Die Bilder von Petra Karadimas sind Auseinandersetzungen mit Schnittstellen unterschiedlicher Art. Karadimas' Interesse gilt den Bedingungen des Bildes, ebenso wie dessen Bedeutungen. Sie bevorzugt Bildinhalte mit Verkehrungen und Ambivalenzen. In ihren neuen Arbeiten beschäftigt sich Petra Karadimas vor allem mit Flächen und der Idee der Spiegelung. Für gewöhnlich erschließt Fotografie ein Fenster zur Wirklichkeit, einen dreidimensionalen Raum, der den Betrachter vergessen macht, dass das Bild rein Oberfläche ist. Karadimas' Bilder hingegen sind so konstruiert, dass der Bildträger praktisch nicht mehr übersehen werden kann. Dieser Umstand ist zum einen der geringfügigen Tiefe des repräsentierten Raums und zum anderen der Art und Weise wie die Flächigkeit der dargestellten Objekte betont wird geschuldet. Die matt-glänzende Aluminiumfassade des alten Centrum Kaufhauses (jetzt Kaufhof) am Ostbahnhof in Berlin nimmt beispielsweise fast die ganze Fläche des Bildes ein und verschmelzt auf diese Weise regelrecht mit dem Bildträger. Es entsteht ein Spiel zwischen Präsentation und Repräsentation. Das kleine Fenster, das die Umgebungsnatur spiegelt, macht die Situation noch ambivalenter. Fast möchte man glauben, der Bildträger selbst spiegele seine Umgebung wider – eine Vermutung, die sich natürlich nicht einlöst. Auch formal setzt sich die inhaltliche Ambivalenz in Karadimas' Bildern fort. Wirken die Arbeiten anfangs noch wie ganz normale Fotografien, offenbart sich bei näherer Betrachtung heraus eine digitale Bearbeitung. Die fotografische Körnung, der Index, ersetzt eine Retusche, eine Art digitaler Pinselstrich, die eine Verschiebung in der Wahrnehmung provoziert. Auf einmal erscheinen Gewohntes und Familiäres ganz anders. Wo jeder Pinselstrich in der Malerei ein Beweis seiner subjektiven Setzung ist, so sorgt er hier dafür, dass die sichtbare Welt ihre feste Kontur verliert. Espace Surplus ist ein Raum für zeitgenössische künstlerische Positionen. Jede Ausstellung präsentiert zwei Künstler, die aus der solistischen Situation des Ateliers herausgelöst, sich in einem Duett wiederfinden. Es ist die Gegenüberstellung und Auseinandersetzung zweier unterschiedlicher Positionen im Dialog, die bestimmte Aspekte im Werk der Künstler erst erfahrbar machen. Die dreizehnte Ausstellung im Espace Surplus, TREIZE, zeigt aktuelle Arbeiten von Matthew Burbidge und Petra Karadimas. Beiden Positionen ist die Faszination für Oberflächen gemeinsam. In seinen anarchistisch und zugleich konstruktivistischen Spiegeleien und ihren architektonischen Verwachsungen ignoriert Burbidge ganz bewusst die glatte Ästhetik der reflektierenden Fläche. Seine Skulpturen bekommen dadurch etwas betont Zweckentfremdetes, erinnern aber zugleich auch an die Heteronomie der DDR-Ästhetik. Diese wiederum wird von Karadimas in ihren computerbearbeiteten Fotoarbeiten ästhetisch überhöht und verliert sich dadurch im Zauber der Oberfläche – ohne noch inhaltliche Bezüge herstellen zu wollen. Karadimas' Bilder sind alle im ehemaligen Ostteil von Berlin entstanden. Ähnlich wie Burbidge geht es Karadimas aber nicht allein um den Aspekt dekorativer Repräsentation, sondern vor allem um dessen Brechung. Beide Positionen haben etwas von einer Bricolage, einer Art Provisorium von zufällig Vorgefundenem, dessen ursprüngliche Bedeutung sich durch die Zusammenstellung verschiebt. Auch hier herrscht eine Art der Materialknappheit und am Ende steht man vor dem gleichen Trümmerfeld: der Utopie und Tragik bzw. Ironie ihrer Unrealisierbarkeit.