Hier können Sie die Auswahl einschränken.
Wählen Sie einfach die verschiedenen Kriterien aus.

eNews

X





ANTI/KÖRPER
Claudia Holzinger
aus der Serie »Coming of Age Wear«, Baden-Baden, 2019

ANTI/KÖRPER

Leon Höllhumer » Claudia Holzinger » Kai Kuss » Xenia Lesniewski » Daniel Rajcsanyi » Süßholz » Sophia Süßmilch » Sarah Tasha »

Exhibition: 9 Aug – 28 Sep 2024

FOTOHOF

Inge-Morath-Platz 1-3
5020 Salzburg

+43 (0)662-849296


www.fotohof.at

Tue-Fri 15-19, Sat 11-15

ANTI/KÖRPER
Xenia Lesniewski
o.T. (MB 02), 2022, Fotoprint, Alu-Dibond, 119 x 84 cm

ANTI/KÖRPER

Claudia Holzinger, Leon Höllhumer, Kai Kuss, Xenia Lesniewski, Daniel Rajcsanyi, Sophia Süßmilch und Sarah Tasha


Ausstellung: 9. August bis 28. September 2024
Eröffnung: Donnerstag, 8. August, 19 Uhr

Mit ANTI/KÖRPER führt der FOTOHOF sieben künstlerische Positionen zusammen, welche den menschlichen Körper als konkretes Medium nutzen, um Erzählungen zu schaffen, die sich einer klaren Zuordnung in bestehende "herrschaftliche" Systeme bewusst entziehen. Mit Claudia Holzinger, Leon Höllhumer, Kai Kuss, Xenia Lesniewski, Daniel Rajcsanyi, Sophia Süßmilch und Sarah Tasha wurden zeitgenössische Künstler:innen eingeladen, die ihre jeweiligen künstlerischen Praxen als strategische Mittel zur symbolischen und expliziten Selbstbehauptung einsetzen und auf diese Weise der, aus der Aufklärung noch heute auf uns kommenden, patriarchalen Vernunft mit ihrer Leidensspur von Ausgegrenztem, Abgespaltenem, Marginalisiertem, Zerstörtem und Verdrängtem dezidiert entgegenstehen.

Der titelgebende Begriff "Antikörper", welcher sich üblicherweise auf, vom Immunsystem zur Bekämpfung von Krankheitserregern produzierte, Proteine bezieht, symbolisiert in diesem Zusammenhang unter anderem die Idee des Widerstands und der Abwehr. Die ausgewählten Positionen diskutieren gesellschaftliche Normen, Zwänge und Stereotypen, erkunden individuelle wie kollektive Identitäten und blicken auf Formen der Unterdrückung. Sie schaffen alternative Perspektiven auf bestehende Wertesysteme, hinterfragen traditionelle Narrative und erfüllen so eine kulturelle Schutzfunktion, welche in jener organischer Antikörper ihre Entsprechung finden könnte.

Dem Medium der Fotografie kommt bei alldem nicht immer eine zentrale Rolle zu. Es ist Dokumentationsmedium performativer Handlungen, sei es im Studio, sei es im privaten oder im öffentlichen Raum. Es kann als komplizenhafte Apparatur im Rahmen widerständiger Aktionen Verwendung finden oder durch die Nutzung zeitgenössischer digitaler Bildgebungsverfahren selbst zum Kommentar über aktuelle ästhetische, politische und soziale Phänomene werden. Die ausgewählten Positionen eint nicht zuletzt eine durchwegs multimediale Praxis, deren Bilder nicht immer im Zweidimensionalen verbleiben. Die Arbeiten zeigen performative Handlungen, räumlich inszeniert durch die Vermengung fotografischer, skulpturaler und installativer Elemente. Nicht zuletzt verbindet sie eine durchaus spielerische und unbekümmerte Freiheit in der Wahl ihrer Mittel, um im Blick auf das Thema der Ausstellung unverhohlene Formulierungen zu finden.

In Claudia Holzingers installativem Auszug aus der Serie "Coming of Age Wear" lassen sich Versatzstücke einer Geschichte dokumentarisch-sachlich-konzeptueller Fotografie, aber auch Anklänge an die historischen Gebrauchsweisen des Mediums als Hilfsmittel zur Kategorisierung und Disziplinierung von Individuum und Gesellschaft entlang visueller Attribute finden. Vor diesem theoretischen Hintergrund verhandelt die Künstlerin im Blick auf die eigene Vergangenheit Fragen zur Politisierung von Körper, zur Bedeutung historischer und aktueller Rollen- und "Leitbilder", zu etablierten Moralvorstellungen und Machtstrukturen. Der bewusst unbeholfen ins Bild gesetzte Versuch einer visuellen Beschreibung des Selbst wird dabei zu einer mitunter tragisch-komischen Erzählung über persönliche Lebenszeit, Gesellschaft, Macht und popkulturelle Historie.

