Julia Peirone »
Exhibition: 31 Mar – 27 May 2006
"Meine Arbeit handelt oft von unserer inneren Welt, die mit dem äußeren Leben, das wir gezwungen sind zu leben und zu akzeptieren, konfrontiert wird. Ich mag es, die kleinen Momente zu finden, in denen sich größere Fragen auftun. Ich suche nach der Schwingung zwischen dem Gesagten und dem nicht Gesagten." (Julia Peirone) Die Galerie f5,6 präsentiert die erste deutsche Einzelausstellung des schwedischen Shootingstars Julia Peirone (geb 1973), die hauptsächlich im Bereich der Fotografie und Videokunst arbeitet. Peirones Schaffen zeichnet sich durch die gegenseitige Befruchtung von analoger dokumentarischer Fotografie und den neuen digitalen Möglichkeiten aus. Durch den Einsatz des Computers schneidet, zeichnet, addiert, subtrahiert, konstruiert, zerstört und rekonstruiert Julia Peirone vorwärts, rückwärts, seitwärts, Schritt für Schritt die fotografische Realität. Wichtig ist, dass ihre neu entstandene Bilderwelt nicht die glatte digitale Perfektion enthält, sondern sich im Gegenteil stärker an einer Weiterführung der Kollagentechnik der 1930er Jahre von Künstlern wie Hannah Höch oder anderen Vertretern des Dadaismus orientiert. Die Galerie f5,6 zeigt in der Ausstellung einen Überblick über die gesamte Bandbreite und Entwicklung von Julia Peirones Arbeiten. Ihre erste Serie "The Girl" entstand ohne Computerbearbeitung und kombiniert lineare Zeichnungen eines jungen Mädchens mit verschiedenen Kontexten. So werden diese entweder direkt auf eine abfotografierte gefundene Postkarte aufgetragen, oder auf Fotografien, die direkt vom Fernsehbildschirm des letzten WM-Fussballspiels England - Argentinien abfotografiert wurden. Hierbei spielt - ähnlich wie in Andy Warhols Arbeiten – die Unvollkommenheit der Reproduktion, in der man die einzelnen runden Rasterpunkte deutlich wahrnehmen kann, eine wichtige Rolle. Dies steht in direktem Gegensatz zu den quadratischen digitalen Pixeln, die man von heutigen Bildern, die z.B. eine zu geringe Auflösung haben, kennt. In ihrer neueren Arbeit wird der Computer ein wichtiges Instrument. In der Serie "Reconstruction of Presence" greift Julia Peirone auf ihr eigenes Archiv dokumentarischer Bilder von Menschen in den Straßen von Paris zurück. Mit Hilfe des Computers werden sie aus ihrem "natürlichen Kontext" herausgeschnitten und auf einen monochromen Hintergrund in einer neuen Situation wieder zusammengestellt. Hier verschiebt Julia Peirone gleichzeitig auch die allseits bekannte Zentralperspektive, die seit der Renaissance das wichtigste Instrument für die Realität in der Kunst war und von der Fotografie übernommen wurde. In ihrer jüngsten Serie "Night Spots" sind vorwiegend einzelne hell erleuchtete Figuren von nächtlicher Dunkelheit umgeben. Die augenscheinlich portraitähnlichen Dargestellten, oftmals junge Mädchen, drehen sich aber meist von der Kamera weg zur nächtlichen Dunkelheit hin. Wieder arbeitet Julia Peirone gegen die angenommene Norm und eröffnet so einen anderen Dialog für den Betrachter. Julia Peirones Arbeiten verlassen letztendlich die herkömmliche Fotografie, die sich mit der äußeren Welt beschäftigt. Stattdessen suchen sie nach einer oftmals sehr persönlichen inneren Wirklichkeit, in der in neuen Konstellationen nach einer etwas anderen Bedeutung geforscht wird, wo kleine Gesten oder Bewegungen eines Menschen ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis eines Aspekts der menschlichen Existenz werden. Julia Peirone wuchs in Schweden als Tochter argentinischer Immigranten auf. Sie machte 2001 ihren Abschluss an der renommierten Akademie Konstfack in Stockholm. Dieses Jahr hat sie auch ihre erste Einzelausstellung in New York. Ihre Arbeiten wurden schon vielfach in skandinavischen Institutionen gezeigt, wie das Finnische Museum für Fotografie und dem Museum of Modern Art, Stockholm. Sie stellte bei Brändström & Steene, Stockholm aus, sowie in Arles und dem Hereford Photography Festival. Desweiteren erhielt sie Stipendien und Auszeichnungen Schwedens und repräsentierte Schweden beim Northern Cities Project, welches momentan durch Skandinavien und Russland tourt. Ihre Arbeiten sind in skandinavischen Privatsammlungen vertreten sowie u.a. auch im National Arts Council in Schweden und dem Kulturfond Göteburg.