Gregor Stephan konzentriert sich in seinen Stadt- und Landschaftsaufnahmen auf die Analyse von Modernitäten durch Licht- und Raumtexturen. Das Ergebnis sind Kompositionen bzw. Stimmungen, die den Betrachter zwischen "Neuem" und "Altem", "Schönem" und "Unheimlichem", "Sichtbarem" und "Unsichtbarem" verharren lassen und bisweilen befremden. In seinen Arbeiten aus der Serie Beautiful field interessiert sich Gregor Stephan vornehmlich für die Besonderheiten des Lichts und dessen Auswirkung auf die moderne, urbane und ländliche Landschaft. Auf dem Berliner Flughafen Schönefeld (Beautiful field) fokussiert er das Zusammenspiel von natürlichem und künstlichem Licht, das - vor allem nachts - nicht nur eine Veränderung auf den Ort, sondern auch auf unsere Vorstellung von Schönheit sowie unsere Befindlichkeit erzeugt. Technisch gelingt ihm das durch Langzeitbelichtung bei Nacht, wodurch eine fast unheimliche Schärfe sowie Lichtspuren von den im 10-15 Minutentakt startenden und landenden Flugzeugen entstehen. Gregor Stephan verzichtet auf die typischen Metaphern und Piktogramme eines Flughafens; dennoch gelingt es ihm, Mobilität und das Vergehen von Zeit auf dem Foto festzuhalten. Der Betrachter wird in den visualisierten Rhythmus von Start und Landung eingebunden und mit dem redundanten Moment modernen Lebens konfrontiert. In den Studien Five seconds cityscape führt Gregor Stephan seine Experimente mit der Überbelichtung und dessen Auswirkung auf Standorte unter neuen Vorraussetzungen weiter: Anstelle der Dunkelheit der Nacht wählt er die Helligkeit des Tages, statt weite Landschaften, die bebaute Stadt. Die Stadt als Schauplatz sowie helles Tageslicht ermöglichen dem Fotografen, unter Verwendung digitaler Technologien unterschiedliche Momente modernen Lebens auf ein und derselben Aufnahme sichtbar zu machen, d.h. Momente der Hektik, der Getriebenheit einerseits und Augenblicke der Einkehr andererseits. Menschen beleben nun seine urbanen Szenerien, die kompositorisch miteinander bzw. mit ihrem architektonischen Umfeld in Beziehung treten. Es sind Menschen, die sich Zeit lassen müssen, die nicht mit dem redundanten, auf Schnelligkeit und Funktionalität reduzierten modernen Leben konform gehen. Szenen menschlichen Innehaltens lösen sich in den fünf Sekunden lang belichteten, analogen Aufnahmen mitsamt der Konturen der baulichen Großstadtkulisse im Nichts auf, der Künstler geht an die technischen Grenzen der analogen Fotografie. Auf dem Negativ bleiben diese Augenblicke des Verharrens, gleichermaßen wie im richtigen Leben, wo sie im hektischen Einerlei nicht wahrgenommen werden, im Dunkeln. Gregor Stephan macht für uns diese beschaulichen Momente inmitten des urbanen Tohuwabohus wieder sichtbar, indem er die überbelichteten, fast schwarzen Negative hoch auflösend scannt. Hinter einem puderig anmutenden, farbigen Nebelschleier kommen auf diese Weise vage Strukturen von Gebäuden und Individuen zum Vorschein. Die sichtbar werdenden Menschen fallen in ihrer Andersartigkeit, ihrer Nonkonformität auf, und zwar insofern, als dass sie sich nicht von der Geschwindigkeit der modernen, durchtechnisierten Großstadt mitreißen lassen. Es sind Individuen, die sich langsam bewegen, die an Straßenecken und -kreuzungen verweilen, nachdenklich in die Ferne blicken oder sich aufhalten lassen, weil sie bedächtig, krank oder alt sind. Die eilenden, der Hektik des urbanen Lebens angepassten Verkehrsmitglieder, wie Autos, Busse oder rasende Fahrrad- und Motorradfahrer, von denen bisweilen lediglich ein Lichtschweif sichtbar bleibt, verschwimmen hingegen auf den gescannten Momentaufnahmen; sie scheinen sich in der alltäglichen Betriebsamkeit, im Smog der Großstadt geradezu aufzulösen. Somit zeigt er Bilder von Akteuren, die auf dem Foto nicht zu sehen sind, sich aber in das Antlitz der Stadt eingeschrieben haben. Gregor Stephan gelingt es, die Polaritäten - Geschwindigkeit und Langsamkeit - auf einer einzigen Fotografie festzuhalten und in ein kompositorisches und stimmungsvolles Ganzes zu übertragen. Vita des Künstlers 2006-2007 Vorlesungen und Vorträge am Goldsmiths College, Universität London, Kurator Gruppenausstellung, Galerie Hunchentoot Berlin 2005-2006 Master in "Photography and Urban Cultures", Goldsmiths College, Universität London 2003-2005 Fotografie am Schiffbauerdamm (FAS) Berlin 1994-1998 Diplom-Kaufmann, Universität Mannheim und IEP Paris 1966 geboren in Beckum, lebt und arbeitet in Berlin und London Stipendien 2003 Alfred-Döblin-Stipendium, Akademie der Künste Berlin Erasmus-Stipendium, Deutsch-Französisches Kulturwerk Ausstellungen (Auswahl) "Closing Down", Finalist Descubriementos, Foto Espana, Madrid/Spanien (2003), "Eldorado", FAS Galerie, Berlin (2004), "Fasienda", Galerie Edison Höfe, Berlin (2005), Summer Show, FAS Galerie Berlin (2005), "No right turn", Village Underground, London /GB (2006), Eröffnungsausstellung Galerie Hunchentoot, Berlin (2007), "Beautiful Field", Freshfields Bruckhaus Deringer, London/GB (2007), "Beautiful field" und "Five seconds cityscapes", Galerie Hunchentoot, Berlin (2007)