Im Lichte der Nacht Magie entsteht, wenn scheinbar Bekanntes in völlig neuem, noch ungesehenem Licht erscheint. Genau das gelingt Giovanni Castell in seinen "Nightscapes". Er wandert des nächtens mit seiner Kamera und einem Blitzgerät bepackt durch die Parks der Großstädte, auf der Suche nach dem Numinosen in der Natur. Ihn interessieren nicht die spektakulären Ansichten der Natur, auch wenn manche seiner Bilder eine spektakuläre Wirkung haben; ihn interessiert das Beiläufige, das Alltägliche, das fast Langweilige und das Profane, welches er in neuem Licht einfängt und darstellt. Wir bilden uns ein, die Dinge die uns umgeben, zu kennen. Giovanni Castell's Bilder belehren uns Mal wieder eines Besseren; man kann sich auf keine Wahrnehmung verlassen. Sein Blick auf die Pflanzenwelt, welche uns umgibt holt ihren verborgenen Zauber, ihre geheimnisvolle Schönheit an das Licht. Im Licht der Nacht ist die Welt verschlossen und allen Blicken verborgen. Sie ruht und zeigt sich nicht. Die Dunkelheit herrscht über alles Sein. Doch durch das künstliche Licht, mit welchem der Fotograf nachts fast brutal in die schlafende Natur herein blitzt, zeigt sie unfreiwillig ihre zarte, ihre verletzliche Seite. Es entsteht ein Tanz zwischen Schönheit und Grauen. Und genau durch diesen Tanz sehen wir die Dinge anders, sehen sie neu. Baumkronen lösen sich in wolkenartige Gebilde auf, die am schwarz des Himmels treiben. Büsche schäumen wie Wellen über den Waldgrund. Eine Gruppe von Löwenmäulchen huscht sich wie eine Gruppe junger Elfen über einen Hügel und Nelkenköpfe schießen wie Spermien aus dem Dunkel in den Vordergrund. Schlanke Birkenstämme rinnen wie Tropfenspuren unterschiedlicher Dicke senkrecht über das Bild eine bedrohliche Wand grüner Blätter steht dämonisch im Dämmerschein. Die Ansichten stimulieren die Fantasie, die Gegenstände scheinen ein Eigenleben zu führen. Unsere Wahrnehmung wird losgelöst vom vertrauten Blick auf das Altbekannte, angenehm irritiert und zu neuen visuellen Einfühlungen stimuliert. Hinterher kann man immer sagen, dass man es gewusst hätte, aber die Kunst besteht darin, die Idee zu haben. So einfach kann Magie sein.