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René Burri: In Deutschland
René Burri
Am Völkerschlachtdenkmal, Leipzig, Ostdeutschland, 1964
aus der Serie Die Deutschen
Bromsilbergelatine-Abzug, Vintage Print
© René Burri / Magnum Photos
Fondation René Burri / Courtesy Photo Elysée

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René Burri: In Deutschland

Exhibition: 19 Nov 2023 – 11 Feb 2024

Fri 2 Feb

Kunsthalle Erfurt

Fischmarkt 7
99084 Erfurt

+49 (0)361-6555666


kunstmuseen.erfurt.de/kunsthalle

Tue-Sun 11-18, Thu 11-22

René Burri: In Deutschland
René Burri
Ostberlin, Ostdeutschland, 1959
aus der Serie Die Deutschen
Bromsilbergelatine-Abzug, Vintage Print
© René Burri / Magnum Photos
Fondation René Burri / Courtesy Photo Elysée

René Burri
"In Deutschland"


Ausstellung: 19. November 2023 bis 11. Februar 2024
Eröffnung: Samstag, 18. November, 18 Uhr

Als René Burri (1933-2014) seine wohl bedeutendste, wenngleich bis heute oft unterschätzte, zusammenhängende Werkserie "Die Deutschen" in Zürich (1962) und in Paris (1963) erstmals als gleichnamiges Buch veröffentlichte, kollidierten seine Bildfindungen mit den Selbstbildern der beiden damaligen deutschen Staaten, dem demokratisch-freiheitlichen einerseits und dem antifaschistisch-sozialistischen andererseits. Entsprechend unterkühlt war die anfängliche Rezeption in der Heimat der Deutschen. Dabei ging es dem gebürtigen Schweizer nicht nur um eine Art fotografische Bestandsaufnahme Nachkriegsdeutschlands, sondern auch darum, sich selbst ein Bild vom Geburtsland seiner Mutter zu machen, so fremd und doch vertraut.

Er versuchte das offizielle Bild dieses Landes im Kalten Krieg, welches er durch seine Aufträge als MAGNUM-Fotograf ja auch mit prägte, mit persönlichen, differenzierteren Beobachtungen in Einklang zu bringen. Er ordnete und mischte seine ausgewählten Motive, stellte bewusst das eine neben das andere und kam so diesem geteilten Land und seinen Menschen erstaunlich nahe. Dabei rieb er sich aber oft am uniformierten und geschichtsvergessenen Auftreten in West wie in Ost. Das andere Deutschland, das Burri so liebte und bei jeder sich bietender Gelegenheit aufsuchte, lag weder hüben noch drüben, sondern am ehesten wohl in der Sprache, an den Wirkungsorten, im Schaffen und im Humanismus der Künstler, Dichter und Denker. Hier scheint er auch so etwas wie Seelenverwandtschaft gefunden zu haben.

Noch bis in die 1990er Jahre hinein hat der Schweizer, dessen Herz in Paris schlug und dessen Sehnsuchtsort wohl stets eher irgendwo am entfernten Horizont lag, für diese Serie in beiden Teilen des Nachbarlandes fotografiert. Dabei hat er "Die Deutschen" immer wieder um neue Motive erweitert. Dieses anhaltende Interesse am Land der Deutschen äußert sich auch in den Kompositionen seiner Fotografien, denn dabei werden die Bilder nicht selten radikal in zwei Hälften durchschnitten – vertikal, diagonal, horizontal. Unterteilt in oben und unten. Davor und dahinter. Ja, selbst nebeneinander stehende Bilder auf einem Negativstreifen verbindet er im finalen Abzug, wie beim bekannten Motiv vom Frankfurter Hauptbahnhof (1962), das sogar die deutsche Erstausgabe von "Die Deutschen" als Titelbild zierte. Burri war ein Virtuose in Sachen kreativer Perspektivensuche und bedeutungsgeladener Zeichensetzungen. Man erkennt in all seinen Fotografien ein tiefes Interesse an historischen und kulturellen Themen und Zusammenhängen sowie ein geübtes Auge für eben solche.

René Burri: In Deutschland
René Burri
Ostberlin, Ostdeutschland, 1964,
aus der Serie Die Deutschen
Bromsilbergelatine-Abzug, Vintage Print
© René Burri / Magnum Photos
Fondation René Burri / Courtesy Photo Elysée

1998 wurde eine Auswahl der Arbeiten letztmalig in Deutschland gezeigt. Grund genug, "Die Deutschen" heute noch einmal neu zu betrachten und dabei Burris Deutschlandbild (auch) im Rückblick auf mittlerweile mehr als 75 Jahre Nachkriegs- und über 30 Jahre Nachwendezeit mit der Gegenwart abzugleichen. Die Frage, "Wer sind die Deutschen?", ist aktueller denn je. In gewisser Weise ist jedoch der Begriff von "den Deutschen" ähnlich reduziert, wie die einzelne Fotografie, die etwas über die Realität aussagen soll, was Bertolt Brecht mit Verweis auf die Krupp- oder AEG-Werke bekanntermaßen mal in Frage stellte. Brecht forderte stattdessen, "tatsächlich 'etwas aufzubauen', etwas 'Künstliches', etwas 'Gestelltes'“, das uns die Realität besser vermitteln kann. Und das hat René Burri mit seiner fotografischen Langzeitbeobachtung Deutschlands geschaffen: ein facettenreiches Bild über die gesellschaftlichen Bedingungen und menschlichen Beziehungen in Deutschland kurz vor und nach dem Mauerbau. (Text: Daniel Blochwitz) Die Ausstellung gibt mit fast 200 Fotografien – von denen einige erstmals öffentlich zu sehen sind – einen umfangreichen Einblick in dieses große Thema von René Burri. Im Anschluss an die Kunsthalle Erfurt wird sie in weiteren Museen in Deutschland und Frankreich Station machen.

Ergänzend zu den Bildern der Serie "Die Deutschen" werden einige seiner bekanntesten Porträts wie die von Winston Churchill, Picasso, Le Corbusier, weltbekannte Aufnahmen von Aufnahmen von Städten wie China und Brasilien sowie verschiedene Publikationen gezeigt.

Die Ausstellung, die von Daniel Blochwitz kuratiert wurde, entstand in enger Kooperation mit der Familie Burri, dem Museum Photo Elysée in Lausanne sowie der freundlichen Unterstützung von MAGNUM Photos.

René Burri: In Deutschland
René Burri
Volksschule, München, Westdeutschland, 1962
aus der Serie Die Deutschen
Bromsilbergelatine-Abzug, Vintage Print
© René Burri / Magnum Photos
Fondation René Burri / Courtesy Photo Elysée