Man hat schon oft darauf hingewiesen, daß unsere Epoche die der Emigration ist – der erzwungenen und der freiwilligen. Es ist eine Zeit der endlosen Abschiede und eine Zeit, die, von der Erinnerung an diese Abschiede verfolgt, keine Ruhe findet. Der Schmerz, wenn etwas Vorhandenes plötzlich fehlt, ist wie ein Krug, der fällt und in Stücke bricht. Allein sammelst du die Scherben auf, du entdeckst, wie sie zueinander gehören, und fügst sie vorsichtig zusammen, eine nach der anderen. Vielleicht ist der Krug irgendwann wieder ganz, aber er ist nicht mehr der gleiche. Er ist gesprungen und doch wertvoller als zuvor. Etwas Vergleichbares geschieht mit dem Bild eines Ortes oder einer geliebten Person, an die man sich nach der Trennung erinnert. John Berger Lisa Santarelli setzt sich in ihrer zweiteiligen* autobiographischen Arbeit A due passi da me mit alltäglichen Themen wie Liebe, Trennung und Heimweh auseinander. Das erste Kapitel widmet sie ihrem Leben im Ausland und der Erfahrung einer Fernbeziehung: Abschied von Zuhause und Beginn eines neuen Lebens fernab von allem Vertrauten. Im zweiten Kapitel portraitiert sie ihre italienische Familie sowie die Orte, die ihr von Kindesbeinen an vertraut sind. Die Bilder geben einen Einblick in intime persönliche Situationen und stellen gleichzeitig Szenen dar, die uns allen vertraut sind. Sie zeichnen ein Gefühl großer Nähe und erinnern an eigene, längst vergangene Tage. Lisa Santarelli schenkt ihre besondere Aufmerksamkeit der Farbe und ihrem symbolischen Gehalt. Sie verwendet ältere Objektive aus den 50er Jahren, die eigentlich nicht für die Farbfotografie optimiert sind. Damit erreicht sie eine besondere Charakteristik, die von geringen Kontrasten und einer ganz eigenen Farbstimmung geprägt ist. Lisa Santarelli wurde 1977 in Ravenna geboren. Sie studierte Kunst in Ravenna, Bologna und Berlin. 2007 beendete sie ihr Studium der Fotografie an der FAS-Akademie, wo sie bei Robert Lyons und Wiebke Loeper studierte. Nach verschiedenen Gruppenausstellungen in Italien und in Berlin hatte sie 2000 ihre erste Einzelausstellung in Bologna. 2004 war sie beim ICEBERG Festival in Bologna Gewinnerin des ersten Preises GUERCINO in der Kategorie Kunstfotografie. * A due passi da me _ Piangipane ist vom 21. April 2007 – 13. Mai 2007 in der Ausstellung der Abschlussklasse Wiebke Loeper im Projektraum 1 des Kunstraum Kreuzberg / Bethanien zu sehen. Der Salon ist ein Ort, an dem zeitgenössische Fotokunst präsentiert wird. Hier kommen Künstler und Kuratoren, Publizisten und Sammler zusammen. Die aktuellen Termine erfahren Sie jeweils mit Ihrer persönlichen Einladung.