En face – Portrait + Portrait
Jürgen Baumann » Mathias Bothor » Katja Flint » Andreas Fux » Nataly Hocke » Henrik Urs Müller » Angelika Platen » Susanne Pomrehn » Gerda Schütte » Jan Sobottka » Ingo Taubhorn » Stefan Thiel » Barbara Vallribera » & others
Exhibition: 4 Nov – 7 Dec 2023
Semjon Contemporary
Schröderstr. 1
10115 Berlin
+49 (0)30-784 12 91
office@semjoncontemporary.com
www.semjoncontemporary.com
Tue-Sat 13-19
"En face – Porträt + Porträt"
Mit Werken von Jürgen Baumann, Mathias Bothor, Katja Flint, Andreas Fux, Norbert Heuler, Nataly Hocke, Henrik U. Müller, Angelika Platen, Susanne Pomrehn, Gerda Schütte, Jan Sobottka, Ingo Taubhorn, Stefan Thiel und Barbara Vallribera.
Ausstellung: 4. November bis 7. Dezember 2023
Einige der Künstler der Galerie widmen sich der Porträtfotografie, wie Stefan Thiel oder die bereits mehrfach aufgetretenen Gastkünstler Katja Flint und Andreas Fux. Andere nutzen das Medium der Fotografie als Grundlage für ihre eigentliche Arbeit, wie Susanne Pomrehn (Photo Cuts) oder Nataly Hocke. Henrik U. Müller geht mit seiner "experimentellen" Fotografie einen eigenen Weg. Gerda Schütte hat sich längst von der klassischen Fotografie verabschiedet. Sie arbeitet seit dem Aufkommen der Digitalkamera nur noch mit dem Fotogramm, der Urform der Fotografie. Die Ausstellung untersucht verschiedene Ansätze: von der klassischen Porträtfotografie über eine konzeptuelle Heransgehensweise zum grenzüberschreitenden Experimentieren. Die Grenzen sind durchaus fließend.
Andreas Fux
Ein junger Mann mit nacktem Oberkörper auf einer hausverbindenden Brücke steht im Kontrast zur durch die Zeit und Ressourcenknappheit geschundenen Architektur einer scheinbar malerischen DDR-Tristesse (die gab's – als Kreuzberger, Neuköllner und Weddinger Variante – allerdings auch in West-Berlin!). Der hell-leuchtende wohlgeformte Oberkörper und die weiße Hose und Stoffschuhe vor dem bröselnden Putz könnten als hoffnungsvolle Zeichen gelesen werden: Ein Jahr nach der Fotosession fiel die Mauer. Das Foto ist zu einer Wende-Inkunabel geworden.
Stefan Thiel
Für die Ausstellung en face hat er neulich erst zwei junge Menschen – es sind Brüder – mit der Kamera begleitet, die sich anschicken, im Sportstudio ihre Körper zu gestalten, um den Mädchen, wie sie sagen, zu imponieren. Eine verblüffende Ehrlichkeit wird dargestellt, wie sie sich abmühen und fast karikaturhaft in Pose setzen. Einer der Brüder erinnert dabei an ein Porträt der Comicfigur Popeye, so wie er sich linkisch vor dem Spiegel in Szene setzt. Die Fotografien sind einfühlsam, man könnte sie sogar zärtlich nennen, und in keinem Moment voyeuristisch.
Katja Flint
Nach ihrer Ausstellung Eins 2019 bei Semjon Contemporary (und zuvor in der Kunsthalle Rostock, begleitet von dem Buch eins, beim Distanz-Verlag erschienen) werden zum ersten Mal Farbfotografien gezeigt, die auf ihre schwarzweiße Werkgruppe der Emotio-Bilder folgen. Die neue Farblichkeit intensiviert das bereits zuvor in der Schwarzweiß-Fotografie Destillierte und schafft es, in die Fotografie ein überzeugendes malerisches Moment einzubauen. Die Farben korrelieren zueinander in ihrer Heftigkeit durch eine gegenseitige farbkomplimentäre Aufladung. Der Pigmentdruck übersetzt hervorragend diese malerische Qualität ihrer Farbfotografien. Die Titel "Holy Man" und "Holy Woman" irritieren hierbei, haben ihre Gesichter doch eher einen diabolischen Ausdruck. Oder sind es Märtyrer mit geschundenen Seelen, Opfer, oder gar Täter?
Henrik U. Müller
Über die Jahre hat der Künstler eine eigene Technik entwickelt, die Fotografie mit der Malerei zu versöhnen und beides zu bilddefinierenden Kompositionselementen zu verbinden. Ein materieller, aber auch inhaltlicher 'Träger' ist dem Compositblattgold zuzuschreiben. Wenn Henrik U. Müller die Gesichter und Büsten der jungen Massais, die er vor einigen Jahren in Afrika fotografiert hatte, mit Gold unterlegt und auf neutralen warmen elfenbeinfarbenen Lackgrund legt, dann erfolgt ein Transzendenzmoment von einem seines Kontextes 'beraubten' Massais zu einem Repräsentanten seiner selbst, im Titel schon angedeutet: »Joseph« und »Kimya«, als Individuen, nicht 'nur' als Vertreter des Massai-Volkes.
Gerda Schütte
Das abstrakte Fotogramm "Souvenirs d‘Afrique" könnte auch eine Maske darstellen. Es dürfte somit die Präsenz eines Menschen trotz Abwesenheit des Gesichts thematisieren. Sicherlich eine gewagte Interpretation, doch der Ausstellungstitel hat bereits in seiner Dopplung "Porträt + Porträt" vorgesorgt und dem Ausstellungsmacher größtmögliche kuratorische Freiheit eingeräumt. Gerda Schütte bildet somit eine Klammer innerhalb der Ausstellung: Von ihrem noch analog hergstellten Selbstporträt von 1989 bis zum 2017 geschaffenen, sehr experimentellen und konzeptuellen Werk "Souvernirs d’Afrique".