Annette Kisling photographs unintelligible things with utmost lucidity. In her current b/w series, "les vitrines", these are the shop windows of the early 21st century, embedded in the bourgeois facades of Paris’s inner boroughs-commodity stages arranged for optimal visibility. In Annette Kisling’s work, however, their purpose is lost. Here the gaze expands to capture both the interior and the exterior, that which lies behind the windowpane and that which it mirrors: cars, trees, sky, building facades, street alignments. Everything stands side-by-side and simultaneously permeates everything else. This is necessarily so, yet the principle underlying this order is difficult to name. Annette Kisling calls this principle "layering", and by this she refers also to an intertwining of history and the present. Here, the historical building fronts are also simply a facade. Paris, unmistakably the capital of the 19th Century, serves as a scenic backdrop to the present. All of this gathers in the panes of the window displays, peculiar things themselves in that they evade the very tactile contact they surrender to the gaze. Kisling stages the shop windows as "interfaces", emphasizing the divisionary just as much as the conjunctive: the mirrored exterior world impedes the view upon the spread of opulent goods, and instead offers the greater abundance of the entire city. Yet this abundance, a mere reflection suspended in the two-dimensionality of the windowpane, remains immaterial, as intangible as the rugs, paintings and furniture secured behind the glass. In this way, Kisling’s "vitrines" also reflect upon photography itself, which rearranges things into a new order, allowing us to see more and apprehend less. Henrik Ghanaat Annette Kisling, born 1965 in Kassel, lives in Berlin since 1993. She studied at the art schools in Kassel, Offenbach and Hamburg. Kisling took part in long term residencies and scholarship-programs in Zurich, Rotterdam, Paris and Marfa (Texas) as well as next year in Venice. Past exhibitions: "Wege zur Selbstverständlichkeit – Set 4" (Photomuseum Winterthur 2007), "die stadt von morgen" (Akademie der Künste, Berlin 2007) and "do you know what" (Chinati Foundation, Marfa, Texas 2007). Her most recent solo publication "Quartier" has been released in 2007 at The Green Box, Berlin. "les vitrines" is Annette Kislings forth solo exhibition at Galerie Kamm, Berlin.

Annette Kisling fotografiert mit äußerster Klarheit unklare Dinge. In ihrer aktuellen s/w-Serie "les vitrines" sind es Schaufenster des beginnenden 21. Jahrhunderts, eingelassen in die bourgoisen Fassaden der Pariser Innenbezirke. Bühnen der Waren, der Sichtbarkeit wegen arrangiert, aber bei Annette Kisling verliert sich ihr Zweck, der Blick weitet sich und erfasst das Innen und das Außen, das hinter der Scheibe Liegende und das von ihr Gespiegelte: Autos, Bäume, den Himmel, Häuserfronten, Straßenfluchten. Alles steht nebeneinander und durchdringt einander auch, notwendig so und nicht anders, doch das Prinzip dieser Ordnung lässt sich schwer nennen. Annette Kisling nennt es "Schichtung", und meint damit auch ein Ineinander von Geschichte und Gegenwart. Die historischen Fassaden sind hier auch Fassade, Paris, unverkennbar die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts, dient der Gegenwart zur Kulisse. Versammelt ist dies alles in den Scheiben der Schaufenster, merkwürdige Dinge auch sie, weil sie der Berührung entziehen, was sie dem Blick preisgeben. Kisling inszeniert sie als "Schnittstellen", wie sie sagt, und betont das Trennende wie das Verbindende: Die gespiegelte Außenwelt erschwert den Blick auf die ausgebreiteten Reichtümer und bietet selbst doch die größeren, die Fülle der ganzen Stadt. Als bloß gespiegelte, in die Zweidimensionalität der Scheibe gesperrte aber bleibt diese Fülle immateriell, ungreifbar wie die hinter den Scheiben gesicherten Teppiche, Gemälde, Möbel. So wird in Kislings "vitrines" auch die Fotografie selbst reflektiert, die neue Ordnung, in die sie die Dinge rückt und die uns mehr sehen und weniger begreifen lässt. Henrik Ghanaat Annette Kisling, geboren 1965 in Kassel, lebt seit 1993 in Berlin. Sie studierte an den Kunsthochschulen in Kassel, Offenbach und Hamburg. Längere Arbeitsaufenthalte und Stipendien in Zürich, Rotterdam, Paris und Marfa (Texas), im kommenden Jahr in Venedig. Ausstellungen zuletzt: "Wege zur Selbstverständlichkeit - Set 4" (Fotomuseum Winterthur 2007), "die stadt von morgen" (Akademie der Künste, Berlin 2007) und "do you know what" (Chinati Foundation, Marfa, Texas 2007). Ihre neueste Einzelpublikation "Quartier" erschien 2007 bei The Green Box, Berlin. "les vitrines" ist Annette Kislings vierte Einzelausstellung in der Galerie Kamm, Berlin.