Nach unserer Zeitrechnung
Nicole Degenhardt » Markus Shimizu » Claudia Weber »
Exhibition: 1 Dec 2007 – 5 Jan 2008
STEDEFREUND
Straßburger Str. 6-8 (im Hof)
10405 Berlin
+49 (0)30-76214239
kontakt@stedefreund-berlin.de
www.stedefreund-berlin.de
Wed-Sat 14-19
Wir schreiben das Jahr 2007 nach unserer Zeitrechnung. Um sich im Hier und Jetzt angesichts zurück liegender sowie zukünftiger Ereignisse zu recht zu finden, dient unsere Zeitrechnung seit je her als unverzichtbare Orientierungshilfe. Dem heute weltweit gebräuchlichen Gregorianischen Kalender verdanken wir unsere Jahreseinteilung und auch die Jahreszählung vor und nach Christi Geburt hat sich über Jahrhunderte tradiert: Übereinkünfte, die einst in Relation zu religiöser Überzeugung und astronomischem Wissensstand entstanden und bis heute weltweiten gesellschaftlichen Entwicklungen angepasst wurden. Der absurde Umstand, dass nach heutiger Kenntnis Christus tatsächlich 7 Jahre v. Chr. zur Welt kam, enttarnt unsere scheinbar objektive Zeitrechnung als ein relatives, kontextbezogenes und kulturell bedingtes Konstrukt. "Nach unserer Zeitrechnung" - ein vieldeutiger Titel, der bei Stedefreund in jedem künstlerischen Erzeugnis seine eigene Auslegung erfährt: Ausgangspunkt für die Installation von Claudia Weber ist eine Fotografie von zwei Tonskulpturen aus der Tang-Dynastie, die im Original im Metropolitan Museum in New York ausgestellt sind. Die museale Kombination aus jahrtausendalter Keramik präsentiert auf modernem Plexiglas wird von Weber in Reaktion auf den Stedefreund-Ausstellungsraum aus Plattenbaubeton übertragen. Die Künstlerin re-arrangiert Fragmente aus chinesischer Kultur, musealer Inszenierung und minimalistischer Betonbauweise und unterzieht sie jenseits von linearer Zeitrechnung und historischer Zugehörigkeit einer neuen Interpretation. In Nicole Degenhardts filmischem Arrangement begegnet uns ein alter Mann in Nahaufnahme, der schnitzend auf einem Holzstoß sitzt. Seine der Pflanzenveredelung dienenden Handgriffe sind ohne Sinn und Zweck, bearbeitet er doch zwei von Stamm und Leben getrennte Holzstöcke. Ein zweiter Film zeigt ein weibliches Pendant bei der gleichen Tätigkeit. Über den Vergleich zwischen Holzveredelung und Schnitzkunst hinaus eröffnen sich Referenzen zu Cranachs Melancholie bis hin zu Freudschen Symboliken. Die Filme vervollständigen sich zu einem Beziehungsgeflecht aus Männlichkeit und Weiblichkeit, Natur und Künstlichkeit - Metamorphosen, fernab jedes Orts- und Zeitbezugs. Der Zugang zu Markus Shimizus Installation erschließt sich wörtlich wie übertragen in gebeugter Haltung. Aus der Dunkelheit heraus gleiten Bilder aus Licht und Farbe durch den Raum. Rotierende Prismen geben das gesamte Farbspektrum des Regenbogens wieder. Mit Textfragmenten und Bibelzitaten weckt Shimizu die Erinnerung an religiöse Vorstellungen von Anfangs- und Endzeit und an die Verheißung des verloren geglaubten Paradieses. Gäste: 15. Dezember, ab 18h: nüanS, PROP Magazin / Discoteca Flaming Star, Performance