Christian Gieraths »
Urban Stills
Exhibition: 19 Jun – 29 Aug 2008
Baukunst Galerie
Theodor-Heuss-Ring 7
50668 Köln
+49 (0)221-7713335
art@baukunst-galerie.de
www.baukunst-galerie.com
Tue-Fri 10-18 . Sat 11-18 and by appointment
Die Baukunst Galerie eröffnet am Mittwoch, dem 18. Juni 2008 von 19.00 bis 21.00 Uhr mit "Urban Stills" eine große Einzelausstellung mit Arbeiten des deutschen Fotografen Christian Gieraths. Dr. Stefan Gronert, Kurator am Kunstmuseum Bonn, wird eine Einführung in sein künstlerisches Oeuvre geben. Da es sich um die erste Ausstellung des Künstlers in der Galerie handelt, wird durch eine pointierte Auswahl von C-Prints und Pigmentdrucken ein Querschnitt seines jungen, jedoch bereits sehr umfassenden fotografischen Werkes zu sehen sein. Der 1976 in Köln geborene Christian Gieraths studierte nach Kunstgeschichte, Philosophie und Kulturwissenschaften von 1999 bis 2005 an der Freien Kunstakademie in Münster in der Klasse von Ulrich Erben Bildende Kunst. Parallel dazu begann er 2001 ein Studium an der Kunstakademie Düsseldorf in der Fotoklasse von Thomas Ruff. Nach Abschluss seines Studiums und einem Meisterschülerjahr bei Daniele Buetti wurde er 2006 mit dem 1. Förderpreis für Bildende Kunst der Gesellschaft zur Förderung der Westfälischen Kulturarbeit ausgezeichnet. Das Westfälische Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster nahm diese Auszeichnung zum Anlass, ihm von 2006 bis 2007 eine Einzelausstellung mit dem Titel "Cityscapes" zu widmen, zu der ein umfangreicher Katalog erschienen ist. Darüber hinaus waren seine Fotografien 2006 zusammen mit Werken von Künstlern wie Andreas Gursky, Thomas Ruff, Boris Becker und Jürgen Klauke in der Wanderausstellung "Fotokunst aus 60 Jahren" im Museum der Stadt Ratingen, den Flottmann-Hallen Herne und der Galerie Münsterland in Emsdetten zu sehen. Bis zum 10. August dieses Jahres wird seine aktuelle Serie "pastime paradise" im RWE-Turm in Dortmund präsentiert. Christian Gieraths bereist Städte in aller Welt und benennt nach diesen seine fotografischen Serien. Dabei interessieren ihn insbesondere jene Orte, in denen er Spuren des Umbruchs findet, sei dieser historischer, politischer oder ästhetischer Natur: Der Kur- und Badeort Sotschi, zu dem er im Jahr 2000 für seine erste Serie reiste, war bereits im 19. Jahrhundert ein Heilbad im Zarenreich, wurde unter der Sowjetherrschaft zu einer ideologisch aufgeladenen Idealwelt umgebaut und im Zuge der Globalisierung mit einer an amerikanischen Standards orientierten Infrastruktur versehen. Ähnliche Veränderungen reizten ihn an dem 2002 bereisten Bukarest, in dem der kommunistische Diktator Nicolae Ceau_escu ganze Altstadtviertel abreissen ließ, um sich mit dem "Palast der Republik" ein Denkmal zu setzen. Solche Transformationsprozesse lassen sich auch in Havanna (2004) mit seiner verfallenen kolonialen Pracht und den Monumenten der kubanischen Revolution festmachen, ebenso wie in Kapstadt (2004), in dem die ökonomischen Verbesserungen nach dem Ende der Apartheid trotz aller Sanierungsprogramme immer noch auf sich warten lassen. In Tokio (2005) ist es das Aufeinandertreffen von Tradition und Modernität, das ihn interessiert und im Westen der USA die Schnelllebigkeit der Grundstücksspekulationen und Unterhaltungsindustrie in Hollywood und Las Vegas, die der Künstler zum Anlass seiner aktuellsten Serie "pastime paradise" (2006) nimmt. Den touristischen Voyeurismus lässt Christian Gieraths ins Leere laufen, ebenso wie inhaltliche, soziologisch-ethnologische Interessen. Obgleich seine Bilder dokumentarische Tendenzen zeigen, sind die bereisten Orte für ihn vor allem ein Vehikel, um Brüche und Tendenzen der Verfremdung und Austauschbarkeit aufzuspüren. Das Einzelbild ist nicht nur Teil einer Serie, sondern auch autonom zu betrachten. Die Titel "Hauseingang", "Rote Stühle", "Schwimmbad" oder "Sprungturm" verweisen auf die vermeintlich austauschbaren Innen- und Außenräume, durch die der Künstler mittels Aussparung und Formalisierung einen indirekten Zugang zu den bereisten Orten findet. Diese Destillate seines subjektiven Zugriffs auf eine Stadt ("Urban Still") erproben das Zusammenspiel von Wahrnehmung, Blick und Idee. Sie kommen unspektakulär und still daher und beeindrucken durch fast typographisch komponierte Flächen mit minimalen Farb- und Strukturverschiebungen. In Abgrenzung zu der Becher-Schülerin Candida Höfer will Christian Gieraths in seinen Bildern Emotion und Expressivität nicht ausschließen, sondern in Form von Atmosphäre erzeugen. Ihre expressive Farbigkeit und Lichtgebung verdanken die analog erstellten Fotografien seinem langjährigen Experimentieren mit Filtern, Filmen und Fotopapier. Der Künstler arbeitet nur mit vorhandenem Licht - in Innenräumen dauert es bis zu einer Minute bis er die Blende schließt. Befreit von der Standardisierung der Wahrnehmung durch trivialisierte Stereotype öffnet er Räume des Sehens, löscht das Narrative zugunsten einer kontrollierten Konstruktion der Tonwerte von Licht und Farbe. Dabei erhalten seine Bilder manchmal eine cineastische Qualität, die an Filme von David Lynch erinnert. Es ist jedoch vor allem die Sensibilität und Sinnlichkeit eines malerischen Auges, die Christian Gieraths in einzigartiger Weise mit fotografischer Präzision und Oberflächenbehandlung zu verbinden weiß.