Bill Viola zählt zu den renommiertesten Videokünstlern unserer Zeit. Die Kunsthalle Bremen zeigt anlässlich der Verleihung des Kunstpreises 2005 der NORD/LB eine signifikante Auswahl seines Schaffens. Der Künstler konzentrierte sich stets auf die Ausdrucksformen grundlegender menschlicher Zustände. Tiefe Leidenschaften oder Lebenseinschnitte wie Geburt und Tod gab er in oft großformatigen Videoprojektionen wieder. Die ausgewählten Bilder, die jetzt in der Kunsthalle Bremen zu sehen sind, faszinieren durch ihre einprägsame Klarheit und sind nicht selten in Anspielung an mittelalterliche Gemälde oder Renaissancebilder inszeniert worden. "Ascension" (2000) zeigt einen Mann mit ausgestreckten Armen unter Wasser, seine Ellbogen wie zum Gebet erhoben. Der Mann bewegt sich nicht, wird vom Wasser bewegt: Ist er tot oder noch am Leben? Sehr langsam steigt er auf, länger als es ein Mensch unter Wasser aushält. Sein Kopf verschwindet kurz von der Oberfläche, sinkt dann wieder hinab, ist nicht mehr zu sehen. Plötzlich fällt der Mann explosionsartig wieder ins Wasser – und der Film beginnt von neuem. Aus zwei Filmsequenzen besteht "The Locked Garden" (2000) aus der Sammlung der Kunsthalle Bremen: ein Mann und eine Frau in den Gemütszuständen glücklich, traurig, ärgerlich, ängstlich. Die 45 Sekunden kurzen Sequenzen dehnte Viola auf rund 13 Minuten und verband die Flachbildmonitore wie zwei Bilder in der mittelalterlichen Malerei zu einem Diptychon. Als Viola zufällig Probeaufnahmen auf kleinen Flachbildmonitoren sah, war er von der emotionalen Präsenz der Personen geschockt und wählte daher dieses intime Bildformat. Die zusammengesunkene männliche Figur in Masolinos "Pietà" (1424) war für die Arbeit "Emergence" (2002) vorbildlich: Zwei Frauen ziehen einen Mann aus einem Becken. Ihre Handlung ist nicht eindeutig: Handelt es sich um einen Ertrunkenen oder um eine Art mystischer Geburtshilfe? In "Observance" (2002) bezieht sich Viola durch die enge Zusammenführung der Personen und ihre farblich abgestimmte Kleidung auf Dürers "Vier Apostel" (1526). Der Plasmamonitor zeigt Menschen verschiedenen Alters und Herkunft. Sie treten abwechselnd langsam vor, entladen geradezu vor dem Betrachter ihre Gefühle von Kummer und tiefem Schmerz – ohne den Grund zu nennen. Gleichwohl wird das Video häufig als Violas Beitrag zur Aufarbeitung des 11. September 2001 angesehen. Mit freundlicher Unterstützung der NORD/LB.