Leon Höllhumers grell-anarchistische Arbeiten entstehen zumeist im Rahmen performativer, mit aufwendig gearbeiteten Requisiten reich bestückter, Happenings, die erzählerisch irgendwo zwischen Screwball-Comedy und Horrorfilm angesiedelt sind. Fließend verbinden sie Elemente aus Performance, Fotografie, Skulptur, Film und Storytelling zu einem medialen Mix, welcher weniger einer geradlinigen Erzählung als der Schaffung grotesker, künstlerischer Habitate verpflichtet scheint. In diesen dystopisch-karnevalesken Märchenwelten treffen aus Kunstwelt und Subkultur entlehnte Gestalten auf fantastische Chimären, werden glasierte Keramiken zu bizarren Werkzeugen, Prothesen und Requisiten für Shows, die sich, je nach Konzeption, zu temporären stages und sozialen Plastiken auswachsen können.

ANTI/KÖRPER
Kai Kuss
Videostill aus: »Cueva Del Mal«, 2023
4K-Video, 30 min.

In Kai Kuss’ semi-dokumentarischem Video-Alptraum "Cueva Del Mal" (Höhle des Bösen) vollzieht der Filmemacher einen, mit den einfachsten filmischen Mitteln vorgenommenen, Abstieg in eine, von psychoanalytischer Sexualmetaphorik und archaischem Grauen durchwirkte Unterwelt. In einer wilden Vermengung von Amateur- und Exploitation-Film, von homerischen und alttestamentarischen Motiven, stolpern schräge Figuren durch eine nicht weniger schräge Story, deren tragende Elemente die unwirtliche Landschaft und der damit korrespondierende, malträtierte Körper des Protagonisten darstellen.

Xenia Lesniewskis multidisziplinäre Praxis entsteht zwischen Malerei, Installation, Fotografie, Video und Performance. In der Verknüpfung von Kunst und alltäglicher Wirklichkeit, der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen und öffentlichem Raum stehen für sie die Verwerfungen des neoliberalen Zeitalters ebenso im Fokus, wie eine möglichst fließende Einbettung künstlerischer Interventionen in ihr persönliches Umfeld. In der Serie "Selfportrait On Cars" praktiziert Xenia Lesniewski eine bildmäßige Aneignung von privatem Eigentum im Stadtraum. In einer Mischung aus feministischem, provokantem und humorvollem Übergriff entsteht eine Kontroverse über die Annexion fremden Eigentums, die Unverhältnismäßigkeit wirtschaftlicher Strukturen und die Gestaltung öffentlichen Raums.

Ein männlicher Rückenakt, dominant ins Bild gesetzt. Eine Tätowierung scheint dem Mann, dessen Augen verbundenen sind, einen Namen zu geben. Die unzweideutige Atmosphäre des Bildes verbindet Daniel Rajcsanyi räumlich mit dem moralisierenden Inhalt einer schwäbisch-pietistischen Stickerei und läßt so einen geradezu bösartigen Sinnzusammenhang entstehen. Daniel Rajcsanyi verknüpft großformatige Fotografien mit Elementen aus Volkskultur, Kitsch und Erotik- Supermarkt. Er entwirft Installationen, die zwischen der Inszenierung intimer, von alltäglichen Normen losgelöster, Momente und der Dokumentation subkulturellen Lebensstils angesiedelt sind. Seine Bildräume setzen sich bewusst über gesellschaftliche Konventionen und tradierte moralische Wertvorstellungen hinweg. Sie entwerfen gleichermaßen kindliche wie boshafte, hermetische und doch an vielen Stellen mit der Wirklichkeit verbundene, Bildblasen.

Seit 2020 verbindet Sophia Süßmilch und Claudia Holzinger eine kollaborative Praxis, in der sich die beiden Künstlerinnen unter dem Namen SÜSSHOLZ der Schaffung von, im Studio erarbeiteter, vielteiliger fotografischer Bildserien widmen. Ihre Arbeitsweise ist dabei unmissverständlich direkt und auf spielerische Weise provokant. In unbekümmert-burlesken Inszenierungen werden die eigenen Körper als subjektivierende Projektionsflächen genutzt, um Geschlechterrollen zu diskutieren und, aus einer breiten kunsthistorischen Motivpalette zitierend, klassische Körperbilder als Vermittlungsmedien politisch propagierter Moral und sozialer Normen zu de-konstruieren.

In ihren* inszenierten fotografischen Selbstporträts erforscht Sarah Tasha die eigene genderqueere Transidentität sowie Ideale, welche ihr* als weiblich gelesene Person gesellschaftlich auferlegt werden. Sie nutzt moderne digitale Werkzeuge, Technologien der Augmented Reality und Artificial Intelligence, um, eine klar queerfeministische Perspektive einnehmend, künstliche Selbstbilder zu schaffen und diese zu collagieren, zu transformieren und zu sabotieren. In ihrer* Praxis als Performance- Künstler*in verbindet Sarah Tasha Elemente aus Drag und Popkultur und erweitert ihre* Bühne in den virtuellen Raum, wo sie* die Grenzen zwischen Performance-Kunst, Kabarett und Social-Media-Content verschwimmen lässt.

ANTI/KÖRPER
Sarah Tasha
»Do bin I her do kea I hin«, 2023, Fotografie, AI Fotomanipulation, Collage, 50 x 60cm
ANTI/KÖRPER
Süßholz (Sophia Süßmilch und Claudia Holzinger)
»Geteilte Erbsünde«, aus der Serie »Trost im Jüngsten Tag«, München, 2020, 60 x 40 cm