Bernard Voita »
Bernard Voïta – Neue Perspektiven in der Fotografie
Urs Stahel, Autor und Ausstellungsmacher, im Dialog mit Teresa Gruber, Fotostiftung Schweiz
Exhibition:
Sun 16 Jun 11:30
Fotostiftung Schweiz
Grüzenstr. 45
8400 Winterthur
+41 52 -234 10 30
info@fotostiftung.ch
www.fotostiftung.ch
Tue-Sun 11-18, Wed 11-20
Bernard Voïta (*1960 in Cully, VD) gehört zu den herausragenden Fotokünstlern unserer Zeit. Seine Werke erinnern zunächst an Montagen oder Collagen, bei genauerem Hinsehen entpuppen sie sich jedoch als reale Installationen im Raum. Die Serie Melencolia (2014–2017), die in der Fotostiftung Schweiz erstmals umfassend präsentiert wird, ist eine Quintessenz aus
seiner langjährigen Gratwanderung zwischen Sein und Schein – ein hochaktuelles künstlerisches Statement zur Gegenwart.
«Ich bin kein Fotograf», sagt Bernard Voïta. Die Fotografie interessiert ihn nicht so sehr als
technisches Medium, sondern vielmehr als ein Mittel der Wahrnehmung, als eine visuelle
Transformation der Wirklichkeit. In dieser Hinsicht nutzt er die Kamera sehr wohl zur
Herstellung seiner Werke. Schon um 1990 produziert Voïta Schwarzweissaufnahmen, die für
Aufsehen sorgen, weil sie eine ganz eigene Realität erzeugen, ohne die üblichen Techniken
der Manipulation und der Verfremdung zu verwenden. Seine dreidimensionalen Installationen
im Studio ergeben, aus einer ganz bestimmten Perspektive fotografiert, zweidimensional
wirkende Bilder und schaffen dabei eine Bildwirklichkeit, die paradox ist und deren Struktur
nicht durchschaubar ist.
Diesem Ansatz ist Bernard Voïta bis heute treu geblieben. Hartnäckig und ausdauernd hat er
sein fantastisches Spiel mit Sein und Schein immer weitergetrieben und in verschiedenen
Arbeiten jeweils neue Irritationen der Wahrnehmung provoziert. Die ab 2014 entstandene Serie
Melencolia bringt banale Dinge des Alltags in eine so akkurat geordnete Unordnung, dass die
Betrachter:innen Halt und Orientierung verlieren und sich aus einer scheinbar sinnerfüllten
Wirklichkeit in ein Labyrinth voller Absurditäten verirren. Jedes einzelne Bild erweist sich als
eine sinnliche, kluge, humorvolle und zuweilen verstörende Illusion, die gerade deshalb so
fasziniert, weil ihr Bauplan rätselhaft bleibt. Dieser Kippeffekt, durch den die Wirklichkeit
plötzlich faszinierend fremd und unlesbar wird, ist bei Voïta aber mehr als eine Spielerei. Sie
vermittelt auf ebenso listige wie lustvolle Art ein metaphysisches Erlebnis, bei dem die Logik
und Ordnung unseres Weltbilds sich in ihr Gegenteil verkehren. Wo Sicherheit war, stellt sich
Verunsicherung ein, was wahr erschien, erweist sich als Illusion.
Bernard Voïtas Serie Melencolia (2014-2017), ist ein aufwendiges, in präziser Handarbeit
geschaffenes Langzeitprojekt, das intellektuell herausfordert und zugleich Schaulust weckt. Ihr
Titel ist eine Anspielung auf Albrecht Dürers berühmten Kupferstich Melencolia I (1514), in dem
die Welt eigenartig erstarrt und perspektivisch «verrückt» erscheint. In der aktuellen
Ausstellung werden zum ersten Mal alle 15 Werke integral gezeigt – eine modellhafte Reflexion
über die Konstruktion und Dekonstruktion von Wirklichkeit. Nichts ist so, wie wir es sehen.
Begleitend zur Ausstellung erarbeitet Bernard Voïta ein Künstlerbuch, in dem er die
Melencolia-Serie durch eine Art visuellen Kommentar aus seinem Bilderkosmos erweitert.
Mit den Ausstellungen Bernard Voïta – Melencolia und Paare / Couples, verabschiedet sich
Peter Pfrunder nach 26-jähriger Amtszeit als Direktor und Kurator der Fotostiftung Schweiz.
Sonntag, 2. Juni, 11.30 Uhr
"Der Streit der Blinden"
Bernard Voïta im Dialog mit Peter Pfrunder. Auf Französisch.
Sonntag, 16. Juni, 11.30 Uhr
"Bernard Voïta – Neue Perspektiven in der Fotografie"
Urs Stahel, Autor und Ausstellungsmacher, im Dialog mit Teresa Gruber, Fotostiftung Schweiz
Sonntag, 1. September, 11.30 Uhr
"Bild und Raum"
Voïtas Kunst der Verführung. Lars Willumeit, Direktor Fotostiftung Schweiz, im Gespräch mit Nadia Schneider Willen, Co-Leitung Migros Museum für Gegenwartskunst – Sammlung
Publikation:
"Bernard Voïta – Melencolia"
Herausgegeben von Peter Pfrunder
Edizioni Periferia / Fotostiftung Schweiz, 2024