Hier können Sie die Auswahl einschränken.
Wählen Sie einfach die verschiedenen Kriterien aus.

eNews

X





Adaption - Die Kunst der Anpassung
Dita Pepe, aus der Serie Selfportraits, 2003
C-Print, 100 x 100 cm, Edition 4/20

Adaption - Die Kunst der Anpassung

Andrzej Krammarz & Weronika Lodzinska » Karolina Kowalska » Dita Pepe » Lukasz Skapski »

Exhibition: 9 Sep – 28 Oct 2006

ZAK Gallery

Linienstr. 148
10115 Berlin

ZAK GALLERY

Linienstr. 148
10115 Berlin


closed

Das Prinzip ist aus der Natur bekannt: Das Chamäleon wechselt seine Farbe je nach Umgebung, Vögel pfeifen Handyklingeltöne nach oder bauen Nester aus Plastikabfällen. Selbiges gilt für den Menschen. Anpassung und Aneignung sind die wirksamsten Strategien für das Überleben oder zumindest zum Erlangen eines gewissen Komforts. Not macht erfinderisch, heißt es. Sprechen wir gar nicht erst von den elementarsten Adaptionen an eine feindliche Natur. Das Feuer ist entdeckt und gezähmt, das Rad erfunden. Auch - gerade! - in unseren komplexen, modernen Gesellschaften wirken die natürlichen Grundprinzipien von Anpassung und Aneignung. Ob es um Zugehörigkeit zu einer Gruppe geht, um das geistige Überleben in einem denaturierten Lebensraum oder das gewiefte Sich zu helfenwissen unter widrigen Umständen. Dieselbe Findigkeit kennzeichnet die Entwicklung vom Mammut jagenden Höhlenmenschen zum so genannten postmodernen Menschen, der spielerisch in virtuellen Räumen wandelt und praktische Tiefkühlportionen aus der Mikrowelle speist. Die Notwendigkeit, sich anzupassen, erwächst heute genauso wie seit jeher aus Mängeln und Widrigkeiten. Sie zeitigt zuweilen erstaunliche Ergebnisse. Die Arbeiten, die in "Adaption" gezeigt werden, eint die kreative Auseinandersetzung mit vorgefundenen Problemen und ihren Lösungen. Die Künstler nähern sich dem verschieden: Die einen dokumentieren Adaptionen, wie Weronika Lodzinska und Andrzej Kramarz die Betten in einem Krakauer Obdachlosenheim oder Lukasz Skapski die selbstgebauten Traktoren südpolnischer Bauern. Die anderen adaptieren selbst. So stellt Karolina Kowalska trostlosen winterlichen Fensterblicken tropisches Grün entgegen und Dita Pepe untersucht die Binsenweisheit, dass Kleider Leute machen bzw. Identitäten schaffen. Allen Arbeiten ist außerdem gemeinsam, dass die Adaptionen, auf die sie hinweisen, in ganz konkreten sozialen Gegebenheiten entstehen. Sie enthalten damit eine gesellschaftskritische Dimension, die sie über ihre reine Ästhetik hinaus interessant machen. Man fühlt sich vielleicht an seine Kindheit erinnert, in der man spielerisch gesellschaftliche Muster aus- und nachprobierte. Aus Zweigen und Handtüchern entstand das eigene Haus, Verkleidungen erlaubten spontane Verwandlungen in jemand anderen, alte Reifen waren Boote, eine Obstkiste auf Rollschuhen ein Auto. Die kindlichen Spiele übten Verfahren, die in der Erwachsenenwelt technisch überholt und nicht mehr notwendig scheinen. Die Arbeiten in "Adaption" verweisen jedoch auch darauf: Am Rande und mitten in einer kanonisierten und befriedigten Gesellschaft sind materielle wie auch geistige Notwendigkeiten allgegenwärtig. Die Betten obdachloser Männer, von Weronika Lodzinska und Andrzej Kramarz in einem Krakauer Nachtasyl aufgenommen, sind weit mehr als bloße Schlafstätten: Sie zeigen den Charakter des "Bewohners", seine Sehnsucht nach Privatheit, seine Interessen und Vorlieben. Dass die Umstände die Möglichkeiten bestimmen, die Anpassungsfähigkeit jedoch, was daraus gemacht wird, gilt auch für die "Maschinen", die Lukasz Skapski fotografierte. Der Stolz, mit dem die Bauern auf ihren selbstgebauten Traktoren thronen, gilt auch der eigenen Findigkeit. Die tschechische Fotografin Dita Pepe behandelt Adaptionen im Kontrast dazu als innersoziale Prozesse. Ihre Inszenierungen spielen mit der Wirkung der äußeren Erscheinung. In ihren Doppelportraits überträgt sie die Merkmale der Personen, mit denen sie sich fotografieren lässt, auf sich selbst. Sie verwandelt sich mit Hilfe von Makeup und Kleidern und stellt so verbreitete Bewertungsmaßstäbe, Gruppenzugehörigkeit und Identität per se in Frage. Dem Grau vor den Fenstern städtischer Lebensräume im Winter stellt Karolina Kowalska anstelle eines Ortswechsels die Anpassung des Ortes mit denkbar einfachsten Mitteln entgegen. Je verbauter die Umgebung, desto größer die Sehnsucht nach Natur. Das Fenster mit dem tristen Panorama grauer Fassaden ersetzt sie durch eines, vor dem das satte, saftige Grün eines tropischen Gartens leuchtet, eine Allusion und Illusion von Paradies.

Adaption - Die Kunst der Anpassung
Adaption - Die Kunst der Anpassung
Lukasz Skapski, aus der Serie The Machines, 2006
C-Print, 45 Elemente, je 15x15 cm (Ausschnitt), Edition 3
Adaption - Die Kunst der Anpassung
Karolina Kowalska, aus der Serie Windows for wintertime, 2004
Leuchtkasten, gerahmt in altem Fensterrahmen, 180 x 100 cm, Edition 3 + 1AP