Der Zyklus Millenium School besteht aus 44 Fotografien, die in der Grundschule Nummer 3 in Wabrzezno aufgenommen wurden. Der Künstler wuchs dort auf: eine gewöhnliche Kleinstadt Nordpolens, die sich durch nichts Besonderes auszeichnet. Zieliński hat diesem Ort schon seinen bekanntesten Zyklus gewidmet "Hometown", welcher u.a. auf der 26. Biennale in São Paulo (2004) und auf der Biennale in Prag (2003) gezeigt wurde. Nach einigen Jahren kehrt er erneut zu diesem Platz zurück. Die fotografische Serie Millenium School entstand während der Sommerferien, während den Ferien. Für den Künstler war es eine Art Ausflug in seine Kindheit. "Durch die ehemaligen Klassenräume zu laufen, war wie im eigenen Gedächtnis umherzuirren", so der Künstler. Die Bilder der Vergangenheit kehrten mit der Intensität Prousts Madeleine zurück. Der Künstler erlebte den ehemals so bekannten Geschmack aufs Neue. An Teile der Einrichtung konnte er sich erinnern, andere waren für ihn völlig neu - überstrichene Wände, neue Gerätschaften. Auf diese Art besuchte er einen Ort, in dem die Zeit stehen geblieben war, in dem sich Vergangenheit und Zukunft kreuzen. Diese Wanderung betrifft auf eine Weise jeden von uns. Der mit den eigenen Erinnerungen angefüllte Künstler sieht die märchenhaft bunten Innenräume, er nimmt sie als schöne, harmonische Kompositionen wahr. Die durch die Ferien verwaisten Klassenräume erinnern an Illustrationen für Kindergeschichten. "Meine ehemalige Klassenlehrerin musste weinen, als sie die Fotografien sah" schrieb Zieliński in einer Sms aus Wabrzezno. Hier versteckt sich ein Geheimnis. Die Erinnerung verursacht, dass wir die Vergangenheit als schön wahrnehmen. Die Erinnerung ist wählerisch, sie verfälscht oft die Einschätzung der Wirklichkeit. Der Zyklus Millennium School ist nach Entstehung von Hometown vor vier Jahren sein erster großer Zyklus. Beide entstanden aus demselben Bedürfnis, doch ihre Wirkung unterscheidet sich auf überraschende Weise. In Hometown nimmt er sich des jetzigen, verschlafenen Städtchens an, er akzeptiert dessen Hässlichkeit und Farblosigkeit, traurig für dessen Bewohner und melancholisch für ihn. Es ist eine Art Heilung seines Schamgefühls oder Kleinstadtraumas, bis zu dem Moment einer Akzeptanz. Doch zu seiner Grundschule des Zyklus Millennium School kehrt er schon mit einer gewissen Fröhlichkeit und kindlichem Enthusiasmus zurück. Deshalb haben diese Bilder auch einen ganz anderen Charakter, sie sind voller lebendiger Farben und intensiver Gefühle. Neben dieser ersten persönlichen Seite berührt Millennium School historische Aspekte. Krzysztof Zieliński besuchte diese Schule ab 1981, nur einige Monate vor Ausbruch des Kriegszustands; er beendete sie 1989. Als er sein Zeugnis abholte, fanden gerade die Gespräche am "runden Tisch" statt. Die Kinder seines Jahrgangs (1974), gehören wohl zur letzten Generation, die den Kommunismus bewusst miterlebt hat. Wir sind heute der Ansicht, dass dies ungute Zeiten waren, jeder der aber diese Zeit miterlebt hat, fühlt sich diesbezüglich seltsam unwohl, da doch die eigenen Erinnerungen oftmals dieser Auffassung widersprechen. Die Schule Nr 3 in Wabrzezno entstand 1962, im Rahmen des staatlichen Programms "tausend Schulen für ein tausendjähriges Polen". Aus diesem Grund nannte man die Schulen umgangssprachlich auch "tausendjährige". Für den damaligen Standard waren diese Schulen sehr fortschrittlich, sie verfügten über Gymnastikräume, angenehme Klassenzimmer und eine moderne Einrichtung. Heute haben sie ihre Glanzzeit hinter sich. Die Gebäude sing ergraut, die technisch mangelhafte Konstruktion ist nun sichtbarer geworden. In den letzten 20 Jahren wurde sich fast nichts erneuert. Dieselben Möbel und dieselben Lehrmittel. Nur die Klassenzimmer wurden in lebhaften Farben gestrichen, als wollte man den Verlauf der Zeit und die karge Einrichtung übertünchen. Dieser Affekt Dinge zu verschönern, ist nachvollziehbar, aber gefallen uns dadurch die Räume besser? *Millennium School (Szkola tysiaclecia) - Bezeichnung der Schulen die in Polen zwischen 1958 bis zum Ende der 60er errichtet wurden. Ihr Bauplan wurde vom I Staatssekretär KC PZRPR Wladyslaw Gomulka diktiert, als Antwort auf die kirchliche Tausendjahrsfeier Christentums in Polen (1966). Dieser Plan hatte propagandistischen Charakter und sollte als ein Geschenk der Partei an das Volk angesehen werden - obwohl in der Nachkriegszeit der Bau von Schulen unerlässlich war. Die Gebäude entstanden nach einigen Einheitsplänen, die gewöhnlich aus drei oder zwei Plattenbau-Kontingenten bestehen. Die Pläne beinhalteten auch eine militärische Funktion: viele Schulen besaßen Schutzkeller oder waren auf die Nutzung als Lazarett angelegt. The Millennium School enthält 44 Fotos: 18 Fotos 70x105 cm und 26 Fotos 64x70 cm. In der Ausstellung wird eine Auswahl von 18 Arbeiten gezeigt. Lebenslauf Krzysztof Zieliński wurde 1974 in Wabrzezno, Nordpolen geboren. Er zog mit 16 Jahren aus dieser Kleinstadt weg und kehrte für längere Zeit nicht zurück. Die Rückkehr zu seiner Familienstadt und die Konfrontation mit seiner Vergangenheit und seiner Identität wurde zu einem der dominierenden Schwerpunkte seiner bisherigen künstlerischen Arbeit. Die Zeit seiner Abwesenheit von Wabrze_no fällt auf die 90er Jahre, eine Zeit radikaler gesellschaftlicher und ökonomischer Änderungen. In den Jahren 2000-2003 entstand die Serie Hometown. Zwei anschließende Projekte, Random Pleasures (2002-2005) und Seens (2006-2007) konzentrieren sich eher auf die innere Erfahrung des Künstlers, der dokumentierende Aspekt verliert hier gegenüber den persönlichen Erfahrungen des Künstlers an Bedeutung. Millennium School (2007) verbindet beide Elemente: den objektiven Dokumentalismus von Hometown mit der intensiven Emotionalität von Random Pleasures.