
FACT/FAKE – BILD. GESELLSCHAFT. ZUKUNFT
Symposium: 20 Nov – 22 Nov 2025
Thu 20 Nov 19:00

Städtische Galerie Leerer Beutel
Bertoldstr. 9
93047 Regensburg
0941-507 2440
museen_der_stadt@regensburg.de
www.regensburg.de/Kultur/Museen
Tue-Sun 10-16
FACT/FAKE – BILD. GESELLSCHAFT. ZUKUNFT
Symposium: 20. bis 22. November 2025, xx - xx Uhr
mit Ruth Horak, Dr. Katharina Günther, Dr. Anja Schürmann, Maren Krings, Christiane Stahl, Emma Rüther, Dr. Annekathrin Kohout
Das dreitägige Symposium zur gleichnamigen Ausstellung »FACT/FAKE« begreift die Fotografie nicht nur als ästhetisches oder technisches Medium, sondern als gesellschaftlichen Resonanzraum. Zwischen dokumentarischer Geste und digitaler Simulation, zwischen Bildpolitik und Blickregime. Wie wird Wirklichkeit gemacht? Philosophisch, visuell, sozial, geografisch?
In Vorträgen, Panels und Gesprächen loten wir die Rolle fotografischer Bilder im Kontext globaler Narrative, ökologischer Krisen und kultureller Konstruktionen aus. Wir diskutieren die Macht des Bildes in politischen Räumen, seine Funktion in Bildungsprozessen, seine Materialität und seine Auswirkungen auf unsere Vorstellungen von Nachhaltigkeit, Wahrheit und Zukunft. Die Fotografie erscheint hier als Schnittstelle: zwischen Evidenz und Emotion, zwischen Erinnerung und Erfindung, zwischen Fakten und Fiktionen. Sie führt uns an die Ränder des Sichtbaren – und darüber hinaus.
Was können wir Bildern heute noch glauben? Und was sagt das über uns? Welche Bilder prägen unser Wissen? Welche fehlen? Welche täuschen?
Das Symposium bringt Perspektiven aus Kunst, Theorie, Journalismus, Wissenschaft und Aktivismus zusammen. Es fragt nach der Substanz des Bildes in einer Welt der Reizüberflutung. Und danach, wie wir mit Bildern lehren, lernen, denken und vielleicht auch handeln können.
Fakt oder Fake? Vielleicht ist die Zukunft des Bildes nicht die Unterscheidung – sondern die Auseinandersetzung.
Im Rahmen des dreitägigen Symposiums halten renommierte Wissenschaftler*innen aus der Medien- und Fototheorie, Expert*innen aus dem Fotokunstmarkt, Sammlungsleiter*innen, Ausstellungsmacher*innen, Historiker*innen, Philosoph*innen und Künstler*innen Vorträge und stellen sich der Diskussion mit dem Publikum.
Programm
Dr. Katharina Günther
Kuratorin am Zentrum für verfolgte Künste Solingen
"Kuratierte Wirklichkeit: Kunst und Dokumentation in Lee Millers Kriegsfotografie"
Ab 1944 begleitet die amerikanische Fotografin Lee Miller die 3. US-Armee bei der Befreiung Europas von den Nationalsozialisten. Sie nimmt zerstörte Städte, deren Bevölkerung und befreite Konzentrationslager auf. Einige Bilder sind aktiv gestaltet, andere sind durch die gezielte Anwendung künstlerischer Stilmittel und den Rückgriff auf kunsthistorische Vorbilder einer dokumentarischen Darstellung entrückt – es entsteht eine „kuratierte Wirklichkeit“. Dieser Vortrag entschlüsselt Millers künstlerische Stilmittel, diskutiert ethische Fragen sowie kunst- und fotohistorische Referenzen.
Dr. Annekathrin Kohout
Freie Autorin und Fototheoretikerin, Leipzig
"Eine Frage der Flexibilität"
Mit der Dehnbarkeit des Fotografiebegriffs steht auch die Flexibilität des Wahrheitsgehalts einer Fotografie zur Diskussion. Sind analoge Fotoarchive die letzten zuverlässigen Bildzeugnisse? Aber wie groß ist der Interpretationsspielraum, wenn sie Jahrzehnte später gesichtet werden? Und können nicht auch Fakes das materielle Erbe einer ungeschriebenen Geschichte antreten? Selbst wenn sie keine indexikalische Beziehung zum Geschehnis haben, aber gut recherchiert und inszeniert sind? Künstler*innen und ihr freier Umgang mit Materialien sind eine gute Grundlage, um über solche Fragen zu reflektieren, reizen sie doch das Feld, in dem sie sich bewegen, ständig aus.
Maren Krings
Climate Impact Storytellerin, Fotografin und Autorin
"Licht-Bilden oder fotografisches Erzählen – Welches Narrativ hat Bestand im Anthropozän?"
Wie ein Tsunami rauschen grüne Schlagworte über uns hinweg – laut, verheißungsvoll, flüchtig. Fotokunst kann dem etwas entgegensetzen: ein Narrativ, das zwischen Wissenschaftsverdrängung, populären Mythen und ehrlichen Lösungen oszilliert. In der fließenden Zone zwischen Fakt und Fiktion lässt das fotografische Bild Raum für Emotion, Zweifel – und radikale Vorstellungskraft.
Emma Rüther
Freie Künstlerin und Fototheoretikerin, Düsseldorf
"Zeugenschaft"
Ob und wie Fotografien die Wirklichkeit abbilden ist seit Erfindung des Mediums Fotografie Grundlage für die zugehörige theoretische Auseinandersetzung. Doch wie steht es um die praktische Auseinandersetzung? Wie nutzen Künstler*innen fotografische Elemente, um Zeugenschaft in Gemälden oder Skulpturen zu fingieren, Wahrheiten zu vermitteln oder Fiktionen Gewicht zu verleihen? Die Untersuchung widmet sich der ästhetischen Glaubwürdigkeit diverser fotografischer Produkte und derer technischen und bildnerischen Eigenschaften.
Dr. Anja Schürmann
Permanent Research Fellow am Kulturwissenschaftliches Institut Essen
"Das vibrierende Bild"
Fotografie erzeugt nicht nur Bilder, sondern Atmosphären. Vibes verschieben die Grenze zwischen Faktischem und Fiktivem, sie entziehen sich klarer Zuschreibung und eröffnen zugleich neue Formen des Wissens. Anhand der Arbeiten von Neven Allgeier, Cemil Batur Gökçeer, Jenny Schäfer und Iris Winckler und fragt der Vortrag, wie fotografische Stimmungen wirken, warum sie unser Vertrauen in Bilder irritieren – und ob sich in der Schwebe von Evidenz und Ephemerem eine eigene Wissensform zeigt.
Dr. Christiane Stahl
Direktorin der Alfred Ehrhardt Stiftung, Berlin
"Hat Charles Darwin etwas übersehen?"
Der Vortrag wertet die Besucherreaktionen in der Ausstellung »Joan Fontcuberta: What Darwin Missed« aus, wobei Realität und Fiktion nur schwer voneinander zu trennen waren. Die Besucher schwelgten so lange im Glück über die ›unfassbare Schönheit der Natur‹, bis der ›Betrug‹ aufflog. Nach einem Wechselbad der Gefühle zwischen höchstem Entzücken, Verblüffung und nacktem Entsetzen flogen oft die Türen. Wer aber Fontcubertas Konzept oder KI (er)kannte, war gewappnet. Und dann wurde es richtig lustig.