M+M (Marc Weis + Martin De Mattia) »
Man muss auch mal bei der Halbwahrheit bleiben
Exhibition: 1 Feb – 19 Apr 2006
Baukunst Galerie
Theodor-Heuss-Ring 7
50668 Köln
+49 (0)221-7713335
art@baukunst-galerie.de
www.baukunst-galerie.com
Tue-Fri 10-18 . Sat 11-18 and by appointment
Die BAUKUNST GALERIE präsentiert erstmals eine große Einzelschau zu den Werken des deutschen Künstlerduos M+M. Zur Eröffnung am Mittwoch, den 1. Februar 2006, 19.00-22.00 Uhr, spricht Dr. Christoph Schaden. "M+M" steht für die künstlerische Zusammenarbeit von Marc Weis, geb. 1965, und Martin De Mattia, geb. 1963. In der Ausstellung wird eine Auswahl aus den Serien "kurz vor fünf" und "in front" präsentiert, an denen die Künstler seit 2001 bzw. 2003 arbeiten. Im Rahmen des "Artists in Residence"-Stipendium der Villa Aurora werden M+M von April bis Juni diesen Jahres ihre künstlerische Arbeit in Los Angeles fortsetzen. Bereits im Jahr 2002 erhielten sie ein USA-Stipendium des Bayerischen Staates und 1998/99 ein weiteres Stipendium an der Villa Massima in Rom. Zuvor wurde das Künstlerduo 1997 durch den Bayerischen Staatsförderpreis ausgezeichnet. An der Akademie der Bildenden Künste in München übernahmen M+M 2000/01 eine Gastprofessur. Zudem erhielten sie 2001/02 eine Dozentur an der Hochschule für Gestaltung und Kunst in Zürich. Ihre Arbeiten wurden bereits in zahlreichen nationalen und internationalen Ausstellungen präsentiert, u.a. im Italienischen Pavillon auf der Biennale in Venedig, ZKM Karlsruhe, Sprengelmuseum Hannover, Kunstmuseum Bern, Ludwig Museum Köln und Musée d‘ Art Contemporain Montreal. Ausgangspunkt der Arbeit von M+M ist stets das Konzeptionelle: "Zunächst gibt es eine Idee, und dann suchen wir nach einem geeigneten Medium, die Idee darzustellen oder umzusetzen." Ihre Werke verkörpern eine komplexe Synthese aus Film, Fotografie und Installation, die sich keiner einzelnen Kunstgattung zuordnen lässt. So sind auch die in der BAUKUNST GALERIE präsentierten großflächigen Fototableaus auf der Grenze zwischen den Medien Film und Fotografie anzusiedeln. Zudem sind die Wände, auf denen die Arbeiten montiert sind, mit von M+M gestaltetem Zeitungs- und Plakatpapier verkleidet, so dass jede Wand zur Skulptur und der Ausstellungsraum zur Rauminstallation wird. In der Serie "kurz vor fünf" (Cibachrome auf Alucobond, 125x238 cm) besteht jede "Kurzfilmfotografie" aus 4290 winzigen, fortlaufenden Filmstills. Das Bildmaterial stammt aus einem knapp dreiminütigen Film, den die Künstler mit professionellen Schauspielern, Kamera und Licht vor Ort inszeniert und anschließend im Computer geschnitten und zum Bild montiert haben. Während sich die Bildsequenzen in extremer Nahsicht detailgenau verfolgen lassen, verschmelzen sie bei zunehmender Entfernung zu einer abstrakten Matrix, die von den dominanten Farben des jeweiligen Sets bestimmt ist. Eine Dechiffrierung wird erst durch eine erneute Annäherung möglich. Jeder Film zeigt jeweils einen einzelnen Mensch in seinem spezifischen Umfeld. Der Titel verweist auf das verbindende Element der Arbeiten: Alle Geschichten spielen kurz vor fünf mitteleuropäischer Zeit. Somit ergibt sich ein synchronisierter Schnitt durch das Leben unterschiedlichster Personen in verschiedenartigen Städten – von Berlin bis New York oder Kalkutta. Die Fotoreihe hat keinen festgelegten Plot und wird kontinuierlich durch neu inszenierte Handlungen an weiteren, bereisten Orten ergänzt. Beabsichtigte, aber wie zufällig herbeigeführte formale und inhaltliche Links zwischen den Arbeiten – wie Farben, Personen oder Requisiten, die mehrfach auftauchen – lassen die einzelnen Kurzfilm-fotografien zu einem komplexen Beziehungsgeflecht werden. Auch bei der Serie "in front" (Lambda-Belichtung auf Endura, Maße variabel) ist das Arbeitsprinzip die Auflösung des Films in seine vielen tausend fotografischen Einzelbilder. Vorlage für diese Arbeiten bilden diesmal nicht selbst inszenierte Geschichten, sondern ausgewählte Fernsehnachrichten der letzten vier Jahre. In Abgrenzung zu den Arbeiten in "kurz vor fünf" bezeichnen M+M diese daher als "Dokugraphien", um deren Position zwischen künstlerischer Fotografie und Dokumention zu verdeutlichen. Material für die in der BAUKUNST GALERIE präsentierten Arbeiten liefert die Fernsehansprache von Georg Bush am 14. Dezember 2003, in der dieser die Festnahme Sadam Husseins verkündet. Die Arbeiten werden durch auf Zeitungspapier gedruckte Bild- und Textfragmente der Fernsehansprache ergänzt. Die Ironie des von M+M gewählten Ausstellungstitels "Man muss auch mal bei der Halbwahrheit bleiben" entfaltet hier seine Virulenz: Durch die Verwendung von Nachrichtenbildern und bekannten Personen bzw. scheinbar zufällig ausgewählten Szenen an real existierenden Orten, die in chronologischer Abfolge präsentiert werden, spielen die Künstler mit dem Anschein des Dokumentarischen. Die damit verknüpfte Idee der Wahrheit wird im nächsten Moment durch die von M+M vorgenommene Ästhetisierung der filmischen Information zurückgenommen. Politik und Geschichte dringen somit als nicht determinierte, weder linear noch