestreben beschäftigen, den Grenzen der eigenen Haut zu entkommen. Schon seit Jahrhunderten nutzt der Mensch Kostüme und Maskeraden, um die eigene Identität zu definieren oder in ein anderes Selbst zu schlüpfen – ganz besonders in der sogenannten "fünften Jahreszeit", die in Deutschland am 11. November beginnt.
"Karneval", "Fastnacht", "Fasnet" oder auch "Fasching" wird jedoch nicht nur hierzulande gefeiert, sondern weltweit, wie die Bilder von Jason Gardner eindrucksvoll belegen. Der amerikanische Fotograf reiste nach Brasilien, Bulgarien, Deutschland, Frankreich, Griechenland, Guinea-Bissau, Italien, Nordmazedonien, Österreich, Polen, Slowenien, Spanien, Trinidad oder auch in die Schweiz und die USA, um dort die lokalen Karnevalsfeierlichkeiten zu dokumentieren. Er versteht sich dabei als visueller Anthropologe, der über seine Aufnahmen die vielfältigen Erscheinungsformen dieses menschlichen Brauchtums erforscht.
Die Umzüge und Feste sind weit mehr als eine Gelegenheit ausgelassen zu feiern. Gardners Bilder nehmen die Eigenheiten der diversen Karnevalstraditionen in den Blick und zeigen eine Fülle an detailreichen, sehr originellen Kostümen, die mit ganz unterschiedlichen Sitten und Geschichten in Verbindung stehen. Die Feierlichkeiten sind ein wichtiger Ausdruck nationaler und regionaler Identität, zugleich aber auch eine Auseinandersetzung mit universellen Themen wie Licht und Dunkelheit, Chaos und Ordnung oder auch Leben und Tod. Länderübergreifend setzt der Karneval für eine gewisse Zeit soziale Normen außer Kraft und bietet Menschen rund um den Globus die Möglichkeit, über ihren Alltag und ihr gesellschaftliches Umfeld hinauszuwachsen oder sogar dagegen zu rebellieren.
Jason Gardner ist ein autodidaktisch ausgebildeter Künstler, der in Paris und New York lebt. Er nutzt Fotografie und Videografie im Rahmen der visuellen Anthropologie, um die Kultur, Musik und Rituale des Karnevals weltweit zu erforschen. Gardners Aufnahmen sind in zahlreichen renommierten Magazinen wie The New York Times, Rolling Stone, Le Parisien, New York Magazine oder auch GEO Frankreich erschienen.
Existenzielle Gegensätze wie Liebe und Verlust, klassisch und zeitgenössisch, Jugend und Alter, Vergänglichkeit und Ewigkeit prägen auch das Werk der niederländischen Künstlerin Suzanne Jongmans. Inspiriert von den Gemälden alter niederländischer Maler, kreiert Jongmans aufwändige Kostüme, die diesen Meisterwerken direkt entsprungen sein könnten – wären sie nicht aus neuzeitlichen Verpackungsmaterialien wie Luftpolsterfolie, Plastiktüten, Styropor und Schaumstoffen gefertigt.
In ihren Fotografien imitiert Jongmans nicht nur die Kleidung des Mittelalters, der Renaissance oder des Barocks, sondern stellt auch die zeitgenössischen Darstellungskonventionen nach. Mithilfe von Modellen reinszeniert sie typische Gesichtsausdrücke, Gesten und Posen, ohne aber ein konkretes Gemälde exakt zu kopieren. Jongmans Porträts sind keine Momentaufnahmen, sondern sorgsam arrangierte Collagen bestehend aus einer Vielzahl von Detailfotografien der originalen Szene. Die Künstlerin verbringt Wochen damit, die jeweils besten Aufnahmen der einzelnen Teilstücke schichtweise zu einem neuen Gesamtbild zusammenzufügen. Dadurch gelingt es ihr, der hyperrealistischen Perfektion ihrer malerischen Vorbilder nahezukommen. Jongmans Arbeitsweise wirft ein Schlaglicht auf den extremen Zeitaufwand, welcher über Jahrhunderte sowohl mit der Produktion von Bildern als auch Kleidung verbunden war und in einem krassen Gegensatz zur Wegwerfmentalität des modernen Massenkonsums steht.
Ihre Bilder zeigen zudem, dass Kleidung schon immer auch als Distinktionsmerkmal, als Zeichen und als Kommunikationsmittel diente. Für Jongmans sind die Kostüme genauso wie ihre Stillleben ein Vehikel, um sich mit persönlichen Erfahrungen auseinanderzusetzen und ihre universellen Dimensionen mit Blick in die Kunstgeschichte zu erkunden. So kann jedes ihrer Werke als Selbstporträt gelesen werden, zugleich aber auch als Versuch, die eigene Perspektive zu erweitern und allgemeingültigen Themen sprichwörtlich eine Gestalt zu verleihen.
Die in den Niederlanden lebende Künstlerin Suzanne Jongmans studierte Textildesign und Fotografie an der Academie Voor Beeldende Vorming in Tilburg. Jongmans arbeitet interdisziplinär. In ihren Arbeiten führt sie die Bereiche des Kostümdesigns, der Schneiderei, der Bildhauerei und der Fotografie zusammen. Ihre Werke waren Bestandteil zahlreicher Ausstellungen und wurden bereits in den Niederlanden, Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Saudi-Arabien, Belgien und Österreich gezeigt.