eindeutig darstellbare Größen ins Bewusstsein des Betrachters. Darüber hinaus wird er vor die grundsätzliche Frage gestellt, wie die Fülle von Information in einer von den modernen Medien geprägten, disparaten Lebenswirklichkeit annähernd bewältigt werden kann. _________english________ The BAUKUNST GALERIE opens on Wednesday, 1 February 2006, 7 p.m. to 10 p.m. a great solo-exhibition of the works by the German artist-duo M+M. At the opening speaks Dr. Christoph Schaden. "M+M" stands for the artistic collaboration between Marc Weis, born 1965, and Martin De Mattia, born 1963. In the exhibition will be presented a selection of the series "kurz vor fünf" (shortly before five) and "in front" they have been working on since 2001 respectively 2003. From April to June 2006 M+M will proceed their artistic work within the "Artists in Residence"-scholarship of the Villa Aurora in Los Angeles. They already received an USA grant of the Bavarian Council in 2002 and a one year scholarship at the Villa Massima in Rome in 1998/99. Before that the artistic duo was awarded a grant of the Bavarian Council (1997). In 2000/01 M+M assumed a teaching position as guest professors at the Adademy of Arts in Munich. Furthermore in 2001/02 they received a teaching position at the Hochschule für Gestaltung und Kunst (HGKZ) in Zurich. Their works were already presented in several major national and international exhibitions, amongst others in the Italian Pavilion of the Venice Biennal, the ZKM Karlsruhe, the Sprengelmuseum Hannover, the Kunstmuseum Bern, the Ludwig Museum Cologne and the Musée d’Art Contemporain Montreal. The initial point of M+M’s artwork is always the conception: "First there is an idea, and then we are looking for the right medium to illustrate or realize the idea." Their works represent a complex synthesis of film, photography and installation, which cannot be assigned to an individual genre. Thus the extensive photo-tableaus presented at the BAUKUNST GALERIE also combine the disciplines film and photography. Moreover the walls, the works are mounted on, are wallpapered with newspaper and posters designed by M+M. That way every wall becomes a sculpture and the exhibition room a space installation. In the series "kurz vor fünf" (Cibachrome on Alucobond, 125x238 cm) every "Kurzfilmfotografie" (short-film photography) consists of 4290 tiny, individual, chronologically sequenced frames. The photographic material was taken from an almost three minutes long short-film. Each film was staged by the artists with professional actors, camera and light on location, then cut in picture processing program of the computer and composed to a large photo-mosaic. On closer inspection the details of the sequences can be recognized, but with increasing distance they turn into an abstract array. The radom horizontal stripes are characterized by the dominating colour of the respective film set. Just an anew approachment enables the decipherment. Every film shows an individual person in his specific environment. The title draws the attention to the connective element of the works: All stories take place shortly before five at central European time. The consequence is an synchronal section through the life of various people in different cities – from Berlin to New York or Kalkutta. "Kurz vor fünf" does not have a definite plot and is continously supplemented by new acts at further toured locations. Intended, but ostensible accidental links in form and content – colours, persons or requisites, which appear several times – generate a complex network. The work principle of the series "in front" (Lambda-exposure on Endura, various dimensions) is also the resolution of a film into thousands of individual frames. Source for these works are not staged events anymore but selected news on television of the last four years. In contrast to "kurz vor fünf" M+M call these works "Dokugraphien" (docugraphies) in order to point out their position between artistic photography and documentation. Material for the presented works at the BAUKUNST GALERIE supplied the television-address of George Bush on 14 December 2003, in which he proclaimed the caption of Sadam Hussein. The works are completed by wallpapered newspaper with photographical and textual fragments of Bush’s speech. Here the irony of exhibition-title "Man muss auch mal bei der Halbwahrheit bleiben" ("one has to keep at factoid sometimes") develops its virulence: The artists play with the speciousness of documentation by using images of daily news and public persons respectivly using accidental seeming scenes at real settings, presented in a chronological order. The idea of truth, which the spectator associates with documenation, is immediatly withdrawn by M+M’s aestheticization of the the filmic information. This way the spectator becomes aware of politics and history as non determined, wether linear nor distinct educible issues. Furthermore the disparate information of the mixed media confront him with the problem, how the great amount of data can be handled in our by the modern media dominated world.